WM-Auftakt: "Das ist ja krank"

SID
Valero Rivera coacht das Team von Katar bei der Heim-WM
© getty

Katar hat zum WM-Auftakt ein Ausrufezeichen gesetzt. Die Multi-Kulti-Truppe von Startrainer Valero Rivera könnte sich zur Überraschung des Turniers aufschwingen - und steht mit ihren gekauften Fans sinnbildlich für den Irrsinn des katarischen Größenwahns.

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Auf den Rängen trommelten und tanzten die spanischen "Leiharbeiter", auf dem Feld wirbelten die Stars aus aller Herren Länder: Seine Majestät Scheich Tamim bin Hamad Al Thani konnte zufrieden sein. Doch während das katarische Staatsoberhaupt den gelungenen WM-Auftakt seiner Multi-Kulti-Truppe gegen Brasilien (28:23) bejubelte, sorgten die gekauften Fans für kollektives Kopfschütteln in der Handball-Szene.

"Das ist ja krank", sagte Tobias Karlsson, Kreisläufer der SG Flensburg-Handewitt und Kapitän der schwedischen Nationalmannschaft, der schwedischen Tageszeitung Aftonbladet - und sprach vielen Anwesenden damit aus der Seele. Um für die Mannschaft des Gastgebers einen lautstarken Fanblock zu bilden, hatten die Katarer kurzerhand 60 spanische Schlachtenbummler einfliegen lassen und ihnen Flug, Hotel und Eintrittskarten spendiert.

"Zu Hause Vollgas geben"

Kurios: Die geliehenen Fans, die dem spanischen Verein Ciudad Encantada aus Cuenca angehören, müssen mit ihren Trikots, Trommeln, Trompeten und Saxofonen den Gastgeber auch im Gruppenspiel am 21. Januar gegen Titelverteidiger Spanien unterstützen. "Das wird mit Sicherheit ein komisches Gefühl", sagte Zuschauer Samuel Ruiz: "Aber wir werden natürlich auch gegen Spanien die Mannschaft aus Katar anfeuern und wie zu Hause Vollgas geben."

Eine ähnlich gute Arbeitseinstellung wie ihre "Fans" zeigte am Donnerstag die mit internationalen Stars gespickte Mannschaft von Weltmeister-Trainer Valero Rivera, die gegen den WM-Achtelfinalisten von 2013 schon mal ihre Muskeln spielen ließ. "Wir haben zwei Punkte. Mehr nicht", sagte der Spanier nach dem Sieg gegen Brasilien: "Nun gilt es, sich im Turnierverlauf zu steigern."

Mindestens das Achtelfinale, gerne das Viertelfinale, am liebsten gleich eine Medaille soll es nach Wunsch der katarischen Machthaber am Ende werden. Damit das gelingt, wurde reichlich geklotzt. Geld spielte bei der Kader-Zusammenstellung keine Rolle. So sollen die Spieler, die überwiegend bei katarischen Klubs unter Vertrag stehen, neben ihrem fürstlichen Grundgehalt eine Siegprämie von 100.000 Euro für jeden WM-Erfolg einstreichen. Pro Mann, versteht sich.

Gensheimer: Überraschung möglich

Aus allen Ecken der Welt wurden Spieler rekrutiert. "So etwas ist für uns schwer vorstellbar. Ich könnte das nicht", sagte DHB-Kapitän Uwe Gensheimer. Bekannteste Namen sind die früheren Bundesliga-Spieler Zarko Markovic und Keeper Goran Stojanovic. Aber auch der zweite Weltklasse-Torhüter Danijel Saric vom FC Barcelona, der gegen Brasilien 20 Bälle parierte, ist in der Szene ein Begriff.

Zur größten Stärke könnte in Doha die Tatsache werden, dass Katar ein eingespieltes Team hat. "Wenn eine Mannschaft ein halbes Jahr lang zusammen ist und wie eine Vereinsmannschaft trainiert, ist das ein großer Vorteil. Ich traue der Mannschaft einiges zu", sagte Gensheimer.

Eine kleine Kostprobe seiner neuen Qualität bewies das katarische Team mit dem erstmaligen Gewinn der Asienmeisterschaft im Herbst. Nun wollen und sollen Rivera und Co. bei der WM nachlegen.

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