Mischa, Stan und der Riese

Von Florian Regelmann
John Isner
© Getty

München - 2008 hat die Voraussetzungen zu einem Sportjahr der Superlative zu werden. Fußball-Europameisterschaft, Olympische Spiele und die realistische Chance, dass die beiden besten Sportler der Welt den Grand Slam gewinnen: Tiger Woods im Golf und Roger Federer im Tennis.

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Den ersten Schritt dazu will der Schweizer bei den heute beginnenden Australian Open machen. Federer, zweimaliger Titelverteidiger und seit 14 Matches in der Rod Laver Arena ungeschlagen, geht - natürlich - wieder als haushoher Favorit an den Start.

Eigentlich geht es nur um die Frage, wer die Ehre haben wird, gegen Federer im Finale zu stehen. Rafael Nadal und Novak Djokovic sind laut Weltrangliste die härtesten Rivalen. Vor bekannten Größen wie Nikolai Dawidenko, Andy Roddick, David Ferrer und Ivan Ljubicic oder Auslaufmodellen wie Lleyton Hewitt braucht sich Federer nicht zu fürchten.

Alle haben bewiesen, dass sie ihn nicht schlagen können. Immer wieder. Aber wer sind die Namen, vor denen Federer insgeheim großen Respekt hat. SPOX.com hat sich in die Gedanken des 26-Jährigen versetzt und zeigt auf, auf welche teilweise noch relativ unbekannte Namen man Down Under achten sollte.

Michail Juschni

Der Russe ist wie Murray mit einem Turniersieg in Chennai hervorragend in die Saison gekommen. Das Final-Ergebnis dort lautete: Juschni - Nadal 6:0, 6:1. Nun muss man wissen, dass der Spanier körperlich nach einem Marathon-Halbfinale nicht auf der Höhe war, aber dennoch: Es bleibt beeindruckend. Außerdem ist Juschni dafür bekannt, viele Top-Spieler, inklusive Federer, im Training gern mal so richtig vom Platz zu schießen. Lange konnte Juschni dieses Potential nicht vollständig auch bei Turnieren zeigen, aber wenn er es zeigt, dann wird es für jeden extrem gefährlich. Keiner spielt so druckvoll, so schnell und gerade von der Grundlinie wie "Mischa" Juschni. Markenzeichen: eine geniale Rückhand, mit der er aus jeder Siuation punkten kann.

Wie viel Angst muss Federer haben?

Mittelgroße. Juschnis Bilanz gegen Federer ist vor allem deshalb so schlecht, weil der Schweizer einen unglaublichen Respekt vor dem Russen hat. Gerade weil er ihn aus vielen Trainingsmatches kennt und weiß, wie viel er drauf hat. Federer hat viele seiner besten Matches überhaupt gegen Juschni absolviert. Pech für den Moskauer, aber auch irgendwie ein Kompliment.

Stanislas "Stan" Wawrinka

Es ist ungerecht. Wie kann ein kleines Land wie die Schweiz jetzt neben dem Besten aller Zeiten auch noch einen Spieler mit Top-10-Potenzial hervorbringen? Wawrinka könnte 2008 den ganz großen Durchbruch schaffen. Die Top-30 hat er mit der Final-Teilnahme in Doha schon geknackt, aber damit soll noch lange nicht Schluss sein. Wawrinka zeichnen ein brutales Power-Tennis, extrem hartes Service, und überhaupt keine Angst vor großen Namen aus. Je besser der Gegner, desto besser wird der 22-Jährige. Übersteht er die ersten Runden, liegt in Melbourne auch ein Halbfinale oder gar ein Finale im Bereich des Möglichen. Wobei ein Schweiz-Schweiz-Finale dann doch des Guten zu viel wäre.

Wie viel Angst muss Federer haben?

Eher geringe. Federer kennt Wawrinka natürlich bestens. Die Blöße, gegen seinen jungen Landsmann zu verlieren, wird er sich nicht geben. Aber abschlachten wird er ihn auch nicht. Dafür ist Wawrinka erstens zu gut und zweitens braucht ihn Federer noch, um in den nächsten Jahren den Davis Cup zu gewinnen. Ein Ziel, das Federer noch in Angriff nehmen will.

Die French-Connection

Frankreichs Zukunft ist dank einer überragenden Nachwuchsarbeit glänzend. Die größte Hoffnung ist Richard Gasquet. Der 21-Jährige hat alles, was ein Star braucht. Er ist drahtig, beweglich, schnell und schlägt mit großer Dynamik von der Grundlinie. Daneben setzen die Franzosen auf den extrem extrovertierten und lässigen Gael Monfils. Beim ebenfalls 21-Jährigen (Vater aus Guadeloupe, Mutter aus Martinique) weiß man nie, was kommt: ein geniales Match oder doch eines zum Vergessen. Ein Spaß-Tennisspieler vom Feinsten. Des weiteren kommen auch der wuchtige Jo-Wilfried Tsonga und der allerseits unterschätzte Paul-Henri Mathieu für Top-Resultate in Frage.

Wie viel Angst muss Federer haben?

Noch keine große. Gasquet ist am weitesten bei den Franzosen, aber allen fehen momentan noch die Konstanz und die mentale Stärke, bei einem Grand-Slam-Turnier Federer in Bedrängnis zu bringen.

John Isner

Wenn die amerikanischen Tennis-Fans sich auf die Zukunft freuen, dann nicht wegen Roddick und James Blake, sondern wegen John Isner. So heißt der US-Youngster, der in den nächsten Jahren, vielleicht auch schon viel früher, für Furore sorgen wird. Der 22-jährige Isner spielte von 2003 bis 2007 College-Tennis an der Universität von Georgia, bevor er mit einem Paukenschlag seine Profi-Karriere startete. Beim Turnier in Washington erreichte er als damalige Nummer 416 der Welt das Finale. Allein aufgrund seines Serves. Wenn der 2,05-Meter-Riese aufschlägt, dann schlägt es auf der anderen Seite ein, und zwar gewaltig. Eines seiner Opfer hieß auch Tommy Haas. Der Deutsche forderte angesichts totaler Ohnmacht gegen solche Kanonen-Aufschläge scherzhaft eine Größenbeschränkung für Tennisspieler. 

Wie viel Angst muss Federer haben?

Steigende. Isner zwang Federer bei den US Open bereits über vier Sätze. Wenn er seine Grundlinienschläge, seine Fitness verbessern kann und taktisch dazu lernt...John Isner, den muss man sich merken. Den sollte man vor allem spielen sehen.

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