Karim Benzemas Wechsel nach Saudi-Arabien wirft Real Madrids Pläne für den Transfer-Sommer über den Haufen

Von Mark Doyle / Patrik Eisenacher
Carlo Ancelotti
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Präsident Florentino Pérez von Real Madrid hatte sich nicht darauf eingestellt, einen neuen Star für den Sturm verpflichten zu müssen. Nun hat Karim Benzema jedoch seinen Abgang von den Königlichen verkündet, weshalb plötzlich Chaos in Madrid herrscht.

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Als Real Madrid am Sonntag den Abgang von Karim Benzema bekanntgab, war das zwar nicht allzu überraschend - aber sich erstmals seit 2009 ein Real ohne den Franzosen vorstellen zu müssen, war trotzdem eine ungewohnte und schwere Aufgabe.

Der französische Stürmer hat ein Angebot von Al-Ittihad angenommen und dort einen Dreijahresvertrag unterschrieben. Der aktuelle Ballon-d'Or-Gewinner wird im Sommer also zu seinem Ex-Teamkollegen Cristiano Ronaldo nach Saudi-Arabien wechseln. Doch dort wird er zu seinem Rivalen: Al-Ittihad und Ronaldoss Al-Nassr kämpften in dieser Saison um den Meistertitel, Ronaldo zog den Kürzeren.

Benzema hat mit seinem Abschied die Sommer-Transferpläne der Blancos über den Haufen geworfen. Denn Präsident Florentino Pérez und Trainer Carlo Ancelotti waren davon ausgegangen, dass der Franzose bleibt - und sie nur einen Spieler verpflichten müssen, der Benzema vertreten kann, falls der sich verletzt oder gegen kleinere Gegner geschont werden soll.

Die Auswirkungen des Abgangs werden wahrscheinlich enorm sein. Vielleicht muss sich der BVB sogar einen anderen Bellingham-Abnehmer suchen, wenn Real die Priorität nun auf den Sturm legt. In ganz Europa wird der Transfer also Folgen haben. Denn nun braucht Real einen Weltklasse-Stürmer, der auf dem aktuellen Markt nicht leicht zu finden sein wird. SPOX analysiert die Lage.

Real Madrid, Carlo Ancelotti, Karim Benzema
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Real Madrid von Benzema-Abgang überrascht: "Das kam wirklich unerwartet"

Zurecht lobten die Madrilenen in ihrer offiziellen Stellungnahme Benzema als einen der besten Spieler, der jemals das berühmte weiße Trikot des Klubs getragen hat. "Karim Benzemas Karriere bei Real Madrid war ein leuchtendes Beispiel für vorbildliches Verhalten und Professionalität. Er hat die Werte unseres Vereins vertreten", hieß es am Sonntag. "Karim Benzema hat sich das Recht verdient, über seine Zukunft selbst zu entscheiden."

Trotzdem ist es nun so, dass Benzema Real in eine ziemlich unangenehme Lage gebracht hat. "Benzema hat uns heute Morgen über seine Entscheidung, den Verein zu verlassen, informiert", sagte Trainer Carlo Ancelotti am Sonntag den Reportern. "Das kam wirklich unerwartet und macht uns nicht glücklich. Aber wir müssen seine Entscheidung respektieren", sagte er.

Dennoch sind die Madrilenen sicher auch ein wenig verärgert über die Art des Abgangs. Real hatte damit gerechnet, dass Benzema seinen Vertrag um eine weitere Saison verlängern würde - sodass man genügend Zeit und Ruhe gehabt hätte, einen passenden Ersatz für den Sommer 2024 zu finden.

Kylian Mbappé
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Real Madrid: Und jetzt Kylian Mbappé?

Eigentlich wollten die Blancos schon jetzt einen anderen französischen Superstar in ihren Reihen haben. Benzemas Landsmann Kylian Mbappé sollte letztes Jahr zu Real wechseln, machte aber eine 180-Grad-Wende und entschied sich dann doch für einen Verbleib bei Paris Saint-Germain.

