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NBA; Portland Trail Blazers vor erneutem Verpassen der Playoffs: Will Damian Lillard jetzt einen Trade?

Von Robert Arndt
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Die Portland Trail Blazers werden zum zweiten Mal in Serie die Playoffs verpassen. Was bedeutet das für die Blazers und die Zukunft von Superstar Damian Lillard?

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Als Damian Lillard am Sonntagabend Ortszeit zu seiner Pressekonferenz kam, hatte dies etwas von einer Beerdigung. Der Aufbauspieler beantwortete zwar alle Fragen professionell, sprach dabei aber sehr leise und wirkte gar abwesend. Auch ihm war klar, dass der Playoff-Zug nach den beiden Heimniederlagen gegen Boston und die Clippers so gut wie abgefahren ist. "Wir kommen dem Punkt nahe, an dem man sich fragen muss, ob es sinnvoll ist, weiter jeden Sieg zu jagen", meinte Lillard, der sich in den vergangenen Wochen noch kämpferisch gegeben hatte und jegliche Tanking-Debatten vom Tisch wischte.

Die Realität hat Portland aber eingeholt. Es hagelte drei Heimpleiten in Serie, seit dem All-Star Break wurden nur Houston, Orlando und Detroit geschlagen. Der Rückstand auf Platz zehn beträgt bereits 4 Spiele (bei noch elf Partien), daran ändert auch die All-NBA-Saison des Point Guards nichts. 32,2 Punkte und 7,2 Assists legt Lillard mit 32 Jahren auf, es ist die mit Abstand effizienteste Saison seiner Karriere und doch wird sich der Blick recht schnell gen Draft Lottery richten.

"Wir sind nicht verrückt. Wir sehen, dass die anderen Teams ein Polster haben und wir einige Spiele am Stück verloren haben. Wir sind fast raus, außer wir gewinnen jetzt jedes Spiel", erklärte Lillard. Er selbst glaubt auch nicht mehr daran.

Wie geht es nun weiter bei den Blazers, die seit dem Vorstoß in die Conference Finals 2019 nur noch drei Playoff-Spiele gewonnen haben und nun Gefahr laufen, zum zweiten Mal in Serie die Postseason komplett zu verpassen?

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Wird Damian Lillard einen Trade fordern?

Der erste Reflex ist natürlich, die Loyalität von Lillard zu hinterfragen. Mit 32 Jahren dürfte er auf dem Zenit seiner Karriere sein, ohne dabei mehr als die eine angesprochene Conference-Finals-Teilnahme vorweisen zu können. Nach einer verletzungsgeplagten Vorsaison erinnerte Lillard aber noch einmal die NBA-Welt, dass er weiterhin zu einem der besten Guards der Liga zähle.

Aus freien Stücken wird Lillard Portland wohl nicht verlassen, wenn man seinen Aussagen aus dem Podcast mit J.J. Redick vor einigen Tagen Glauben schenken darf. In gut fünf Minuten kritisierte der Guard die "Ringz Culture" scharf (klickt euch rein, diese fünf Minuten lohnen sich). Dabei betonte Lillard ein weiteres Mal, dass sein persönliches Glück nicht mit einem möglichen tiefen Playoff-Run verbunden ist. "Ich habe ein echtes Leben. Ich gehe nach Hause zu meinen Kindern. (...) Mein Leben hängt nicht von der NBA ab, weil ich abseits des Feldes echte Freunde habe."

Seit Jahren wird nun schon über einen Lillard-Abgang spekuliert, stattdessen verlängerte der siebenfache All-Star stets seinen Vertrag. So auch im vergangenen Sommer, Lillards Deal läuft nun bis 2027, inklusive Spieler-Option über 63,2 Millionen Dollar in der letzten Saison.

Auch kommende Saison sind es bereits 45,6 Millionen, was einen Deal ohnehin kompliziert machen würde. Es scheint so, als ob Lillard Portland nur verlassen würde, wie es einst Kevin Garnett tat, der von den Minnesota Timberwolves beinahe zu seinem eigenen (sportlichen) Glück gedrängt werden musste.

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Portland Trail Blazers: Was ist schiefgelaufen?

