Der geliehene Sportdirektor "verhandelte" mit sich selbst um Liverpools größten Transferflop! Irrer Neustart von Girondins Bordeaux

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© Girondins Bordeaux / Instagram

Bordeaux hatte mal Stars wie Zidane. Mittlerweile spielt der Traditionsklub in der 4. Liga und vertraut einem geliehenen Sportdirektor & Andy Carroll.

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Mit Zinédine Zidane und Bixente Lizarazu schaffte es der französische Traditionsklub Girondins Bordeaux 1996 bis ins UEFA-Cup-Finale, verlor dort aber gegen den FC Bayern München. 2009 gewann er seinen sechsten und bis heute letzten französischen Meistertitel. Regelmäßig brachte er zudem große Talente wie den heutigen Mittelfeldspieler von Real Madrid Aurélien Tchouaméni hervor.

Im Zuge der Corona-Pandemie geriet Bordeaux aber in arge finanzielle Schwierigkeiten. 2021 verkauften die US-amerikanischen Inhaber den Klub an den luxemburgischen Geschäftsmann Gérard Lopez. Seinerseits unter anderem auch Mehrheitseigentümer von Boavista Porto und einst Besitzer des Formel-1-Rennstalls Renault.

Für Besserung sorgte der Verkauf aber nicht. 2022 stieg Bordeaux als Tabellenletzter aus der Ligue 1 ab. Aufgrund von Geldproblemen zunächst bis in die Drittklassigkeit, ehe der Klub wenige Tage vor Saisonstart doch noch für die Ligue 2 zugelassen wurde. Zwei Jahre spielte Bordeaux dort zuletzt, die finanzielle Situation spitzte sich unterdessen weiter zu.

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Girondins Bordeaux: Neustart in der Viertklassigkeit

Im Frühsommer gab es noch einen Hoffnungsschimmer, als die Fenway Sports Group Interesse an einer Übernahme bekundete. Immerhin Besitzer des FC Liverpool, der Boston Red Sox aus der MLB und den Pittsburgh Penguins aus der NHL. Die Verhandlungen scheiterten jedoch. Nun kannte die französische Finanzaufsicht keine Gnade mehr und schickte Bordeaux doch noch in die Drittklassigkeit.

Infolgedessen meldete der Klub Insolvenz an, löste sein Nachwuchsleistungszentrum auf und gab nach 87 Jahren die Profilizenz ab, woraufhin sämtliche Spieler den Klub verließen. Die Konsequenz: Anfang August revidierten die Behörden ihre Entscheidung. Statt in die dritte ging es in die viergleisige vierte Liga. Einspruch abgeschmettert.

Innerhalb kürzester Zeit musste der Klub eine komplett neue Mannschaft zusammensuchen. Beauftragt wurde damit ein gewisser John Williams, aktuell eigentlich als Sportdirektor für den Zweitligisten SC Amiens tätig. Williams wurde in Liverpool geboren, wuchs aber in der Nähe von Bordeaux auf und entwickelte so eine emotionale Bindung zum Klub, dem er mit dem Segen von Amiens' Präsidenten Bernard Joannin im August ehrenamtlich half. "Wir können stolz sein, wenn wir Bordeaux dabei unterstützen, aus der Krise herauszukommen. Es muss eine Form der Solidarität geben", sagte Joannin.

Die Fans von Amiens sehen die Doppelrolle ihres Sportdirektors etwas anders und beklebten die ganze Stadt mit "Williams Out"-Stickern. Seine Zukunft bei beiden Klubs ist aktuell unklar. Unbeeindruckt von allem Trubel organisierte Williams Bordeaux im August jedenfalls 31 Spieler. Einige aus der vormaligen Reservemannschaft, viele No-Names von hier und dort - und Andy Carroll. Ex-Rekordtransfer des FC Liverpool, einst für die englische Nationalmannschaft aktiv. Bekannt für seine langen Haare und seinen noch längeren Körper.

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Doppelpack beim Debüt: Andy Carroll startet spektakulär in Bordeaux

Nach seinem Durchbruch bei Newcastle United war Carroll im Januar 2011 für 41 Millionen Euro nach Liverpool gewechselt. Der Rekordtransfer entpuppte sich jedoch als wohl größter Transferflop der Klubgeschichte. Elf Tore und eineinhalb Jahre später zog Carroll weiter und avancierte zum Wandervogel. 2023 landete er in Amiens, brachte es dort in der vergangenen Saison aber nur auf vier Tore. In den ersten Partien dieser Spielzeit kam er meist nur von der Bank

Da hatte Amiens-Sportdirektor John Williams eine Idee: Wie wäre es denn, Bordeaux-Kaderplaner John Williams eine Verpflichtung Carrolls anzubieten, der suchte nach einem verpatzten Saisonstart mit drei sieglosen Spielen nämlich händeringend noch nach einem neuen Stürmer. Überraschung: Amiens-Williams und Bordeaux-Williams einigten sich auf einen Transfer, Carroll bekam einen Vertrag bis 2026.

Er soll ein Mini-Gehalt von 3.500 Euro pro Monat bekommen. Carroll sagte dazu bei RMC Sport: "Um ehrlich zu sein, kostet es mich sogar Geld, für Bordeaux zu spielen. (...) Ich will Teil der Geschichte dieses Klubs sein, Geld spielte keine Rolle. In meiner Karriere ging es mir nie um das Geld."

Vergangenes Wochenende feierte der 35-jährige Stürmer sein Debüt, es ging gegen einen Klub namens Voltigeurs de Châteaubriant. Mit einem Doppelpack sicherte Carroll Bordeaux nach zwischenzeitlichem 0:2-Rückstand immerhin ein Remis. Und zwar vor einer durchaus beeindruckenden Kulisse. Trotz des Absturzes in die Viertklassigkeit spielt Girondins weiterhin im EM-Stadion Matmut Atlantique. Zu Carrolls Debüt kamen über 10.000 Zuschauer.