FC Bayern München - Benjamin Pavard: Wie wichtig ist er für den FCB wirklich?

Von Constantin Eckner
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Das große Besenkehren in den Führungsetagen hat Bayern München bereits vollzogen. Nun geht es um eine mögliche Generalüberholung des Kaders. Geht es nach den Verantwortlichen, soll Benjamin Pavard diesem nicht zum Opfer fallen, aber der Franzose möchte selbst gerne weg. Wie schwerwiegend wäre ein Abgang des 27-jährigen Allroundverteidigers?

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In diesen Tagen gibt es sowohl in Dortmund als auch in München Akteure, die in der Vergangenheit nicht immer vollumfänglich wertgeschätzt wurden und nun wohl das Weite suchen, obwohl die Vereine an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert wären. Benjamin Pavard hing lange Zeit der Ruf nach, er wäre beim FC Bayern allenfalls ein Rollenspieler - ein offensiv mittelprächtiger Rechtsverteidiger, der vor allem für die Absicherung wichtig ist.

Doch die Zeichen haben sich verändert. Angesichts der Verletzungen von Lucas Hernández und zuletzt Dayot Upamecano musste Pavard viel Verantwortung in der Innenverteidigung übernehmen und konnte durchweg überzeugen. Seine Auftritte an der Seite eines ebenfalls gut aufgelegten Matthijs de Ligt unterstrichen die taktische Flexibilität des 27-Jährigen aus dem französischen Nordosten. Mit der Nationalelf wurde er als Rechtsverteidiger Weltmeister, bei den Bayern in identischer Rolle Champions-League-Sieger, aber ebenso kann Pavard als Halbverteidiger in einer Dreierkette und als rechter Innenverteidiger in einer Viererkette kompetent seinen Job erledigen.

Was auch für Pavard spricht, ist die stetige Weiterentwicklung, die der Franzose hingelegt hat. So weist er für die abgelaufene Bundesliga-Saison mit 88,3 Passquote die höchste seiner gesamten Zeit im deutschen Oberhaus, die Spielzeiten beim VfB Stuttgart eingerechnet, auf. Seine Passquote bei Pässen über eine Länge zwischen 14 und 28 Metern liegt erstmals überhaupt bei mehr als 90 Prozent. Seine Erfolgsquote bei Tacklings liegt derweil bei glatt 75 Prozent, während es in den Vorjahren zwischen 57 und 66 waren. Natürlich sind diese Werte auch ein wenig beeinflusst durch die positionellen Veränderungen, aber selbst bei der reinen Beobachtung fiel auf, wie sich Pavard sowohl im Spielaufbau als auch im Defensivzweikampf stetig gesteigert hat.

Wertschätzung wurde ihm jedoch, wie bereits erwähnt, nicht immer vollumfänglich entgegengebracht. Auch in puncto Gehalt liegt Pavard allenfalls im Mittelfeld. Sein bis 2024 laufender Vertrag bringt ihm ein kolportiertes Jahresgehalt von sieben Millionen Euro ein. Andernorts könnte Pavard mehr verdienen. Interesse von Inter Mailand, dem FC Barcelona und manch anderem Champions-League-Klub soll bestehen. Pavard selbst soll seinen Wechselwunsch bei den Bossen hinterlegt haben.

DFB-Team
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FC Bayern: Joshua Kimmich als Ersatzlösung?

Verlässt Pavard die Säbener Straße, öffnet sich für Cheftrainer Thomas Tuchel sowie die neue Entscheidungsriege um Jan-Christian Dreesen eine neue Baustelle, die es zu schließen gilt. João Cancelo kehrt nach der Rückrunde zurück zu seinem Stammverein Manchester City. Lucas Hernández hat seit November keinen kompetitiven Fußball mehr gespielt und muss erst einmal wieder zu seiner Spielfitness finden.

