FC Bayern München - Erkenntnisse zum Remis gegen Eintracht Frankfurt: Müller-Musiala-Frage mit offenem Ausgang

Von Philipp Schmidt
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Drittes Spiel, drittes Remis: Der FC Bayern hat einen Fehlstart nach der WM-Pause hingelegt, auch gegen Eintracht Frankfurt reichte es nicht zu einem Dreier - verdientermaßen. Während der Trainer eine "Ergebniskrise" sieht, gibt es dennoch einige Problemherde, die über das reine Resultat hinausgehen. Drei Erkenntnisse zur Partie gegen die SGE.

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So schnell kann es gehen! Eine Woche und drei Spiele ist das Fußballjahr 2023 alt und es ergibt sich vor dem voll gepackten Februar mit Pokalspiel in Mainz sowie Champions-League-Achtelfinale gegen PSG ein Tabellenbild, das so gar nicht nach dem Geschmack der Bayern-Verantwortlichen ist. Union Berlin ist auf einen Punkt an den FCB herangerückt, auf RB Leipzig sind es zwei und selbst der BVB kann mit einem Sieg in Leverkusen am Sonntag bis auf drei Zähler an die Tabellenspitze heranrücken.

Nicht ganz einig waren sich die Protagonisten nach dem 1:1 gegen Frankfurt, was die Einschätzung des Gesehenen betrifft. "Objektiv fällt auf, dass es zwei Mannschaften sind: die Mannschaft vor der Weltmeisterschaft und jetzt die Mannschaft nach der Weltmeisterschaft", sagte der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn in der Mixed Zone. Außerdem sieht er kleinen klaren Unterschied in der Entstehung der Resultate, denn auch im Herbst durchlebte der FCB eine kleine Delle. "Da hatten wir unglaublich viele Torchancen und haben einfach die Tore nicht gemacht. Jetzt ist das nicht der Fall. Wir haben nicht Torchance um Torchance, in der zweiten Hälfte hatten wir relativ wenige Möglichkeiten, fast gar keine, um das Tor zu machen."

Zwar sprach auch Nagelsmann von "keiner besonderen Leistung" und "vielen Punkten, die wir besser machen können", sah allerdings dennoch in erster Linie eine "Ergebniskrise" und sagte im Bezug auf Kahns Feststellung: "Ich sehe keine zwei verschiedenen Mannschaften. Ich bin immer ein großer Freund davon - und das ist mein Job - das auf das Inhaltliche herunterzubrechen."

Zweimal wurde Müller zuletzt eingewechselt, gegen Frankfurt stand er gemeinsam mit Musiala in der Startelf.
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FC Bayern: Müller-Musiala-Frage mit offenem Ausgang

Jamal Musiala oder Thomas Müller lautete zuletzt die Frage, die Wahl fiel in Leipzig und gegen Köln auf den Youngster. Gegen Frankfurt - Leon Goretzka musste verletzungsbedingt passen - rechneten viele mit Ryan Gravenberch als Ersatz neben Joshua Kimmich im defensiven Mittelfeld. Stattdessen entschied sich Nagelsmann für Müller, der Musialas Rolle einnahm und diesen eine Position nach hinten rücken ließ. Die Ergebnisse waren gemischt.

Nach einer knappen ersten halben Stunde, in der Bayern ein optisches Übergewicht hatte, sich allerdings überhaupt keine Torchancen erspielte (XG-Wert: 0,02!), schritt Nagelsmann ein. Hektisch redete er am Spielfeldrand auf Musiala ein, da dieser seinem Naturell entsprechend seine Rolle deutlich offensiver interpretierte als Goretzka oder Gravenberch.

In der Folge positionierte sich dieser ein wenig tiefer, um die Lücken zwischen Kimmich und seinen Vorderleuten zu schließen, die im Umschaltverhalten sichtbar wurden (aber nicht bestraft wurden) und außerdem ein zielführendes Angriffsspiel erschwerten. Die Viertelstunde vor der Pause war dann richtig stark, was sicherlich nicht nur auf diese Anpassung zurückzuführen war. Die dritte Chance innerhalb weniger Minuten verwertete Sané nach schöner Müller-Vorarbeit, in der Folge vergaben Upamecano und Sané eine höhere Führung zur Pause, die verdient gewesen wäre. Und noch schlimmer: Das Niveau konnten die Münchner nicht halten.

"Die Spielbeschleunigung war überhaupt nicht gut", monierte Nagelsmann und sah "viele Situationen, in denen wir die sehr guten Spieler in den Halbräumen einsetzen können, aber wir spielen es fast nur über den Flügel. Da kann sich der Gegner gut darauf einstellen." Müller fehlten die "zündenden Ideen, in der zweiten Halbzeit haben wir keine wirklich gefährliche Aktion mehr gehabt." In der Tat war ein gefährlicher Bayern-Konter nach rund einer Stunde die letzte Torannäherung, während Frankfurt offensiv wechselte, sich durch den starken Randal Kolo Muani umgehend belohnte und in der Schlussphase dem Sieg sogar näher war.

