Fackellauf in San Francisco verkürzt

SID
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© Getty

San Francisco - Der olympischen Fackellauf in San Francisco ist in letzter Minute verkürzt worden. Kurz vor Beginn der Eröffnungsfeier gaben die Veranstalter bekannt, dass die Strecke statt zehn nur noch knapp fünf Kilometer lang sei.

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Tausende Demonstranten und Schaulustige haben sich entlang der Laufroute an der Hafenpromenade der Westküstenstadt eingefunden. Nach einer kurzen Begrüßungszeremonie sollten 76 Läufer die Fackel von Polizisten begleitet durch die Stadt tragen. Vier Fackelträger sagten aus Angst vor Tumulten ihre Teilnahme kurzfristig ab.

Die Polizei verstärkte ihre Sicherheitsmaßnahmen. Die Beamten drohten mit Festnahmen, falls Zuschauer und Demonstranten die aufgestellten Absperrungen entlang der Laufstrecke übertreten würden. Nach den Ausschreitungen in London und Paris haben die Organisatoren die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. San Francisco ist die sechste Station der Fackel auf ihrer internationalen Reise nach Peking und die einzige auf nordamerikanischem Boden.

Wenige Stunden vor Beginn des olympischen Fackellaufs in San Francisco sind viele hundert Menschen friedlich protestierend über die Golden-Gate-Brücke gezogen. Mönche aus Tibet und Birma waren unter den Demonstranten, die gegen die Tibet-Politik Chinas und Menschenrechtsverletzungen in Birma protestierten.

Fackellauf soll weitergehen

Entlang der Fackelroute an der Hafenpromenade der Westküstenstadt kam es vor dem Start bereits zu Zusammenstößen zwischen chinesischen und Pro-tibetischen Demonstranten. Die Polizei habe sich zwischen die gegnerischen Gruppen stellen müssen, berichtete der Radiosender KCBS.

Trotz aller Proteste: Die olympische Flamme soll weiter brennen: Auch nach den anhaltenden Protesten gegen die Tibet-Politik Chinas am Rande des olympischen Fackellaufs werde die Flamme ihre Reise um die Welt fortsetzen, verlautete aus der Führungsebene des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) während eines Besuchs in Peking.

Dort traf IOC-Präsident Jacques Rogge mit Regierungschef Wen Jiabao zusammen. Nach den teilweise gewalttätigen Ausschreitungen in London und Paris demonstrierten in San Francisco mehrere tausend Menschen friedlich gegen die chinesische Politik in Tibet. In der kalifornischen Metropole rüstete sich die Polizei unterdessen auf die nächste Etappe des Fackellaufs am Mittwoch.

"Flamme wird nie gelöscht"

Die IOC-Mitglieder sprachen sich trotz der Ausschreitungen in London und Paris und möglicher weiterer Zwischenfälle gegen einen vorzeitigen Abbruch des Fackellaufs aus. "Es ist davon auszugehen, dass der olympische Fackellauf weitergeht", sagte IOC-Vizepräsident Thomas Bach in Peking.

Zuletzt war die olympische Flamme in Paris dreimal gelöscht worden, der Lauf wurde dann vorzeitig abgebrochen. Rein rechtlich kann das IOC den Fackellauf gar nicht abbrechen. Das Pekinger Organisationskomitee BOCOG ist als Veranstalter dafür verantwortlich und hat Verträge mit den 19 Städten außerhalb Chinas abgeschlossen

Bei seinem Treffen mit dem chinesischen Regierungschef äußerte Rogge die Hoffnung auf eine ungestörte Fortsetzung des Fackellaufs. "Ich glaube, die chinesische Regierung hat die Fähigkeit, angemessen mit der Situation umzugehen", sagte er. Auch Wen hoffte auf eine Beruhigung der Situation. "Wir glauben, die Flamme gehört allen Menschen, und sie wird nie gelöscht werden."

