Real Madrid: Zidane für Ancelotti, Bellingham für Kroos - was Real tun muss, um in La Liga zum FC Barcelona aufzuschließen

Von Thomas Hindle
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Die Niederlage von Real Madrid im Clásico am Sonntag gegen den FC Barcelona hat das Titelrennen praktisch entschieden. Was also müssen die Königlichen tun, um 2023/24 wieder ganz oben zu stehen?

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Franck Kessiés Siegtreffer in der 92. Minute für Barcelona am Sonntag gegen Real Madrid hat nicht nur die spanische Meisterschaft für die Blaugrana so gut wie eingetütet. Die Jubeltraube der Barça-Spieler nach dem Treffer des Mittelfeldspielers war gleichzeitig der Beginn einer neuen Zeitrechnung: Der erste Schritt zu einem neuen dominanten Team in La Liga.

Das bedeutet, dass Real Madrid einen Rückstand aufzuholen hat. Es reicht nicht mehr, die Form vergangener Tage zu erreichen: Real muss besser werden.

Es scheint, als wären die Königlichen aktuell zwischen zwei Ären gefangen: Stars wie Luka Modric, Karim Benzema und Toni Kroos bleibt nicht mehr viel Zeit in der Weltklasse. Aurélien Tchouaméni, Rodrygo und Eduardo Camavinga dagegen müssen sich erst noch entwickeln. Was die Trainerbank angeht, sieht es so aus, als hätte Carlo Ancelotti sein magisches Händchen verloren - zumindest was die nationalen Wettbewerbe angeht.

Dass es im Sommer zum Umbruch kommen wird, ist wahrscheinlich: Neue Gesichter werden den Klub verstärken, manche bekannte Namen den Verein verlassen. Aber was genau müssen die Verantwortlichen tun?

SPOX und GOAL analysieren, wie Real Madrid im nächsten Jahr wieder zu Barcelona aufschließen könnte.

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Real Madrid - Weg aus der Krise: Carlo Ancelotti entlassen

Es ist nicht fair, einen Trainer nach nur einer Saison ohne Titel zu feuern. Trainer brauchen Zeit und die Möglichkeit, ihr System zu überarbeiten.

In Madrid gibt es diese Zeit für Trainer aber nicht. Resultate stehen an erster Stelle. Deshalb fühlt es sich so an, als wäre Ancelottis Zeit im Bernabeu abgelaufen.

Der Italiener ist ein vielfach ausgezeichneter Trainer, seine Fähigkeiten stehen außer Frage. Er hat als einziger in allen fünf europäischen Top-Ligen Erfolge feiern können und schon mehrfach schwächelnde Teams förmlich wiederbelebt. Sein Charisma und sein Einfluss haben die taktischen Trends überdauert, die den europäischen Fußball mittlerweile dominieren.

Doch die Party ist vorbei. Unter Ancelotti kann Madrid in den Pokalwettbewerben immer noch ein überragendes Team sein - aber über 38 Saisonspiele gesehen reicht es einfach nicht mehr. Die Wahrheit ist: Real stagniert.

Zwar ist Madrid aktuell auf Kurs, genauso viele Punkte wie in der letzten Liga-Saison zu holen, aber Barça hat sich eben deutlich verbessert. Konstanz allein ist nicht mehr gut genug für Madrid - es braucht Spitzenklasse. Vielleicht kann ein bekanntes Gesicht dafür sorgen ...

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Real Madrid - Weg aus der Krise: Zinedine Zidane verpflichten (schon wieder)

Wirklich? Schon wieder Zizou?

Seit Zidane vor zwei Jahren das Bernabeu verlassen hat, wartet er auf einen neuen Job - und die meisten Beobachter nahmen an, dass es sich dabei um den Posten als französischer Nationaltrainer handeln würde. Nun aber hat Didier Deschamps einen neuen Vertrag unterschrieben, er wird der Équipe Tricolore wohl bis 2026 vorstehen.

Zidane ist ein geduldiger Mensch. Aber vier Jahre sind eine lange Zeit.

Schon zweimal hat er in Madrid das Ruder übernommen, als der Klub neuen Schwung brauchte. Die Real-Vereinslegende hat ein Händchen dafür, aus relativem Mittelmaß ein meisterliches Team zu formen. Dazu sollte er ein weiteres Mal Gelegenheit erhalten.

Andere Coaches sind ebenfalls zu haben. Thomas Tuchel wird zweifellos mit Real in Verbindung gebracht werden, sollte Ancelotti entlassen werden. Antonio Conte wird ebenfalls unter die Lupe genommen werden (ganz besonders dann, wenn er Geld ausgeben darf!), auch ein Mauricio Pochettino dürfte zu den Kandidaten gehören.

Aber in Madrid zählen nur Siege. Der spanische Gigant braucht jemanden, der ihn kurzfristig wieder an die Spitze bringt. Dieser jemand ist Zidane.