Noch vor der Saison waren die Blazers vorsichtig optimistisch, auch wenn Las Vegas die Over/Under-Line bei lediglich 39,5 Siegen setzte. Der Start war vielversprechend (10-4), auch wenn Portland einiges an "Shooting Luck" hatte. Neuzugang Jerami Grant entpuppte sich als echte Verstärkung, dazu funktionierte die Second Unit mit Justise Winslow als Small-Ball-Center.

Es folgten jedoch (mal wieder) zahlreiche Verletzungen. Winslow machte nur 29 Partien, Forward Nassir Little fiel aus und so hatten die Blazers zeitweise nur zwei Spieler, die größer als 2,03 Meter waren. Dass Gary Payton II ebenfalls nie wirklich fit war, kam auch noch hinzu, sodass Head Coach Chauncey Billups gezwungen war, den Youngstern Minuten zu geben. Billups versuchte es mit 22 unterschiedlichen Starting Lineups, echte Kontinuität war nicht gegeben.

Auch die Veränderungen zur Trade Deadline fruchteten nicht. Josh Hart fiel mit seiner Allergie gegen Dreierversuche bei den Fans in Ungnade, in New York spielt er dagegen groß auf. Für ihn und Payton II kamen Cam Reddish, Matisse Thybulle sowie Kevin Knox, Erstere zeigten zumindest Ansätze, waren aber noch nicht die erhofften Verstärkungen.

Es lässt sich festhalten, dass GM Joe Cronin es nicht geschafft hat, eine stabile Defense um Lillard zu etablieren. Portland zählt erneut zu den schlechtesten Defensiv-Teams der Liga und ist offensiv weiterhin zu abhängig von den Heldentaten des Superstars. Die Blazers sind seit Jahren eine gesprungene Schallplatte, egal wie sehr der Kader in den vergangenen Saisons durchgemischt wurde.

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Welche Entscheidungen stehen für die Blazers an?

Und es ist wahrscheinlich, dass die Blazers in dieser Offseason gewaltig an ihrem Kader schrauben werden. Der Fokus liegt dabei auf Grant, dessen Vertrag ausläuft. Der Forward bestätigte im Januar, dass die Blazers ihm eine vorzeitige Verlängerung um vier Jahre und gut 112 Millionen Dollar anboten, er diese aber ablehnte.

Das muss aber nichts heißen. "Ich werde vermutlich nach der Saison mit dem Management sprechen", sagte Grant zu The Athletic. "Mir gefällt es hier", meinte der Flügelspieler, der über die Saison 20 Punkte im Schnitt bei Splits von 47/40/81 auflegte. Der 29-Jährige dürfte zu den gefragtesten Free Agents auf dem Markt zählen, auch weil er eine wertvolle Position ausfüllt.

Mit Reddish und Thybulle haben die Blazers zudem zwei werdende Restricted Free Agents im Kader. Die beiden Neuzugänge waren zwar keine Game Changer, füllten ihre Rollen aber solide aus und sollten zu einem verschmerzbaren Tarif gehalten werden. Tiefe auf dem Flügel kann dieses Team immer gebrauchen, dazu ist Thybulle als Guard-Verteidiger durchaus wertvoll. Weitere Free Agents sind Winslow sowie Ryan Arcidiacono und Drew Eubanks, der in Abwesenheit von Nurkic einige Spiele als Center startete. Wirklich empfehlen konnte sich der 25-Jährige aber nicht.

Portland Trail Blazers: So sieht das Cap Sheet aus

Spieler (Alter)22/2323/2424/2525/2626/27
Damian Lillard (32)42,545,648,858,563,2*
Anfernee Simons (23)22,324,125,927,7UFA
Jerami Grant (28)20,9UFA---
Jusuf Nurkic (28)15,616,918,119,4UFA
Shaedon Sharpe (19)6,06,36,6**8,4**
Cam Reddish (23)5,9RFA---
Matisse Thybulle (25)4,4RFA---
Nassir Little (22)4,26,36,87,37,8
Justise Winslow (26)4,1UFA
Kevin Knox (23)3,03,0**---
Keon Johnson (20)2,72,84,5**--
Ryan Arcidiacono (28)1,8UFA---
Drew Eubanks (25)1,8UFA---
Trendon Watford (22)1,61,8***2,0**--
Jabari Walker (20)1,01,7***2,0***--

* Spieler-Option, ** Team-Option, *** nicht garantiert, alle Angaben in Mio. Dollar

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Portland Trail Blazers: Wo muss nachgebessert werden?