Prominente Unterstützung für Tibet

Bei einer friedlichen Kundgebung rief Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu die Staatschefs in aller Welt zum Boykott der Olympia-Eröffnungsfeier aus Solidarität mit dem tibetischen Volk auf. Hollywoodstar Richard Gere las aus einem Brief des Dalai Lama vor, in dem das religiöse Oberhaupt der Tibeter auf die Notwendigkeit gewaltloser Aktionen verweist.

Tibetische Mönche nutzten einen von Peking organisierten Besuch ausländischer Journalisten zu einer neuen Protestaktion. Im buddhistischen Kloster Labrang in der Provinz Gansu hatten zunächst 15 bis 20 Mönche die ausländischen Journalisten umringt, wie der Pekinger Korrespondent der Zeitung "Die Welt", Johnny Erling, der als einziger Deutscher an der Reise teilnahm, mitteilte. Die Mönche hätten weinend für kulturelle Freiheit in Tibet, gegen Unterdrückung und für den Dalai Lama demonstriert.

Später sei die Gruppe auf bis zu 50 Mönche angewachsen. Nach einem emotionalen, etwa zehnminütigen Gespräch seien sie von älteren Mönchen abgedrängt worden. Die Sicherheitskräfte hätten nicht eingegriffen und lediglich versucht, die Korrespondenten zum Weitergehen zu bewegen.

Internationale Appelle an China 

Schon den ersten Besuch ausländischer Journalisten in Lhasa vor etwa zwei Wochen hatten Mönche zu ähnlichen Protesten genutzt. Nach offizieller Darstellung Pekings sollten die Mönche dafür nicht bestraft werden.

Mit deutlichen Worten kritisierte Australiens Ministerpräsident Kevin Rudd "erhebliche Menschenrechtsprobleme" in Tibet. In einer auf Chinesisch gehaltenen Rede vor Studenten der renommierten Peking Universität rief er gleichzeitig alle Parteien in Tibet dazu auf, auf Gewalt zu verzichten und eine Lösung im Dialog zu finden. Frankreich appellierte derweil an China, den Dialog mit den Vertretern des Dalai Lama wieder aufzunehmen.

Der Südtiroler Bergsteiger Reinhold Messner begrüßte die Proteste gegen den Fackellauf. Der "Bild"-Zeitung" sagte Messner, ein Freund des Dalai Lama, zur Begründung: "Weil es um das kulturelle Erbe Tibets geht, das nicht verloren gehen darf. Jeder muss wissen, dass auf dem Dach der Welt ein Verbrechen passiert, das wir nicht verantworten können! Proteste dieser Art kann ich nur loben."

Premierminister Brown nicht zur Eröffnungsfeier

Die Aktionen richten sich gegen die Tibet-Politik Pekings. In dem Hochland waren vor rund vier Wochen Proteste gegen die chinesische Fremdherrschaft gewaltsam niedergeschlagen worden. Nach den blutigen Unruhen in der tibetischen Hauptstadt Lhasa wurden nach Darstellung von Gouverneur Qiangba Puncog bereits 935 Menschen festgenommen.

Der britische Premierminister Gordon Brown wird nicht an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking teilnehmen. Das gab eine Sprecherin Browns bekannt. Allerdings plane der Premierminister bislang noch, zur Abschlusszeremonie der Spiele nach Peking zu reisen. Browns Sprecherin bestand darauf, dass der Premierminister nicht die Absicht hatte, an der Olympiade-Eröffnung teilzunehmen. Browns Nichtteilnahme bedeute daher keineswegs, dass Großbritannien diese Zeremonie boykottiert, sagte sie.

Die Opposition in London begrüßte die Erklärung. Der Premierminister scheine "nun das Richtige zu tun, wenngleich er sich dazu recht spät und nur unter dem Druck der öffentlichen Meinung entschließt", sagte der Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei, Nick Clegg.

Brown selbst hatte Ende März bei einer Pressekonferenz mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy in London erklärt, für ihn käme ein Boykott der Spiele nicht in Frage und Großbritannien werde in jedem Fall an der Eröffnungszeremonie teilnehmen. Die Olympischen Spiele in China finden vom 8. bis 24. August statt.