"Über Heiners Aussagen amüsiert"

Hanning spricht bezüglich Heiner Brand Klartext
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SPOX: Heißt, Freundschaft ist mit Vorsicht zu genießen im Handball, aber wohl generell in jedem Business.

Hanning: Ich weiß, dass es im Leben viele Freunde auf Zeit gibt. Viele Leute mögen mich aufgrund meiner Funktion, das kann ich realistisch genug einschätzen. Ich habe mir im Leben vorgenommen, mich nicht zu verbiegen. Ich bin ehrlich und geradlinig - und ich spreche auch unbequeme Dinge an, wenn es sein muss. Als ich festgestellt habe, dass es im Verband Veränderungen bedarf, war mir klar, dass ich die Härte zu mir selbst haben muss, das auszuhalten. Auch wenn mir viele geraten haben, dass ich mir das nicht antun solle. Es ist immer dann schwierig, wenn nicht mehr das Erreichte zählt, sondern das Erzählte reicht. In meinem Programm, das ich 2012 auf die Beine gestellt habe und auf dem die Agenda 2020 in Teilen basiert, habe ich einen klaren Plan dargelegt. Wir kümmern uns zuerst um die Männer-Nationalmannschaft, danach um die Finanzen und dann um die Frauen-Nationalmannschaft. Das war die genau richtige Prioritätenliste, nach der ich auch einstimmig gewählt wurde. Dass man dennoch mit Vorwürfen konfrontiert wird, dass man andere Dinge nicht maximal verfolgt hat, damit muss ich wohl leben und standhaft bleiben. Wenn du immer bei der Wahrheit bleibst, brauchst du auch nicht zu überlegen, wem du was erzählst. Das ist ein kluger Spruch. Das gleiche gilt auch für die Arbeit mit meinen jungen Spielern. Und wenn ich dann sehe, dass es keinen Spieler gibt, der sich in der Sommerpause oder an Weihnachten nicht bei mir meldet, dann ist es das, was für mich wichtig ist. Was andere über mich denken, abgesehen von meinem inneren Zirkel, ist mir völlig egal.

SPOX: Aber was macht es mit Ihnen, wenn Heiner Brand, DIE deutsche Handball-Persönlichkeit und auch noch ein alter Weggefährte, Ihnen Narzissmus vorwirft, Sie für die Spaltung im DHB verantwortlich macht, Ihnen vorwirft, dass Sie Leute nur benutzen würden und auch er auf Sie hereingefallen wäre. Diese krasse Abrechnung können Sie ja nicht einfach wegwischen.

Hanning: Doch, ich kann das wegwischen und ich erkläre Ihnen auch warum. Um das Interview zu genießen, musst du das Interview ganz lesen. Auszüge reichen da nicht, man muss es wirklich ganz lesen, um die Absicht der Brandstiftung zu verstehen. Nur ein Beispiel: Wenn von Wettbewerbsverzerrung die Rede ist, weil ich auch in der HBL tätig bin. Mit Hotti Bredemeier hat er dieses Modell zwölf Jahre wunderbar zusammen gelebt und da war das alles kein Problem. Man kann jede seiner Aussagen auseinandernehmen. Es war letzten Endes so selbstentlarvend, dass ich es amüsiert zur Kenntnis genommen habe. Aber gut, für mich ist es okay.

SPOX: Gab es seitdem ein Gespräch, oder hätten Sie überhaupt Interesse?

Hanning: Ganz ehrlich: Ich glaube, dass es nichts mehr hinzuzufügen gibt. Was willst du dazu noch sagen? Also lassen wir es lieber.

SPOX: Unabhängig der Brand-Episode hat der deutsche Handball aufgrund der unbeschreiblichen Posse um das DHB-Präsidentenamt in diesem Jahr ein verheerendes Bild abgegeben. Jetzt ist seit dem Amtsantritt von Andreas Michelmann Ruhe eingekehrt. Wie bewerten Sie im Rückblick das Chaos?

