Gerdemann zieht Tirreno-Adriatico vor

SID
Radsport, Fothen
© DPA

Berlin/Kreuzlingen - Am 9. März beim Start von Paris-Nizza in Amilly könnte der Weg zu einer eigenen Rennserie nach Formel-1-Vorbild im Radsport geebnet werden.

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Das ist die Befürchtung des Weltverbands-Präsidenten Pat McQuaid, der im Streit mit dem Paris-Nizza-Veranstalter ASO immer heftiger droht und die Teams dringlich vor einer Teilnahme warnt.

"Die ASO will eine eigene Liga. Falls die Teams folgen und starten, geben sie der ASO eine moralische Rechtfertigung, diesen Weg weiter zu verfolgen", erklärte der Ire. Trotz der Sanktions-Gefahr - Fahrer-Sperren bis sechs Monaten, Verlust des Versicherungs-Schutzes und Ausschluss von Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen - haben sich die Profiteams für einen Start beim 66. Paris-Nizza entschieden.

Zabel aus der Schusslinie 

Der Dachverband UCI bezeichnet das Traditionsrennen unter Federführung des französischen Verbandes als "illegal" und ist offensichtlich bereit, Strafen auszusprechen: "Wenn wir nichts machen, können wir gleich die Tür unseres Büros in Aigle schließen."

Ein Teil der deutschen Topfahrer - die Rundfahrt-Hoffnungen Linus Gerdemann (High Road) und Markus Fothen (Gerolsteiner) sowie Erik Zabel (Milram) - ist aus der Schusslinie und startet beim vier Tage später beginnenden Alternativ-Rennen Tirreno-Adriatico in Italien.

Strafen fürs Radfahren? Unmöglich! 

"Bei mir war ohnehin ein Start in Italien geplant", sagte Tour-de-France-Etappengewinner Gerdemann, der bedauert, "dass wir Fahrer bei dieser Auseinandersetzung zwischen UCI und ASO in Mitleidenschaft" gezogen würden. "Fürs Radfahren Strafen zu kassieren - das ist doch unmöglich", meinte Gerdemann, der zwischen den Streithähnen noch auf Diplomatie hofft.

Beim Team Gerolsteiner werden bei der Aufstellung für Paris-Nizza keine Rücksichten auf den Streit und mögliche Auswirkungen genommen. Neben dem Vorjahres-Zweiten Davide Rebellin stehen mit Bernhard Kohl und Stefan Schumacher auch namhafte Tour-Kandidaten am Start in Amilly. Auch Jens Voigt von CSC startet.

Hoffen auf Goodwill beider Parteien 

Bei Teilnahme werde es laut McQuaid zuerst den veranstaltenden französischen Verband treffen, der für Weltmeisterschaften gesperrt werden könnte, dann die Mannschaften und Fahrer.

Der UCI-Boss fühlt sich bestärkt durch einen 18:7-Beschluss der Europäischen Radsport-Vereinigung UEC, der sich dagegen wendet, dass sich die ASO mit Hilfe des UEC-Mitglieds FFC aus Frankreich außerhalb der UCI-Regularien und -Autorität stellt.

Brian Cookson, der Präsident des britischen Verbandes, hofft trotz der verhärteten Fronten noch auf "Goodwill beider Parteien, sonst erlebt unser Sport den Zusammenbruch."

Letzte Chance des Radsports 

Brian Nygaard, der Sprecher von Voigts CSC-Team, appellierte auch an Kooperations- Bereitschaft zwischen ASO und UCI: "Das ist die letzte Möglichkeit, unseren Sport zu retten." McQuaid erhofft noch Hilfe von der Politik und bat den französischen Radsport-Präsidenten Jean Petallier, umgehend eine Zusammenkunft mit dem französischen Sportminister zu arrangieren.

Aber die ASO, die der UCI unter anderem inkonsequentes Vorgehen im Anti-Doping-Kampf vorwirft, bleibt hart. Nach der "Katastrophen-Tour" 2007 mit insgesamt drei Dopingfällen und dem Ausschluss des Spitzenreiters Michael Rasmussen und des Skandal-Teams Astana hat sich die Verlagsgruppe ASO entscheiden, mit dem Dachverband UCI zu brechen.

Die UCI ist die Regierung 

Als Veranstalter des wichtigsten Radsport-Ereignisses Tour de France und weiterer Rennen ist deren Machtposition offensichtlich kaum zu erschüttern. Als ersten Affront dieses Jahres wertete die UCI die Ausladung der als ProTour-Team lizenzierten Astana-Formation von sämtlichen ASO-Rennen 2008.

Trotzdem pochte McQuaid abermals auf Autorität. "Die Regierung des Radsports ist die UCI, sie ist anerkannt von Sportministerien und Internationalem Olympischen Komitee. Wir erstellen die Regeln", sagte er der Tageszeitung "Die Welt".