"Das ist ein Problem der Moderne": Kompanys große Sorge bei Jamal Musiala hat mit Messi und Ronaldo zu tun

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Curry-Jubel, Kane-Video, Vergleiche mit Zidane und Ronaldinho, ein Ratschlag von Müller: Nach seiner Gala gegen Mainz steht Musiala im Fokus.

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1, 2, 3: Beim Jubel über sein drittes Tor und die Dreierpack-Vollendung zählte Jamal Musiala an seinen Fingern sicherheitshalber nochmal nach. Damit imitierte er sein großes Idol, den Basketballspieler Stephen Curry von den Golden State Warriors. Mit über 3.700 Treffern ist Curry der erfolgreichste Dreierschütze der NBA-Geschichte.

Musiala gelang beim 4:0-Sieg des FC Bayern München gegen den FSV Mainz in der 2. Runde des DFB-Pokals sein erster Dreierpack als Profi - im Fußball ist das aber auch eine durchaus schwierigere Aufgabe als im Basketball. "Ich bin happy, dass ich endlich die Dreier-Celebration von Steph Curry machen konnte", sagte Musiala anschließend. "Auf das habe ich mich am meisten gefreut." Ob er denn vor dem Spiegel geübt habe? "Jahrelang!"

Musiala unterstrich in Mainz erneut seine immense Bedeutung für den FC Bayern. Mit dem 21-jährigen Nationalspieler in der Startelf haben die Münchner in dieser Saison nur eine Partie nicht gewonnen - das völlig einseitige Topspiel gegen Bayer Leverkusen (1:1). Bei den beiden Pleiten in der Champions League gegen Aston Villa und den FC Barcelona wurde Musiala wegen seiner Hüftbeschwerden nur eingewechselt, beim Remis gegen Eintracht Frankfurt fehlte er gänzlich.

In Mainz führte Musiala die Münchner mit seinem Dreierpack ins Achtelfinale, nachdem sie in drei der vergangenen vier Jahre blamabel in der 2. Runde gescheitert waren. Der Fluch ist verflogen, genau wie die aufkommende Krisenstimmung nach der Pleite gegen den FC Barcelona vor einer Woche. Dazwischen hatte der FC Bayern am Wochenende auch den VfL Bochum zerlegt (5:0).

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Kompany vergleicht Musiala mit Zinédine Zidane und Ronaldinho

So spektakulär die Anzahl seiner Treffer gegen Mainz aber daherkam, so unspektakulär waren die Treffer an sich. Bereits nach zwei Minuten brachte Musiala den FC Bayern mit einem Schuss aus kurzer Distanz in Führung. In der Schlussphase der ersten Halbzeit folgten ein Kopfball-Abstauber aus Abseitsposition (in der 2. Runde des DFB-Pokals gibt es keinen VAR) und ein Stochertor. Treffer, wie sie sonst normalerweise Torjäger Harry Kane oder Raumdeuter Thomas Müller erzielen - aber doch nicht der Zauberer Musiala.

Er selbst dürfte sich genau über diese Kategorie Treffer jedoch ganz besonders gefreut haben, waren sie doch zuletzt Trainingsschwerpunkt. "Jamal hat sich vorgenommen, dass er deutlich mehr Tore in der Box macht, bei denen es vorher kein Dribbling braucht", verriet Müller. "Im Sommer haben wir das trainiert. Schön, dass sich das auszahlt und mit einem Erfolgserlebnis bestätigt wird. Er will noch öfter in diese Räume."

Nach elf Pflichtspielen steht Musiala bereits bei sieben Toren, im Schnitt trifft er alle 100 Minuten. Das ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zu den Vorjahren. In seinen bisherigen vier Spielzeiten als Profi des FC Bayern brauchte er 209, 248, 189 und in der vergangenen Saison 238 Minuten pro Treffer.

Trainer Vincent Kompany sieht diese eigentlich positive Entwicklung aber auch als Gefahr. "Ich will nicht, dass wir seine Leistungen und Qualitäten nur nach Toren messen. Das ist ein Problem der Moderne", befand Kompany. "Es gibt jetzt diesen Fokus auf Tore, Tore, Tore wegen Lionel Messi und Cristiano Ronaldo." Die beiden prägendsten Spieler der jüngeren Vergangenheit überbieten sich bekanntlich regelmäßig mit neuen Torrekorden.

"Aber was ist mit Zinédine Zidane früher oder Ronaldinho oder so vielen geilen Spielern, die auch ohne Tore das Spiel geprägt haben?", fragte Kompany. "Jamal kann einer dieser Spieler werden, auch wenn er keine 1.000 Tore macht."

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Trotz hartem Foul an Jamal Musiala: Eberl verteidigt Kohr

Tatsächlich glänzte Musiala gegen Mainz nicht nur wegen seiner Tore. Wieder und wieder holte er sich den Ball tief in der eigenen Hälfte und trieb das Offensivspiel des FC Bayern zielführend voran. "Er hat großen Einfluss auf den Spielverlauf", befand Kompany.