Andreas Michelmann im SPOX-Interview: "Hilfe? Brand ist herzlich eingeladen"

Hanning: Wir haben leider einen Selbstzerstörungsmechanismus einzelner Personen erlebt, der für den Handball mehr als schädlich und völlig verantwortungslos war. Das war auch der Grund, warum ich mich sieben Monate dazu nicht geäußert habe. Mit allem, was ich gesagt hätte, hätte ich mich auf die gleiche Ebene begeben. Das wollte ich nicht und dafür musste ich dann einiges aushalten. Es ist zwischenzeitlich klar aus dem Ruder gelaufen und es ist auch unverzeihlich, aber ich hoffe einfach, dass die Beteiligten daraus gelernt haben und dem neuen Präsidenten jetzt die Möglichkeit gegeben wird, die erfolgreiche Arbeit in Ruhe fortzusetzen. Die Arbeit ist nämlich in allen Belangen erfolgreich. Wir haben wirtschaftlich gesehen ein so gutes Ergebnis wie viele Jahre nicht und wir haben eine komplette Umstrukturierung umgesetzt. Wir haben beispielsweise jetzt einen Sportdirektor und einen hauptamtlichen Nachwuchskoordinator, auch in der Aus- und Weiterbildung der Trainer sind wir jetzt viel professioneller aufgestellt. Es sind Erfolge sichtbar, aber in diesem Stil muss es jetzt auch weitergehen. Zwischendurch haben wir uns mit uns selbst beschäftigt, aber das ist nicht unser Auftrag. Wir müssen der Verantwortung, die wir für 800.000 Mitglieder haben, wieder gerecht werden. In der Vereinsarbeit kann man, wenn man will, von einer Sache leben. In der Verbandsarbeit muss man für eine Sache leben.

SPOX: Positiv ist auf jeden Fall das Bild, das die Nationalmannschaft zuletzt abgegeben hat. Auch wenn der Supercup mit Vorsicht zu genießen ist, macht es wieder Spaß, dem Team zuzuschauen.

Hanning: Umso trauriger war es, dass der Sport nach der tollen WM nicht mehr im Vordergrund stand. Es ist schön zu sehen, dass unser Weg funktioniert und dass wir sehen, dass die Veränderungen im Umfeld Früchte tragen. Dass ich merke, wie die Mannschaft von innen heraus brennt. Der Supercup war den Spielern nicht lästig, sie wollten ihn unbedingt gewinnen. Man spürt deutlich, dass sich etwas bewegt. Ich möchte das Wort Wildcard in meiner Amtszeit ehrlich gesagt auch nie wieder hören, wir müssen es ab jetzt immer aus eigener Kraft schaffen. Nichtsdestotrotz sehe ich es auch nicht alles rosarot, es werden auch Enttäuschungen auf uns zukommen. 2020 soll ein großer Erfolg stehen und wir nehmen jeden vorzeitigen Erfolg bis dahin gerne mit, aber wir werden Schwankungen unterlegen sein. Es ist toll, dass beim Supercup die zweite oder sogar dritte Mittelblock-Besetzung funktioniert hat, aber das heißt nicht, dass es bei einem großen Turnier auf höchstem Niveau auch funktioniert. Brasilien, Slowenien und Serbien in der Verfassung beim Supercup sind nicht Frankreich, Dänemark oder Kroatien - da bitte ich auch um eine richtige Einordnung. Ich warne vor zu großer Euphorie. Ich verspreche aber auch, dass unser Weg erfolgreich sein wird, wenn wir den Weg zusammen mit der Liga so weitergehen. Der Erfolg wird sich nicht vermeiden lassen. Die Bundesliga hat erkannt, dass sie etwas tun muss und wir können die Ergebnisse bereits sehen. Die erste Sieben der Junioren hat komplett auch zentrale Verantwortung bei ihren Männer-Mannschaften.

Seite 1: Hanning über Karriereplanung, Kritik am eigenen Coach und Feindschaften

Seite 2: Hanning über Heiner Brand und die Posse um das DHB-Präsidentenamt

Seite 3: Hanning über das Zuschauerinteresse und den FC Bayern im Handball

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