Netflix Curse: Schon in der Formel 1 gab es einen Fluch
"Break Point" nannten die Produzenten ihren Netflix-Dokumentarfilm, der die besten jungen Tennisspieler*innen der Welt begleite und die Sportart populärer machen soll - wie bei "Drive to survive" in der Formel 1. Und schon damals sprach man von einem Fluch! Denn die Formel-1-Fahrer, die interviewt wurden, lieferten im nächsten Rennen nicht ab.
Die beiden Top-Fahrer Lewis Hamilton und Max Verstappen entschieden sich sogar dagegen, mit Netflix zu sprechen - allerdings wohl vor allem, weil die Produzenten künstlich einen Streit zwischen den beiden erzeugen wollten.
Paula Badosa (14. Januar - verletzt)
Alles begann mit der Spanierin Paula Badosa - die Nummer 16 der Welt zog sich kurz vor dem Turnier eine Muskelzerrung am rechten Oberschenkel zu und musste passen.
Ajla Tomljanovic (14. Januar - verletzt)
Noch am selben Tag erwischte es die Australo-Kroatin Ajla Tomljanovic, die Nummer 35 der WTA verletzte sich am Knie und schrieb danach: "Können wir mit dem Netflix Curse aufhören lol ... das ist nur Sport."
Nick Kyrgios (16. Januar - verletzt)
Auch der berühmte australische Tennisspieler musste seine Teilnahme am Heim-Grand-Slam absagen, weil er sich am Knie verletzte.
Die 21 der ATP sagte im Vorfeld, dass die Netflix-Serie die "letzte Hoffnung" für den Sport sei. "Ich habe es nicht nur für mich getan. Ich glaube, dass das enorm wichtig ist, um Tennis auf die Sport-Landkarte zu setzen."
Netflix schaltet sich ein
Das führte bereits zu diesem Zeitpunkt so weit, dass sie Netflix selbst genötigt sah, einzugreifen.
Auf ihrer britischen Seite schrieben sie: "Der #NetflixCurse existiert nicht". Und da waren noch einige Protagonisten im Turnier - jedoch nicht mehr lange.
Matteo Berrettini (1. Runde)
Der Italiener wurde in Runde 1 in fünf Sätzen zum ersten "Netflix-Opfer" von Andy Murray - der Schotte hatte mit Konkurrent Amazon selbst eine Tennis-Doku gedreht, über sich selbst: "Resurfacing" (dt. etwa: Comeback bzw. Wiederauftauchen), erschien 2019.
Berrettini hatte anfangs noch Zweifel geäußert, an der Doku teilzunehmen: "Ich dachte tief in mir, dass es besser wäre, sie nicht um mich herum zu haben, weil es das Risiko gäbe, dass ich weinen will oder einfach mit keinem reden wollen würde." Hätte er diesen Gedanken doch bloß mal in die Tat umgesetzt - vielleicht wäre er dann weiter gekommen.
Thanasi Kokkinakis (2. Runde)
Auch in Runde 2 traf Murray, ehemalige Nummer 1, auf einen Netflix-Protagonisten: Thanasi Kokkinakis steht nur auf Rang 159, lieferte sich in 5.40 Stunden aber ein Marathon-Match mit dem Schotten.
Murray hatte zuvor über "Break Point" gesagt: "Es war interessant zu sehen, wie viele Leute den Spielern bei den Turnieren bzw. Grand Slams folgten. Voller Zugang. Also ein krasser Unterschied zu meiner Dokumentation vor ein paar Jahren, Wimbledon und die US Open hätten da nicht weniger entgegenkommend sein können." War es für Murray also vielleicht sogar eine Art Motivation, die Netflix-Protagonisten aus dem Turnier zu kegeln?
Ons Jabeur (2. Runde)
Selbst die Nummer 2 der Welt verlor in drei Sätzen gegen die Tschechin Marketa Vondrousova.
Casper Ruud (2. Runde)
Der Paris-Finalist, Nummer 3 der Welt, hatte sich große Hoffnung gemacht - doch "leider" an der Netflix-Doku teilgenommen. So kam das Ende schon in Runde 2 gegen Jenson Brooksby nach vier Sätzen.
Taylor Fritz (2. Runde)
In der zweiten Runde war auch schon für die Nummer 9 der ATP, Taylor Fritz (USA), Schluss. Alexei Popyrin warf ihn in fünf Sätzen aus dem Turnier.
"Ich wusste gar nicht, dass das eine große Sache ist", sagte Fritz humorvoll nach der Niederlage über den Netflix-Fluch. "Ich habe natürlich bemerkt, dass diese Leute aus dem Turnier geflogen sind - aber ich hatte nicht gedacht, dass ich meine erste Runde verliere, weil ich in einer Netflix-Show bin."
Maria Sakkari (3. Runde)
Für die an Nummer 6 gesetzte Griechin war in der Runde der letzten 32 Endstation - nach drei Sätzen gegen die Chinesin Zhu Lin. Ab hier wurde der "Fluch" langsam gruselig ...
Stefanos Tsitsipas flüchtet gerade noch rechtzeitig
Nicht an der Netflix-Doku teilgenommen hatte der Grieche Stefanos Tsitsipas, der sich am Sonntag in fünf Sätzen gegen Jannik Sinner durchsetzte, um ins Viertelfinale vorzustoßen - so weit brachte es keiner der zehn Netflix-Kandidaten. Fazit: Gute Entscheidung, Stefanos!
Felix Auger-Aliassime (Achtelfinale)
Und am frühen Sonntag traf es dann auch Nummer 10 von 10 der Netflix-Protagonisten aus "Break Point"! Felix Auger-Aliassime wurde in fünf Sätzen vom Tschechen Jiri Lehecka im Achtelfinale rausgehauen - keiner der Netflix-Leute schaffte es also auch nur ins Viertelfinale - und das, obwohl die Doku sich den kommenden Topspieler*innen der Tenniswelt widmete, darunter zahlreiche, die jetzt schon in den Top 10 stehen.
Zuvor hatte er noch über den Netflix-Fluch gescherzt: "Ich glaube nicht daran. Mir war bewusst, dass diese Spieler verloren haben, aber das hat mich nicht beschäftigt, bis es mir meine Freunden zeigte. Ich fand es lustig, aber ich glaube da nicht an eine Verbindung. Vielleicht haben ja die, die verloren haben, das Gefühl, dass das damit zusammenhängt."
Auger-Aliassime war dann selbst das Lachen vergangen.
Fazit: Der Netflix Curse
Am 22. Januar und dem Ende der Achtelfinal-Runde stand also fest: Alle zehn Protagonisten der erst am 13. Januar erschienenen Netflix-Doku "Break Point" sind raus. Nicht einmal bis ins Viertelfinale schaffte es einer der Spieler*innen - obwohl die Doku doch mit den vielversprechendsten jungen Akteuren der Tour gedreht wurde.