Real Madrid gegen Manchester City war in den letzten Jahren oftmals das Duell der beiden besten Mannschaften in Europa. Zwischen 2019 und 2024 trafen sie viermal in der K.-o.-Phase der Champions League aufeinander.
Zweimal setzte sich Manchester City durch - 2020 im Achtelfinale und 2023 auf dem Weg zum Titel im Halbfinale. Zweimal hatte Real Madrid das bessere Ende für sich - 2022 im Halbfinale und in der vergangenen Saison im Viertelfinale.
Ilkay Gündogan spielte zwischen 2016 und 2023 bei Manchester City, erlebte also drei K.-o.-Duelle mit den Königlichen mit - und er gewann zwei. Als die Skyblues mit ihm ausschieden, stand der Deutsche jeweils in beiden Partien nicht in der Startelf.
Natürlich ist die Stichprobe viel zu klein, um auf Basis dieser Geschehnisse zu urteilen, dass Gündogan der alles entscheidende Faktor wäre. Auch der Fußball an sich ist dafür viel zu dynamisch, viel zu wechselhaft und viel zu abhängig von Zufällen.
Und doch ist der Gedanke, dass Manchester City seinen Verbindungsspieler und Taktgeber im offensiven Mittelfeld vor allem in der vergangenen Saison sehr vermisst hat, sehr naheliegend. Ist die Rückkehr deshalb ein entscheidendes Puzzleteil für Pep Guardiola?
Manchester City: Pep Guardiola soll Ilkay Gündogan vermisst haben
Dass City in der Champions League gegen Real Madrid im Elfmeterschießen ausschied, war rein sportlich betrachtet eine kleine Überraschung. Vor allem im Rückspiel schienen die Skyblues alles im Griff zu haben. 33 zu acht Abschlüsse waren es letztendlich. Doch Madrid zog in die nächste Runde ein.
Der Eindruck der totalen Kontrolle täuschte auch etwas. Mit insgesamt 2,7 Expected Goals (laut FBref) erspielte sich das Team von Guardiola aber gar keinen besonders hohen Wert. Hoch? Ja. Insbesondere gegen Real Madrid. Aber nicht hoch genug, um von einer extremen Dominanz sprechen zu können. Gerechnet auf 33 Abschlüsse sind das 0,08 xG pro Schuss - ein allenfalls durchschnittlicher Wert für Topklubs.
Real hingegen machte aus deren acht Abschlüssen sehr viel: 1,4 xG oder 0,17 pro Schuss - überdurchschnittlich. Zumal auch die frühe Führung die Spielweise beeinflusst hat: Madrid beschränkte sich auf die Verteidigung und fokussierte sich nicht darauf, möglichst viele Chancen herauszuspielen. Und City fand zwar Lösungen, aber nicht immer die besten.
Und genau hier lässt sich ein Zusammenhang zum Abgang von Gündogan herstellen, der im Sommer 2023 den Weg nach Barcelona angetreten war. Bereits im Mai, also wenige Tage nach dem Aus in der Königsklasse, gab es erste Gerüchte, dass man die Entscheidung bereuen würde, den Kapitän von Bord gehen zu lassen. Laut der Mundo Deportivo habe Guardiola seinen verlängerten Arm auf dem Platz schmerzlich vermisst.
Ilkay Gündogan: Immer noch ein Weltklasse-Spieler
Und das aus sehr gutem Grund. Ilkay Gündogan ist immer noch ein Weltklasse-Spieler. In nahezu allen für einen Mittelfeldspieler relevanten Statistiken zählt der 33-Jährige laut FBref in den vergangenen 365 Tagen zu den besten fünf, meistens zu den besten drei und manchmal sogar zum besten Prozent aller vergleichbaren Spieler in den Top-5-Ligen.
Gündogan spielte dabei zwar bei einem sehr namhaften, aber zuletzt überschaubar erfolgreichen Klub. Beim FC Barcelona fand er ein anderes Niveau vor als in England, wie er nach seiner Rückkehr selbst andeutete: "In Bezug auf den Fußball, auf dieses Niveau zurückzukehren und ein Jahr später zurückzukommen, ist ein unglaubliches Gefühl."