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Real Madrid - Weg aus der Krise: Veteranen wie Toni Kroos und Dani Carvajal gehen lassen

Real Madrid braucht keinen Wiederaufbau: Alle Bausteine für ein Spitzenteam sind bereits vorhanden. Trotzdem braucht es frisches Blut.

Die Blancos waren in der jüngeren Vergangenheit gut darin, Spieler wie Sergio Ramos und Casemiro zum richtigen Zeitpunkt gehen zu lassen, um neue Gesichter ins Team zu integrieren. Bei Kroos und Carvajal ist es ebenfalls an der Zeit.

Bei Kroos ist ein Abschied wahrscheinlicher. Er selbst betonte vor einigen Monaten, nur aus Leistungsgründen bleiben zu wollen. Aber diese Leistungen waren für einen Stammspieler bei Real nicht gut genug. Man muss sich nur den Clásico anschauen, als Sergi Roberto ihm Knoten in die Beine spielte: Seine Tage in Madrid sind gezählt.

Bei Carvajal ist die Situation ähnlich: Der Rechtsverteidiger verfügt über unglaublich viel Erfahrung und kann immer noch seinen Beitrag leisten, aber seine Statistiken in der Defensive geben Grund zur Sorge. Besonders sein Antritt ist nicht mehr mit dem aus jungen Jahren vergleichbar.

Er sollte an Bord bleiben, gerade wenn man bedenkt, dass Real auf seiner Position nicht unbedingt tief besetzt ist. Für einen Stammplatz reicht es aber definitiv nicht mehr.

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Real Madrid - Weg aus der Krise: Einen Mittelfeldspieler verpflichten

Angeblich ist ein englischer Mittelfeldspieler auf dem Markt, der gar nicht so übel sein soll ...

Kaum eine Transfersaga war zuletzt so unberechenbar wie die von Jude Bellingham aktuell. Mal ist der Wechsel zum FC Liverpool praktisch fix, mal können ihn sich die Reds nicht leisten. Manchester United ist mal mit im Rennen, mal nicht - und Stadtrivale Manchester City ist aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten sowieso nie ganz abzuschreiben.

Die eine Konstante: Real Madrid. Mindestens ein Treffen mit Bellinghams Vater soll es bereits gegeben haben. Real scheint der einzige Klub auf dem europäischen Festland zu sein, der realistische Chancen hat, den Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund wegzulocken.

Der Wechsel ergäbe Sinn: Jetzt, da der Stern von Modric zu sinken beginnt und Kroos' Abschied bevorsteht, braucht Madrid einen Box-to-Box-Achter an der Seite von Tchouaméni und Camavinga. Auf dem Papier passt Bellingham geradezu perfekt in dieses neue Mittelfeld-Trio.

Es gibt andere Spieler auf dem Markt, nicht ganz so vielversprechend: Rúben Neves, Gabri Veiga, Manu Koné und Moisés Caicedo. Aber für den direkten Sprung zurück an die Spitze wäre Bellingham genau der richtige Mann.

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Real Madrid - Weg aus der Krise: Einen Backup für Karim Benzema verpflichten

Man kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass Benzema eine komplette Saison durchhält. Der amtierende Ballon-d'Or-Gewinner plagte sich schon 2021/22 mit Verletzungen herum und konnte am Freitag vor dem Clásico nicht einmal trainieren. Dementsprechend lieferte er sein vielleicht schlechtestes Spiel in der laufenden Saison ab.

Aber ohne Benzema auf dem Rasen ist Real Madrid nur ein Schatten seiner selbst: Rodrygo als Mittelstürmer passt nicht, auch Vinícius Junior hat große Probleme ohne zentralen Neuner im Team.

Benzema sollte weiterhin erste Wahl bleiben - solange er fit ist, verkörpert er immer noch absolute Weltklasse -, aber es braucht einen geeigneteren Ersatzmann. Vielleicht baut die Klubführung auf Teenager Álvaro Rodríguez, aber der konnte den Beweis bislang noch nicht antreten, dass er über eine komplette Saison konstant abliefern kann.

Es wird allerdings nicht ganz einfach sein, einen neuen Stürmer zu holen. Es ist unwahrscheinlich, dass Real bereit wäre, die gewaltige Ablöse für Kylian Mbappé zu stemmen. Der einst begehrte Erling Haaland ist ebenfalls nicht zu haben. Real braucht auf dem Transfermarkt wohl wieder sein berühmtes magisches Händchen ...

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Real Madrid - Weg aus der Krise: Verstärkungen für die Defensive holen

Es ist ein ungewohntes Bild: Real Madrid auf den Außenverteidiger-Positionen dünn besetzt? Schließlich war das Tandem Carvajal-Marcelo über so viele Jahre unangreifbar, dass es wahrhaft traurig machte, als sich ihre Zeit schließlich dem Ende zuneigte.