Damit das in den kommenden Spielen auch so bleibt, wechselte ihn der Trainer sicherheitshalber zur Pause aus. Noch höher als die Anzahl seiner Treffer war in der ersten Halbzeit nämlich die Anzahl an Fouls gegen ihn. Fünfmal wurde Musiala regelwidrig gestoppt, besonders rustikal von Dominik (Hard-)Kohr in Minute 20.

Eigentlich seien Fouls "part of the game", wie Musiala in seinem herrlichen Denglisch erklärte. "In diesem Fall war es aber ein bisschen mehr als ein kleines Foul. Das hat ein bisschen mehr wehgetan als normal." Deshalb habe er den Austausch mit Schiedsrichter Sascha Stegemann gesucht. "Wenn sie das Gefühl haben, sie können drei, vier Mal richtig hart reingehen, dann renne ich mit Problemen herum und kann nicht wirklich mein Spiel spielen. Das habe ich kommuniziert."

Sportvorstand Max Eberl zeigte auch aufgrund seiner eigenen Vergangenheit als ruppiger Verteidiger unterdessen Verständnis für Kohr. "Ich bin der falsche Ansprechpartner, um von Zimperlichkeiten zu sprechen", erklärte Eberl. "Der Fußball, den Dominik Kohr gespielt hat, wäre auch eher mein Fußball gewesen."

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"Drei, vier, fünf Mal überlegen": Müller gibt Musiala Zukunfts-Ratschlag

Der richtige Ansprechpartner ist Eberl dagegen für eine durchaus wichtigere Thematik: Als Sportvorstand des FC Bayern ist es seine Aufgabe, Musialas 2026 auslaufenden Vertrag zu verlängern. Sagen wollte er dazu nach dessen Gala gegen Mainz aber nichts: "Es ist heute nicht der Zeitpunkt, um über Vertragsgespräche zu reden." Das sahen nicht alle so - darunter auch Musiala selbst

Im TV-Interview wurde er gefragt, ob er sich denn eine langfristige Zukunft beim FC Bayern vorstellen könne. "Kann ich mir schon", erwiderte er grinsend: "Wir sind in Gesprächen. Ich bin happy. Ich genieße die Zeit hier." Aus dem Hintergrund rief sein Kollege Joshua Kimmich: "Ich glaube, das reicht. Das reicht!"

Musiala gab Kimmich das Mikrofon und verschwand in die Mixed Zone, wo er ergänzte: "Ich hoffe, ihr seht, dass ich hier glücklich bin." Oh ja, und wie man das sah! Konkreter wollte Musiala aber nicht werden: "Es ist besser, ein bisschen ein Mystery zu sein." Dann kündigte er immerhin noch an, dass er "in der Winterpause mehr Zeit hat", darüber nachzudenken.

"Falls er überhaupt Gedanken daran verschwendet, nicht hierzubleiben, würde er gut daran tun, wenn er es sich drei, vier, fünf Mal überlegt", empfahl Müller. "Jamal weiß, wie sehr ihn die Fans lieben - nicht nur bei Bayern, sondern in ganz Deutschland."

FC Bayern München: Jamal Musiala veräppelt Harry Kane

Beim FC Bayern stimmt für Musiala gerade generell sehr viel. Kompany vertraut ihm vollends und scheint ihn sogar noch besser zu machen. "Das kann man so sagen", befand Musiala. "Ich komme richtig gut mit dem ganzen Trainerteam aus. Ich habe ein gutes Verhältnis zu Vinny." Zudem ist Musiala vor allem mit Alphonso Davies und Leroy Sané eng befreundet.

Davies bereitete Musialas 1:0 gegen Mainz vor, ehe die beiden gemeinsam jubelten - oder das zumindest versuchten. Anders als beim Spielzug hatten sie beim Jubel unterschiedliche Ideen. "Wir reden immer vor dem Spiel, was wir für einen Torjubel machen", erklärte Musiala. "Aber er hat mir nicht zugehört." Seinen zweiten Treffer leitete bei dessen Startelfdebüt in dieser Saison Sané mit einer überragenden Flanke ein. "Mit Leroy macht es immer Spaß. Es war cool, ihn wieder auf dem Platz zu sehen", sagte Musiala. "Wir sind richtig nah und reden viel miteinander."

Standesgemäß unterschrieben Davies und Sané wie alle anderen Kollegen nach Abpfiff auf dem Spielball, den Musiala als Dreierpacker behalten durfte. Eine Ehre, die sonst gewöhnlicherweise nur Torjäger Kane zuteil wird. "Ich mache auch gleich noch ein Selfie direkt vor Harry. Dann fühle ich mich gut", scherzte Musiala und nutzte die Gelegenheit, um seinen Kollegen kurzerhand mit einem für ihn typischen Selfie-Video ein bisschen zu veräppeln ("Your Harry!").

Gemeinsam mit einem Jubel von Stephen Curry teilte der Erbe von Zinédine Zidane und Ronaldinho das Video über seine sozialen Netzwerke. Und was passiert mit dem unterschriebenen Ball? "Der kommt zur Mama."