Trotzdem lieferte er starke Leistungen ab, wurde auf Anhieb zu einem wichtigen Spieler bei den Katalanen. In 51 Pflichtspielen gelangen ihm fünf Treffer und 14 Vorlagen. Gündogan ist zudem einer für die großen Spiele. Das wurde in Spanien vor allem deshalb nicht so deutlich, weil er oftmals einer der wenigen Barça-Spieler war, die in den großen Spielen ihr Niveau erreicht haben. Beispielsweise als er bei der 1:2-Niederlage gegen Real Madrid den Führungstreffer erzielte. Oder als er in der Champions League in Paris den Siegtreffer zum 3:2 vorbereitete.
Weil Barcelona aber nicht annähernd die Qualität von Manchester City hat, blieben diese Momente unbedeutend. Auch deshalb dürfte Gündogan glücklich darüber sein, dass er seine Qualitäten in großen Spielen nun wieder dort einbringen kann, wo am Ende sehr wahrscheinlich Titel herausspringen.
Manchester City: Kontrolle und Punch verloren
City selbst hat genau das in der vergangenen Saison vermisst. Nicht nur gegen Real Madrid. Auch im FA-Cup-Finale gegen Stadtrivale Manchester United fehlten sowohl die Kontrolle im Mittelfeld als auch der Punch in der Offensive. Gündogan ist der perfekte Verbindungsspieler zwischen einem torgefährlichen Angriff und einem Spielgestalter auf der Sechs.
Bei der Europameisterschaft hat er das mit guten Leistungen als Anspielstation für Toni Kroos gezeigt, bei City war er zwischen Rodri und Erling Haaland der entscheidende Mann nahezu aller Angriffe. Mateo Kovacic konnte diese Lücke nicht füllen.
City verlor genau im Übergangsbereich zwischen Spielaufbau und Abschluss zu oft die Kontrolle - wohlgemerkt auf sehr hohem Niveau. Es sind kleine Details. Ein Ballverlust zu viel pro Partie, eine falsche Entscheidung beim Tiefenpass - Gündogan war und ist hier deutlich stabiler als alle anderen.
Guardiola und Manchester City arbeiten fußballerisch immer an der unerreichbaren Perfektion. In der vergangenen Saison haben sie kleine Schritte zurück gemacht, statt sich ihr weiter anzunähern. Genau deshalb dürfte man die Entwicklung in Barcelona mit großem Interesse verfolgt haben.
Ilkay Gündogan: Bessermacher - aber wie lange noch?
Gündogan macht seine Mitspieler besser. Gerade Erling Haaland könnte davon profitieren. In der abgelaufenen Saison traf er in 45 Einsätzen 38-mal. In der Saison davor waren es 52 Tore in 53 Einsätzen. Auch hier geht es um einen kleinen Unterschied. Allerdings ein Unterschied, den Gündogan machen kann.
Das größte Fragezeichen bei der Rückkehr ist, wie viel Qualität er in nur einem Jahr verloren haben könnte. Im Oktober wird der ehemalige BVB-Profi 34. Mit dem Rücktritt aus der Nationalmannschaft hat er den Spätherbst seiner Karriere eingeleitet.
Und doch gibt es derzeit nicht viele Anzeichen dafür, dass er nicht noch mindestens eine Saison auf absolutem Top-Level spielen könnte. Doch es gibt noch eine weitere Perspektive, die den Wechsel erklärt. Nach Informationen von The Athletic habe Gündogan bei Manchester City seinen Wunsch hinterlegt, am Ende seiner Karriere Teil des Trainerstabs von Guardiola zu werden. Beide verstehen sich sehr gut, der Katalane lobte seinen ehemaligen und aktuellen Spieler mehrfach als einen der intelligentesten, die er je trainiert hat. Seine Ausbildung als Trainer hat Gündogan sogar schon begonnen. Bereits 2021 fing er mit der B-Plus-Lizenz an.
Auf den ersten Blick ergibt dieser Transfer also für alle Seiten sehr viel Sinn. Auch auf den zweiten Blick gibt es nur wenige Fragezeichen. Gündogan könnte nun zum zweiten Mal ein sehr wichtiges Puzzleteil für Manchester City werden. Vielleicht klappt es dann auch mal wieder gegen Real Madrid in der Champions League.