Jede Ära geht aber irgendwann zu Ende. Die Königlichen bereiteten sich auf Marcelos Abschied vor, indem sie vor zwei Jahren Ferland Mendy verpflichteten. Auch Éder Militão hat seitdem immer mal wieder rechts hinten ausgeholfen. Mendy fehlt allerdings die nötige Konstanz, während Militão sich in der Innenverteidigung deutlich wohler fühlt.

Die gute Nachricht: Angeblich soll Real bei Rayo Vallecanos aufstrebendem Linksverteidiger Fran Garcia ein Vorkaufsrecht besitzen. Außerdem wird dem Klub Interesse an Real Valladolids vielversprechendem Rechtsverteidiger Ivan Fresneda nachgesagt.

Zudem soll im Januar nicht viel zu einer Verpflichtung von João Cancelo gefehlt haben. Es wäre keine große Überraschung, sollte Real in diesem Sommer erneut die Finger nach dem Star von Manchester City ausstrecken - vorausgesetzt, Bayern zieht nicht die Klausel und verpflichtet ihn fest.

Ob es nun ein waschechter Mann für die Startelf wird oder ein zuverlässiger Spieler für die Breite: In puncto Außenverteidiger hat Madrid eindeutig Nachholbedarf. Diese Lücken können jedoch geschlossen werden, ohne das Festgeldkonto zu plündern.

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Real Madrid - Weg aus der Krise: Ein funktionierendes System für die Offensive finden

Ancelotti hat einen taktischen Plan. Es wäre ein Leichtes, den Italiener als Kumpeltyp und Motivationskünstler abzustempeln, ohne großes Interesse an Struktur. Doch damit täte man ihm Unrecht. In Wahrheit ist Ancelotti einfach kein Jünger der endlosen Spielmuster, wie sie für erfolgreiche Teams wie ManCity oder Liverpool typisch geworden sind.

Eine starre, unnachgiebige Struktur einzuführen, wäre außerdem nicht in Reals Sinne. Die Stärke des Teams ist seine Flexibilität, möglich gemacht durch die überragende Intelligenz der Mannschaft.

Dennoch ist etwas mehr Struktur offensichtlich vonnöten, besonders im Spiel nach vorne. Zwar kann Real den Ball im Mittelfeld endlos rotieren lassen, doch die Abläufe im offensiven Drittel sind zu durchschaubar. Zu viel konzentriert sich auf das Zusammenspiel von Benzema und Vinícius.

Ein neuer Trainer würde zweifellos eigene Ideen einbringen. Taktisch gesehen hat sich der moderne Fußball von festen Formationen wegbewegt, allerdings gäbe es lose Gliederungen, die von Erfolg gekrönt sein könnten.

Etwa Rodrygo als klassische Nummer Zehn in einem traditionellen 4-2-3-1. Sogar ein klassisches 4-3-3 mit weniger Freiraum in den Positionen könnte hilfreich sein. So oder so: Real ist zu berechenbar geworden - und das muss sich ändern.

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Real Madrid - Weg aus der Krise: Eduardo Camavinga zum Stammspieler machen

Dem angesammelten Talent im Kader zum Trotz: Real fehlte es zuletzt an Konstanz im Mittelfeld. Tchouaméni legte einen tollen Start in die Saison hin, baute zuletzt aber stark ab. Modric war wie üblich eine Bank, hält aber keine volle Saison mehr durch. Kroos konnte derweil in letzter Zeit auch nicht mehr überzeugen.

Vielleicht der einzige Spieler, der einen durchweg positiven Eindruck machte, ist Camavinga. Der französische Nationalspieler lief in dieser Saison sowohl als Achter als auch als Sechser auf. Er kam wenn nötig von der Bank, wusste aber auch in der Startelf zu überzeugen.

Camavinga ist am Ball mittlerweile erstklassig, spielt kühne Pässe und überragt im Zweikampf. Im Spiel nach vorn fehlen ihm noch die Scorerpunkte, aber mit gerade einmal 20 bleiben ihm noch viele Jahre, um sich in dieser Hinsicht zu steigern.

Er sollte in Zukunft einer der Schlüsselspieler sein - und Woche für Woche in der Startelf stehen, will Real den Rückstand auf Barça im nächsten Jahr wieder wettmachen.

La Liga: Die aktuelle Tabelle

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Barcelona2649:94068
2.Real Madrid2651:213056
3.Atlético Madrid2642:192351
4.Real Sociedad2635:241148
5.Real Betis2634:26845
6.Villarreal2632:24841
7.Athletic Club2636:28836
8.Rayo Vallecano2631:30136
9.Celta de Vigo2632:35-334
10.Osasuna2622:27-534
11.Mallorca2622:27-532
12.Girona2640:41-131
13.Getafe2627:34-729
14.Sevilla2629:42-1328
15.Cádiz2621:38-1728
16.Real Valladolid2620:38-1828
17.Espanyol2632:42-1027
18.Valencia2628:31-326
19.Almería2630:45-1526
20.Elche2619:51-3213
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