Alle, die es mit Real halten, waren von dieser Transfersaga am Ende nur noch keiner genervt. Doch keiner im Verein sprach öffentlich darüber. Denn der Real-Wunsch, den 24-Jährigen irgendwann nach Madrid zu locken, ist noch größer, als der Ärger über den Sommer 2022 und den geplatzten Wechsel.

Bisher sah es so aus, dass Madrid in diesem Sommer einen Spieler holen will, der Benzema bei Verletzungen vertritt. Mbappé sollte dann erst 2024 folgen. Doch der plötzliche Abgang von Benzema hat nun alles verändert.

Es wird bereits gemunkelt, dass Pérez nun versuchen könnte, Mbappé schon in diesem Sommer zu verpflichten. Denn Benzemas Tore müssen jetzt ersetzt werden, wenn man in der nächsten Saison eine Chance auf den Titel in LaLiga oder in der Champions League haben will.

Einen Ersatz zu finden, wird jedoch enorm schwer. Es ist ja nicht so, dass Real einfach die erfolgreichste Nummer neun der Welt verpflichten kann: Erling Haaland wird vielleicht irgendwann einmal im Bernabéu landen, aber sicher nicht in diesem Sommer. Manchester City versucht ohnehin, ihn mit einem neuen Vertrag langfristiger zu binden. Bei seinen aktuellen Leistungen könnte er zudem richtig teuer werden und zum Weltrekord-Transfer werden.

Deshalb ergibt es für Real mehr Sinn, sich auf Mbappé zu fokussieren. Der ist natürlich ein ganz anderer Spielertyp als Haaland, eher ein Flügelstürmer als eine Nummer neun.

Doch was, wenn es so läuft, wie es der Trainer von Atlético Madrid, Diego Simeone, in einem Interview mit Cadena COPE ansagte: "Real Madrid verpflichtet immer die Besten. Und früher oder später bekommen sie immer das, was sie wollen."

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Kylian Mbappé: "Ich werde meinen Vertrag erfüllen"

Mbappé in diesem Sommer zu verpflichten, wird jedoch äußerst kompliziert. Letztes Jahr wäre er ablösefrei gekommen. Dieses Mal müssten die Madrilenen eine Rekordsumme zahlen, da er noch ein Jahr bei PSG unter Vertrag steht.

Vorausgesetzt, die katarischen Besitzer des französischen Klubs lassen sich irgendwie dazu überreden, sich von einem Spieler zu trennen, der für ihren Klub als Marke noch wichtiger ist als je zuvor - denn Lionel Messi hat Paris bereits verlassen und Neymar steht kurz davor, ebenfalls zu gehen.

Der Wunsch des Spielers wird bei diesem Thema entscheidend sein. Wenn der 24-Jährige auf einen Wechsel drängt, könnte dieser durchaus zustandekommen. Nachdem er in der vergangenen Woche zum vierten Mal in Folge als Ligue-1-Spieler des Jahres ausgezeichnet worden war, betonte er jedoch, dass er seinen Vertrag mit PSG "einhalten" werde.

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Real-Trainer Carlo Ancelotti: "Wir werden Stürmer holen"

Ein großes Hindernis für einen Mbappé-Transfer ist das Real-Budget von Florentino Pérez. Eigentlich wollte er in diesem Sommer rund 200 Millionen Euro ausgeben - den Großteil davon für Jude Bellingham. Der BVB-Mittelfeldspieler sollte für etwa 120 Millionen Euro vom BVB kommen. Doch was ist, wenn Mbappé jetzt plötzlich zur Priorität in Madrid wird? Muss sich Borussia Dortmund dann einen anderen Abnehmer suchen, der weniger Geld als die Königlichen auf den Tisch legen kann?

Mbappé und Bellingham in einem Transfersommer zu holen, erscheint unwahrscheinlich - doch Real ist Real und hat schon einige 'galaktische' Transfers über die Bühne gebracht.