Die Center-Position ist aber der Schlüssel für Portland. Nurkic war über Jahre eine Konstante und ist ein guter Freund von Lillard, aber der Bosnier kommt einfach nicht ohne Verletzungen durch eine Saison. Nurk ist ein guter Offensiv-Center, doch das ist nicht das, was Portland benötigt. Wer einen Backcourt aus Lillard und Simons aufstellt, braucht einen guten Defensiv-Big dahinter, Nurkic ist und war das nie.

Noch im Sommer verlängerte das "Bosnian Beast" um vier Jahre und 70 Millionen Dollar, seinen Wert hat Nurkic mit einer mittelmäßigen Saison aber nicht steigern können. Echte Alternativen gibt es aber auf dem Free-Agency-Markt nicht, dazu hat Portland keinen Capspace zur Verfügung - es sei denn, mit Grant wird keine Einigung erzielt. Für den Fall wäre Jakob Pöltl (Raptors) wohl der interessanteste Name.

Was den Blazers zudem fehlt, ist Länge im Backcourt. Lillard spielte nur zum Beginn seiner Karriere mit einem Defense-First-Guard (Wesley Matthews), ein solcher Spieler-Typ dürfte wieder gesucht werden. Auf Bäumen wachsen diese aber auch nicht, sinnvolle Optionen wären zum Beispiel Donte DiVincenzo (Warriors), Dillon Brooks (Grizzlies) oder Josh Richardson (Pelicans), der aber seit seinen Miami-Tagen eher von seinem guten Ruf lebt.

Dazu besteht natürlich die Chance, einen hohen Draft-Pick zu erhalten. Derzeit halten die Blazers die sechstbesten Wahrscheinlichkeiten auf den ersten Pick und das Recht, Victor Wembanyama zu ziehen (hier geht es zum SPOX-Mock-Draft). Und sagen wir es mal so: Portland wäre kein schlechter Fit für den 19-Jährigen.

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Portland Trail Blazers: Wie warm ist der Stuhl von Chaucey Billups?

Die Bilanz des früheren Finals-MVPs spricht nicht für ihn, gleichzeitig arbeitete der Trainer-Neuling unter schwierigen Bedingungen. Der Kader wurde komplett auf links gedreht, immer wieder gab es Verletzungen, dazu kommt die weiter etwas unklare Besitzer-Situation nach dem Tod von Paul Allen vor knapp fünf Jahren.

Auf der anderen Seite hat es Billups nicht geschafft, eine zumindest nicht verheerende Defense zu orchestrieren, obwohl er genau mit diesem Ziel angetreten war. "Ich mache mir um meinen Job keine Sorgen", beteuerte der ehemalige All-Star vor einigen Tagen. "Wir haben uns ausgetauscht, aber über die Inhalte möchte ich nichts sagen."

Auch die Spieler stärkten dem Coach den Rücken. "Ich würde für ihn durch eine Wand laufen", sagte Grant und auch Lillard sprach seine Unterstützung aus: "Er ist offensichtlich kompetent, aber wir müssen auch schauen, mit wem er hier arbeitet. Wir haben ein junges Team und das ist für keinen Coach einfach, vor allem nicht, wenn es seine erste Anstellung ist."

Schlussendlich klingt hier bereits von allen Seiten durch, dass der Kader nicht die nötige Qualität hatte. Es ist die alte Leier mit Portland, auch wenn sich die ungewollte Niederlagenserie als Glücksfall herausstellen könnte. Im Vorjahr reichte ein "famoser" Tank Job letztlich nur für den siebten Pick, diesmal stehen die Chancen trotz bereits 31 Siegen (vier mehr als im Vorjahr) besser. Womöglich ist es die letzte Möglichkeit in der Ära Lillard, dem Guard einen (kommenden) Star an seine Seite zu stellen.

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