Laut Nagelsmann fehlte der "klassische Dosenöffner", um ein Spiel von Beginn an zu dominieren und es einem Gegner erst gar nicht zu ermöglichen, tief zu verteidigen. Aber: Der FC Bayern führte, die Gäste agierten in der zweiten Halbzeit durchaus mutiger und ließen dem FCB Räume. Diese wurden allerdings schlecht genutzt, gleichzeitig stimmte im Defensivverhalten die Abstimmung nicht. "Am Anfang der Situation müssen wir mehr Balldruck ausüben. Es ist schwer zu übergeben und übernehmen", sagte der Trainer über die Fehlerkette vor dem Ausgleich, die bei de Ligt und Upamecano endete, "aber an der Mittellinie müssen wir uns schon besser verhalten".

Es ist ein schmaler Grat, was die Rollen von Müller und Musiala angeht, eine Abwägung von Sicherheit und Vertrauen in die eigene Stärke. "Wir müssen wieder mehr Mut zum Risiko finden, klarer und emotionaler im gegnerischen Strafraum spielen. Wir brauchen sehr lange, um durch die Linien zu spielen. Es ist nicht mehr so klar wie noch vor Weihnachten. Teilweise sind wir einen Tick zu vorsichtig."

Welche Optionen hat der Trainer vor dem Mainz-Spiel? Mit Gravenberch steht eine Alternative bereit, die sich durch eine gute Halbzeit gegen Köln eine Chance verdient hätte, bereits vor der Partie sprach Nagelsmann von einem "Härtefall", entschied sich aber für den "Anker" und Anführer Müller. An Gravenberchs Seite bestünde für Kimmich die Möglichkeit, sich etwas mutiger ins Aufbauspiel einzubringen.

Zudem signalisierte Goretzka, dass er bis Mittwoch wohl fit ist. Die Kombination Müller/Musiala kann eine Möglichkeit sein, aber ob es die beste für die heiße Phase der Saison ist, muss sich erst noch zeigen.

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FC Bayern: Stanisic mehr als eine Notlösung?

Auch an einem ernüchternden Abend aus Bayern-Sicht gab es zumindest einen Gewinner: Josip Stanisic. Etwas überraschend rückte er für Benjamin Pavard in die erste Elf, der gegen Köln eine schwache Leistung gezeigt hatte und nun über 90 Minuten auf der Bank saß. Noussair Mazraoui benötigt nach seiner Herzbeutelentzündung noch Zeit, weitere Optionen gibt es nicht. Und das Eigengewächs löste seine Aufgabe gut (SPOX-Note 2,5)!

Der Spieler aus der eigenen Jugend (Vertrag bis 2026) versuchte sich spürbar, ins Angriffsspiel einzuschalten, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt wie Gegenüber Alphonso Davies. Während diesem jedoch nicht viel gelingen wollte, hatten Stanisics Aktionen häufiger Hand und Fuß. An der Führung war der Kroate maßgeblich beteiligt, indem er Müller bediente und mit einem klugen Laufweg in den Sechzehner einen Frankfurter Spieler band.

In der Defensive war er nur einmal in eine unglückliche Situation verwickelt, als er nach einem Steilpass auf Kolo Muani nicht mehr eingreifen konnte und Yann Sommer den Stürmer nur durch eine Grätsche stoppen konnte. Ansonsten leistete er sich im Vergleich zu Davies kaum Unsicherheiten (nur ein verlorener Zweikampf, drei klärende Aktionen) - eine rundum solide Performance, mit der er sich in einem vollgepackten Kalender mehr Einsatzzeiten verdient haben sollte.

Kontrahent Pavards Wechselwunsch ist nicht neu, in der WM-Pause untermauerte er diesen offensiv über die Presse. Sollten sich dessen Leistungen nicht deutlich von denen Stanisics abheben, spricht wenig dafür, den 22-Jährigen nicht vermehrt spielen zu lassen. Erstmals stand er gegen Frankfurt in dieser Saison in der Liga über 90 Minuten auf dem Platz, an ihm lag es nicht, dass die Bayern nicht dreifach punkteten.

Randal Kolo Muani kann sich offenbar einen Wechsel zum FC Bayern vorstellen.
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FC Bayern: Kolo Muani könnte der ideale Stürmer sein

Lothar Matthäus kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: "Ich bin begeistert von seiner Performance über die gesamte Saison. Er spielt mit Freude, Selbstvertrauen und Geschwindigkeit. Er hat gute Dribblings, gute Abschlüsse und einen guten letzten Pass zu seinen Mitspielern. Er ist eine Bereicherung für die Bundesliga und ich bin froh, dass er hier ist", sagte er bei Sky. Die Rede war - natürlich - von Randal Kolo Muani.

