Drei Spiele ohne Sieg? Normalerweise bedeutet das beim FC Bayern: Spekulationen über eine Trainer-Entlassung - oder über den Nachfolger, sofern die Entlassung eh schon längst vollzogen ist. Ein Nebenkriegsschauplatz hier, einer dort. Unruhe! Hysterie! Drama!
Nachdem die Münchner nun aber in der Bundesliga gegen Bayer Leverkusen (1:1) sowie Eintracht Frankfurt (3:3) nur unentschieden gespielt und dazwischen in der Champions League gegen Aston Villa sogar verloren hatten (0:1), geschah Wundersames. Nichts dergleichen war zu vernehmen. Ganz im Gegenteil: Die immer noch mächtigen Patrone Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge feierten Trainer Vincent Kompany unisono als "Glücksfall" oder "Menschenfänger" und lobten ihn für seinen "Spaßfußball".
Der FC Bayern vermittelte in der Ergebniskrise einen überraschend ruhigen Eindruck - und wurde beim Topspiel gegen den VfB Stuttgart belohnt: 4:0, Tabellenführung verteidigt. Wie bei den drei sieglosen Spielen zuvor sprachen gegen den Vizemeister erneut alle Statistiken klar und deutlich für den FC Bayern. Der xG-Wert der zu erwartenden Tore etwa mit 3,27 zu 0,4. Zurecht empfand Joshua Kimmich das Ergebnis "auch in der Höhe" verdient.
Vincent Kompany hat seinen ersten Stresstest als Trainer des FC Bayern bestanden. Die Schlüssel waren bedachte Kommunikation und Vertrauen in sein System und Personal.
Vincent Kompany: Die Aufstellung gegen Stuttgart wirkte wie ein Zeichen
Anders als seine bisweilen wortgewaltigen Vorgänger Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel vermeidet Kompany übertrieben emotionale Aussagen. Ganz sachlich wählt er seine Worte, geht kaum konkret auf einzelne Spieler oder Themen aus dem trubeligen Klub-Umfeld ein, fokussiert sich auf sein Kerngeschäft. Mit dieser Strategie bietet er keine Angriffsflächen, eröffnet keine unnötigen Nebenkriegsschauplätze. Hysterie scheint Kompany völlig fremd zu sein.
So ging er nach den drei sieglosen Spielen auch mit den aufkommenden kritischen Fragen nach seiner mutigen Spielweise um. Der FC Bayern hatte gegen die hochklassigen Gegner Leverkusen, Aston Villa und Frankfurt zwar nicht gewonnen. Sie aber allesamt mit hoher Abwehr und aggressivem Pressing dominiert und (deutlich) mehr Chancen herausgespielt als zugelassen. "Wenn man objektiv bleibt, wäre es blöd, alles zu ändern, nur weil es mit dem Ergebnis nicht geklappt hat", sagte Kompany.
Der Trainer vermittelte mit seinen Aussagen vollstes Vertrauen. Die Aufstellung gegen Stuttgart wirkte wie ein weiteres Zeichen: Erstmals in diesem Kalenderjahr begann der FC Bayern zwei Pflichtspiele hintereinander mit derselben Startelf. Keine aktionistischen Umwälzungen.
Nachdem Kompany in der Anfangsphase der Saison viel rotiert hatte, etablierte sich zuletzt eine bevorzugte Startelf. Lediglich rechts hinten wechselten sich in Abwesenheit der verletzten Stammelf-Kandidaten Sacha Boey und Josip Stanisic die positionsfremden Raphael Guerreiro und Konrad Laimer ab. In der Offensive galt es, den angeschlagenen Jamal Musiala zu ersetzen.
FC Bayern: Reservisten behalten die Ruhe - Palhinha wird wichtig
Gegen Stuttgart gelang dem FC Bayern in der ersten Halbzeit trotz einiger Chancen kein Treffer. Was Kompany in der Pause zu seiner Mannschaft gesagt hat? "Geduldig bleiben", verriet er anschließend. Nach etlichen unglücklichen Abschlüssen erzielte Harry Kane einen lupenreinen Hattrick und beendete damit auch seine persönliche drei Spiele andauernde Torsperre. Der eingewechselte Kingsley Coman besorgte den 4:0-Endstand.
Durchaus beachtlich ist unter Kompany bis dato, dass ihm offensichtlich auch die Reservisten folgen. Obwohl einige Stars wie Leroy Sané oder Coman aktuell über Kurzeinsätze nicht hinauskommen, ist kein Geraunze von ihnen oder aus ihren Umfeldern zu vernehmen. Ein Dauerreservist dürfte nun aber sehr wichtig werden: Joao Palhinha, im Sommer für 51 Millionen Euro vom FC Fulham verpflichtet.
Aleksandar Pavlovic hatte sich im bisherigen Saisonverlauf auf der Doppelsechs neben Kimmich festgespielt. Gegen Stuttgart brach sich das 20-jährige Eigengewächs aber schon in der Anfangsphase das Schlüsselbein und wird deshalb länger ausfallen. Am Sonntag wurde Pavlovic bereits operiert. Palhinha kam rein und überzeugte bei seinem zweiten längeren Einsatz für den FC Bayern.
Am Mittwoch beim Champions-League-Spiel gegen den FC Barcelona wird er beginnen. Womöglich feiert dann auch Musiala nach Hüftgelenksbeschwerden sein Comeback. Laut Sportvorstand Max Eberl habe er nach dem Sieg gegen Stuttgart in der Kabine immerhin schon "getanzt". Mit dem Gipfeltreffen in Barcelona endet die Topspielserie des FC Bayern, anschließend warten mit dem VfL Bochum, dem FSV Mainz 05 und Union Berlin einfachere Gegner.
FC Bayern München: Die nächsten Spiele des FCB
Datum | Partie | Wettbewerb |
23. Oktober | FC Barcelona - FC Bayern München | Champions League |
27. Oktober | VfL Bochum - FC Bayern München | Bundesliga |
30. Oktober | FSV Mainz 05 - FC Bayern München | DFB-Pokal |
2. November | FC Bayern München - Union Berlin | Bundesliga |