Auf der Rechtsverteidigerposition gibt es mit Noussair Mazraoui einen kompetenten Vertreter, der das Positionsspiel Tuchels schon zu verinnerlichen weiß und einen besseren Zug nach vorn als Pavard aufweist. In der Innenverteidigung wiederum blieben mit de Ligt, Upamecano und Hernández drei Spieler, wobei angesichts einer zu erwartenden langen Dreifachbelastung eigentlich vier hochklassige Defensivakteure gebraucht werden. Daley Blind wird den Verein verlassen. Aus der U23 und auch U19 rutscht keiner nach, der unmittelbar in eine adäquate Backup-Rolle schlüpfen könnte.

Eine Überlegung wäre eine mögliche Umfunktionierung von Joshua Kimmich. Da Bayern ohnehin darüber nachdenkt, einen richtigen Raumblocker à la Declan Rice für die Sechs zu verpflichten, müsste Kimmich, sofern er bleibt, auf eine andere Position ausweichen. Der 28-Jährige könnte sowohl als Rechtsverteidiger fungieren, als auch in einer Dreierkette die halbrechte Position besetzen und von dort aus den Spielaufbau ankurbeln. Ausreichend Pressingresistenz, um eine erste Verteidigungslinie zu durchbrechen, besäße Kimmich in jedem Fall. Ob der ambitionierte Nationalspieler ganz freiwillig nach hinten wechseln würde, steht auf einen anderen Blatt Papier. Aber das letzte Wort hat wie immer der Trainer.

FC Bayern München, Thomas Tuchel, Benjamin Pavard
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FC Bayern: Tuchel fordert Positionsverständnis von allen

Stichwort Trainer: Tuchel ließ während seiner zweiten Saison als Cheftrainer von Chelsea vornehmlich eine Dreierkette spielen. Eine solche Formation wäre also in jedem Fall im aktuellen Repertoire des 49-Jährigen. Mit Alphonso Davies, Kingsley Coman und dem bereits erwähnten Mazraoui gäbe es zudem passende Flügelläufer. Gerade Davies und Coman könnten eine ähnliche Rolle wie Reece James bei Chelsea unter Tuchel ausfüllen und als ballferne Anspielstation fungieren.

In der Dreierkette setzte Tuchel jedoch nicht auf Hybridlösungen wie Kimmich, sondern auf klassische Zentralverteidiger à la Antonio Rüdiger und Andreas Christensen. Das kolportierte Interesse an Axel Disasi vom AS Monaco würde unterstreichen, dass die Bayern bei einem möglichen Abgang Pavards wohl nach einem vom Profil her ähnlichen Ersatz suchen würden. Disasi ist in der Innenverteidigung zu Hause, hat in dieser Spielzeit jedoch zusätzlich dreimal als Rechtsverteidiger gespielt.

Für Tuchel ist wichtig, dass die Halbverteidiger ein sehr gutes Timing bei ihren punktuellen Vorstößen aufweisen und zudem mit jenem positionellen Verständnis ausgestattet sind, sodass sie nicht blindlinks in die Staffelungen davor hineinlaufen. In puncto Außenverteidiger möchte der Bayern-Trainer wiederum Spieler mit guten Antizipationsfähigkeiten, um zu erkennen, wann sie einen ballfernen Lauf starten müssen, um nicht von der gegnerischen Defensive sofort als Läufer ausgemacht und aufgenommen zu werden.

Zudem erwartet Tuchel viel Verständnis für die Abläufe im Spielaufbau und das Positionsspiel generell, damit die Laufwege nach innen oder über die Außenseite mit den Offensivspielern abgestimmt sind. Nicht ganz grundlos war etwa ein Matthias Ginter zeitweilig ein Musterschüler von Tuchel während der gemeinsamen Zeit bei Borussia Dortmund.

Pavard passt ebenso mit seinem Spielverständnis hervorragend zu Tuchel und dessen Anforderungen an Verteidiger. Aber der Franzose sucht nach vier Saisons in München wohl bald schon eine neue Heimat.

FC Bayern München: Die bisherige Karriere von Benjamin Pavard

SaisonsVereinSpieleTore
2019 - jetztFC Bayern München18212
2016 - 2019VfB Stuttgart882
2015 - 2016LOSC Lille250