Was bisher geschah? 2016 sammelte der damals 20-jährige Leroy Sané erste Minuten bei einem großen Turnier, 2018 strich ihn Joachim Löw aus dem finalen Aufgebot, 2021 und 2022 war Sané Rotationsspieler und stand jeweils nur einmal in der Startelf. Insgesamt gelang ihm erst ein einziger Turnier-Scorerpunkt, 2022 ein Assist gegen Costa Rica.
Sané gilt zwar als einer der begabtesten deutschen Fußballer seiner Generation, weist im Alter von mittlerweile 28 Jahren aber eine tragische Turnier-Bilanz auf. Bei der Heim-EM sollte eigentlich alles besser werden, doch tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: In einer aus deutscher Sicht generell erfreulichen Gruppenphase verkam Sané zum größten Verlierer des DFB-Teams. Dreimal wurde er eingewechselt, dreimal blieb er ohne Torbeteiligung, dreimal setzte er kaum Akzente - während andere Joker glänzten.
Beim 5:1-Sieg im Eröffnungsspiel gegen Schottland trafen Emre Can und Niclas Füllkrug nach ihren Einwechslungen. Gegen die Schweiz markierte Super-Joker Füllkrug das viel umjubelte 1:1 und zwar auf Vorarbeit des ebenfalls eingewechselten David Raum, auch Maximilian Beier sorgte für Impulse. Sané blieb nur eine Statistenrolle.
DFB-Team: Zwei Umstände wurden Leroy Sané zum Verhängnis
Dabei hatte er sich im Vorfeld des Turniers noch Hoffnungen auf einen Stammplatz gemacht. "Er hat die Chance, in die erste Elf zu rutschen", betonte auch Bundestrainer Julian Nagelsmann. Der Kampf um die beiden offensiven Außenpositionen schien zunächst offen, letztlich entschied sich Nagelsmann für die beiden Zauberer Jamal Musiala und Florian Wirtz. Beim Eröffnungsspiel verschmolzen sie zu Wusiala, seitdem sind sie nicht mehr zu trennen. Vor allem Sanés Münchner Kollege Musiala spielt ein herausragendes Turnier.
Sané wurden beim Kampf um einen Stammplatz gleich zwei Umstände zum Verhängnis. Einerseits seine überflüssige Rot-Sperre vom Freundschaftsspiel gegen Österreich, weshalb er drei von vier Tests in diesem Jahr verpasste, während sich andere Spieler empfehlen konnten. Andererseits seine anhaltenden Schambeinprobleme, weshalb er in der Rückrunde beim FC Bayern regelmäßig aussetzen musste. Trainer Thomas Tuchel berief Sané irgendwann nur noch für die wirklich wichtigen Spiele in die Startelf.
"Er hatte über einen ganz langen Zeitraum mit dieser Verletzung zu kämpfen, war also nicht richtig frei in den Spielen und hatte immer ein bisschen Sorge, dass die Verletzung wiederkommt", erklärte Nagelsmann schon vor dem Schweiz-Spiel. "Es dauert einfach eine gewisse Zeit, bis er wieder voll im Rhythmus ist. Die gebe ich ihm."
"Ganz angenehmer Charakter": Julian Nagelsmann lobt Leroy Sané
Aktuell deutet wenig darauf hin, dass Sané bei dieser EM noch in den Rhythmus oder gar in die Startelf findet. Nagelsmann macht keine Anstalten, seine mittlerweile eingespielte Mannschaft freiwillig zu verändern. Wechsel gibt es nur wegen Sperren, und von den Offensivspielern ist bisher keiner Gelb-vorbelastet. Sanés einzige Chance dürften weiterhin Einwechslungen sein, die ihm laut Nagelsmann übrigens immerhin als geringeres Übel erscheinen.
"Wenn er ausgewechselt wird, mag er das nicht ganz so gerne. Aber eingewechselt zu werden, findet er ganz gut", verriet der Bundestrainer, betonte aber auch: "Klar würde er gerne mehr spielen. Das ist auch normal und gut so. Aber er muss sich wie alle anderen ein bisschen gedulden. Das weiß er und das ist auch gar kein Problem für ihn."
Während Sané in der Öffentlichkeit bisweilen eine negative Körpersprache und ein Hang zum Hadern vorgeworfen wird, schätzt ihn Nagelsmann als "ganz angenehmen Charakter, der generell gut zu führen ist". Der Bundestrainer kennt Sané bestens aus gemeinsamen Zeiten beim FC Bayern. Nagelsmann weiß Bescheid über sein unglaubliches Potenzial, aber auch über seine sensiblen Seiten. Bei kaum einem anderen Spieler hängen die sportlichen Leistungen so direkt mit dem Wohlbefinden zusammen. Dem körperlichen, aber auch dem emotionalen.
"Wir haben einen sehr guten Draht zueinander", betont Nagelsmann. "Er ist ein bedeutender Spieler für uns, der enge Spiele entscheiden kann." Bei einem Turnier braucht man manchmal keine gute Form und auch nicht viel Spielzeit, um zum großen Helden zu avancieren. Manchmal reicht ein einziger genialer Moment. Darauf ruhen die Hoffnungen bei Sané.
EM 2024: Deutschlands Kader im Überblick
Name | Verein |
Manuel Neuer | FC Bayern München |
Marc-André ter Stegen | FC Barcelona |
Oliver Baumann | TSG Hoffenheim |
Joshua Kimmich | FC Bayern München |
Antonio Rüdiger | Real Madrid |
Nico Schlotterbeck | Borussia Dortmund |
Waldemar Anton | VfB Stuttgart |
Jonathan Tah | Bayer 04 Leverkusen |
Robin Koch | Eintracht Frankfurt |
Maximilian Mittelstädt | VfB Stuttgart |
Benjamin Henrichs | RB Leipzig |
David Raum | RB Leipzig |
Toni Kroos | Real Madrid |
Emre Can | Borussia Dortmund |
Chris Führich | VfB Stuttgart |
Pascal Groß | Brighton & Hove Albion |
Jamal Musiala | FC Bayern München |
Robert Andrich | Bayer 04 Leverkusen |
Ilkay Gündogan | FC Barcelona |
Leroy Sané | FC Bayern München |
Florian Wirtz | Bayer 04 Leverkusen |
Niclas Füllkrug | Borussia Dortmund |
Thomas Müller | FC Bayern München |
Kai Havertz | FC Arsenal |
Deniz Undav | VfB Stuttgart |
Maximilian Beier | TSG Hoffenheim |