Für Benzema gibt es jedenfalls keinen Cent in die Kasse. Und mit Eden Hazard hat man einen der schlechtesten Real-Transfers aller Zeiten gerade erst verabschiedet, ohne etwas für ihn zu bekommen.

Auch Marco Asensio und Mariano verlassen den Klub. Dadurch werden zwar die Gehaltskosten ein wenig gesenkt, doch das Offensivloch im Kader wird dadurch noch größer.

In diesem Sommer braucht Real deshalb nicht nur einen Torjäger, der mindestens 30 Saisontore in allen Wettbewerben garantiert, sondern auch eine oder zwei Verstärkungen für die Kadertiefe, damit Vinícius Júnior und Rodrygo entlastet werden können.

"Wir werden Stürmer holen", schwor Ancelotti nach dem 1:1-Unentschieden gegen Bilbao am Sonntagabend. "Wir haben genügend Zeit, darüber nachzudenken, was wir tun wollen."

Doch zu lange sollten sie sich nicht Zeit lassen. Denn die Konkurrenz hat ihre Pläne schon fertig. Wenn Real zu spät kommt, könnten einige interessante Alternativen schon woanders unterschrieben haben.

Für Real beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, um einen würdigen Benzema-Nachfolger zu finden - und ihn dann auch zu verpflichten.

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Real Madrid: Könnte Harry Kane von Tottenham die Lücke füllen?

Harry Kane wäre natürlich ein hervorragender Benzema-Nachfolger. Der englische Nationalspieler ist ein kompletter Stürmer und vor dem Tor ähnlich treffsicher wie der Franzose. Passenderweise waren beide in dieser Saison an genau der gleichen Anzahl an Toren beteiligt (37).

Tottenham würde natürlich eine hohe Ablösesumme für Kane verlangen, auch wenn sein Vertrag nur noch ein Jahr läuft. Der Spurs-Vorstandsvorsitzende Daniel Levy würde seinen wertvollsten Spieler lieber an einen ausländischen Verein, als an einen Rivalen aus der Premier League verkaufen. Es heißt jedoch, dass Kane selbst lieber in England bleiben will.

Auf den ersten Blick scheint auch Napolis Victor Osimhen sehr gut ins Anforderungsprofil in Madrid zu passen. Der Nigerianer ist erst 24 Jahre alt und hat die beste Saison seiner Karriere hinter sich. Eine Reihe von europäischen Spitzenklubs hat bereits bei ihm angeklopft. Der Präsident der SSC Neapel, Aurelio De Laurentiis, würde Osimhen jedoch angeblich nicht einmal für eine Rekordsumme ziehen lassen.

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Real Madrid: Wieder an Kai Havertz vom FC Chelsea dran?

Die Blancos sollen laut dem Transfer-Experten Fabrizio Romano und der BILD außerdem am deutschen Nationalspieler Kai Havertz dran sein.

Havertz ist zwar vielseitig, technisch stark und hat 2021 bereits in einem Champions-League-Finale getroffen, doch er ist definitiv kein Tor-Garant.

Ähnlich verhält es sich mit Roberto Firmino, der beim FC Liverpool keinen neuen Vertrag erhalten hat. Der ablösefreie Brasilianer wäre jedoch nur eine Zwischenlösung.

Ancelotti weiß ganz genau, was seine Mannschaft braucht. Am Sonntagabend erklärte er: "Wir wollen einen Stürmer holen, der Tore schießt, sich in das Spiel einbringt und sich an unser Spiel anpasst." Einen solchen Stürmer zum richtigen Preis zu finden, wird jedoch alles andere als einfach sein, selbst für einen Verein mit dem Budget und dem Status von Real Madrid.

In seinen 14 Jahren bei Real hat Benzema dem Verein viel gegeben - doch am Ende bereitet er ihm mit seinem spontanen Abgang Kopfschmerzen.

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