Dieser hatte ein weiteres Mal unterstrichen, warum er zu den besten und begehrtesten Angreifern der Liga zählt. Der Franzose, der vor der Saison ablösefrei aus Nantes kam und noch bis 2027 an die Hessen gebunden ist, sammelte seine 19. Torbeteiligung im 17. BL-Spiel, klarer Bestwert in der Liga. In den vergangenen fünf Ligaspielen waren es sogar sieben!

Mit seinem Treffer, bei dem er Upamecano ganz alt aussehen ließ und Sommer aus kurzer Distanz überwand, besorgte er nicht nur seiner Mannschaft den neunten Punkt nach Rückstand (nur Köln hat mit zwölf mehr), sondern zeigte eindrucksvoll, wie wichtig ein torgefährlicher Mittelstürmer sein kann - auch den Bayern. Diese haben zwar mit Eric Maxim Choupo-Moting eine der Cinderella-Stories der Saison in ihren Reihen, der Kameruner hat sich seinen Platz in der Stammformation aufgrund seiner Torquote fraglos verdient. Aber klar ist: Ein Mann für die mittel- und langfristige Zukunft ist er nicht - und dass der 33-Jährige die beste Lösung für einen Verein wie den FC Bayern in den ganz großen Spielen ist, darf zumindest angezweifelt werden.

Kolo Muani, der dreimal für Frankreich bei der WM zum Einsatz kam (79 Minuten im Finale), verkörpert viele Eigenschaften, die für den FCB interessant sein sollten: eine gewisse Körperlichkeit, Tempo, Abschlussstärke und sogar Qualitäten im finalen Zuspiel. Gerüchte um einen Wechsel zu einem größeren Klub gibt es logischerweise längst, zuletzt berichtete die Sport Bild, dass die Bayern den Spieler beobachten.

Kolo Muani: "Bayern kann sich jeder Spieler vorstellen"

Entsprechende Spekulationen heizte dessen Berateragentur MDC Advisors zuletzt an: "Bayern ist ein Weltklasse-Klub, jeder Spieler kann sich das vorstellen. Und auch bei Randal können wir uns die Antwort denken", ließ diese sich von der Münchner Abendzeitung zitieren. Ein Wechsel im Winter sei jedoch kein Thema. Und der Spieler selbst? Dieser sagte nach dem Bayern-Spiel ähnliches: "Bayern München ist eine große Mannschaft, jeder Spieler träumt davon, bei großen Vereinen zu spielen. Ich konzentriere mich aber einfach auf das Hier und Jetzt." Ein Bekenntnis über die Saison hinaus klingt anders.

Auch Trainer Oliver Glasner ist sich bewusst, dass die Möglichkeiten der Eintracht begrenzt sind, wenn die großen Teams locken: "Wir haben nicht so viel Geld wie die Bayern", sagte er, mache sich aber aktuell "keine Gedanken, was im Sommer sein wird. Kolo ist bei uns gut aufgehoben." Nicht zum ersten Mal würde sich Bayern für den Sturm in der Bundesliga bedienen - man denke an Mario Gomez, Miroslav Klose oder Mario Mandzukic -, die Eingewöhnungszeit wäre entsprechend kurz. Angesichts des langfristigen Vertrags von Kolo Muani wäre dies sicherlich ein teures Unterfangen.

Mindestens bis nach der Saison müssen die Münchner jedenfalls andere Lösungen finden, ob mit Choupo-Moting, dem jungen Mathys Tel oder einem Stürmer Müller, von dem Nagelsmann forderte, "in manchen Situationen egoistischer, weniger selbstlos" zu sein. Der Druck wächst - auf Müller, auf Nagelsmann, auf alle.

"Mir ist es lieber, dass wir jetzt durch eine schwierige Phase gehen als am Ende der Saison", stelle Kahn klar, rätselte aber gleichzeitig, "warum wir im Moment unsere PS nicht auf die Straße bekommen". Nagelsmann hingegen ist "sehr weit weg" davon, von einer Krise zu sprechen, es sei allerdings notwendig, "schnell in einen Lauf" zu kommen, "es kommen wichtige Spiele." Los geht es mit diesen in Mainz: "Es ist kein Wunschkonzert. Wir müssen mit der Situation klar kommen und haben gar keine andere Wahl, als in Mainz zu gewinnen", erklärte Müller.

Bundesliga: Tabelle nach den Samstagsspielen

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Bayern München1852:163637
2.Union Berlin1831:22936
3.RB Leipzig1839:241535
4.Freiburg1829:25434
5.Eintracht Frankfurt1837:261132
6.Borussia Dortmund1731:25631
7.Wolfsburg1836:221429
8.Borussia M'gladbach1834:29525
9.Bayer Leverkusen1730:28224
10.Werder Bremen1829:37-824
11.Mainz 051826:29-323
12.Köln1729:31-221
13.Hoffenheim1826:31-519
14.Augsburg1823:33-1018
15.Stuttgart1822:32-1016
16.Bochum1819:44-2516
17.Hertha BSC1820:32-1214
18.Schalke 041714:41-279