IOC-Präsident Rogge spricht von "Krise"

SID

Peking - IOC-Präsident Jacques Rogge hat in Peking erstmals "eine Krise" eingestanden. Die gegenwärtige Lage sei zweifellos eine Krise, erklärte der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nach der Auftaktsitzung der IOC-Exekutive.

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Allerdings fügte Rogge hinzu: "Aber wir haben in der Geschichte der Olympischen Spiele schon größere Stürme bewältigt". Nach den Unruhen in Tibet und den Protestaktionen beim Olympischen Fackellauf sei die derzeitige Situation "eine Herausforderung", die man mit anderen Herausforderungen in der olympischen Vergangenheit wie dem Massaker bei den Spielen 1972 in München oder den zahlreichen Boykott-Spielen allerdings nicht vergleichen könne.

Der Ober-Olympier versicherte, die Fortsetzung des Olympischen Fackellaufs stehe nicht zur Diskussion. Mit dem Pekinger Organisationskomitee BOCOG werden Maßnahmen diskutiert, die Weltreise der Flamme zu verbessern.

Über mögliche Änderungen der internationalen Route für künftige Spiele werde erst bei der Manöverkritik des Pekinger Spektakels Ende September, Anfang Oktober entschieden. "In der Hitze des Augenblicks werden wir keine Entscheidung treffen", betonte Rogge.

Meinungsfreiheit für Athleten

China sei bei der Vergabe der Spiele an Peking am 13. Juli 2001 im Ausrichtervertrag keinerlei vertragliche Verpflichtungen in der Menschenrechtsfrage eingegangen. "Für mich sind das moralische Verpflichtungen, und wir bitten China, dieses Versprechen einzuhalten", sagte Rogge und bestätigte, in seinen Gesprächen mit Chinas Premierminister Wen Jiabao Pressefreiheit eingefordert zu haben. "Da gibt es sicher noch Raum für Verbesserungen", meinte Rogge.

In der viel diskutierten Frage der Meinungsfreiheit der Athleten stellte er klar, dass die Athleten bei den Olympischen Spielen "überall, auch in der offiziellen Pressekonferenz frei ihre Meinung äußern dürfen". Nur Propaganda sei nicht erlaubt.

"Wir werden Richtlinien an alle Nationalen Olympischen Komitees rausgeben und werden die einzelnen Fälle mit sehr viel gesundem Menschenverstand beurteilen", sagte der 65-Jährige, der seine Alltagsarbeit als IOC-Chef "nicht immer angenehm" findet.

"Als IOC-Präsident ist man eher ein Krisenmanager. Die Olympischen Spiele bestehen nicht nur aus den Wettkämpfen, sondern müssen sich auch in einer gewaltfreien Umgebung abspielen", sagte Rogge, der sich so "viel wie möglich im Olympischen Dorf" aufhalten wolle. Dies sei für ihn ein himmlischer Ort.