"Die Explosion kam verzögert"

Von Interview: Christoph Köckeis
Johannes Bitter gewann mit den Hamburgern in diesem Jahr die Champions League
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SPOX: Und heftig war wohl auch die Fete danach...

Bitter: Wir haben in Köln mit allen Fans, die uns in die Lanxess Arena begleiteten und geblieben sind, ausgelassen gefeiert. Einige Busse wurden sogar von den Autobahnen zurückbeordert. Nach einem harten Wochenende waren wir sehr müde, total am Ende. Trotzdem hatten wir eine intensive Zeit.

SPOX: Abermals überragend: Hans Lindberg. Der Rechtsaußen wirkte mal wieder, als sei er nicht zu stoppen. Was zeichnet ihn aus?

Bitter: Wenn man Torschützenkönig in Königsklasse und Bundesliga wird, zeugt das von unheimlicher Qualität und hoher Effektivität. Auf diesem Niveau bekommt man wenige Würfe. Wir legen das Spiel darauf aus, dass er Chancen vorfindet. Er geht seinen Weg, ohne rechts und links zu blicken.

SPOX: Sie bahnten sich nach dem Kreuzbandriss vergangenes Jahr ebenfalls Ihren Weg zurück: Inwiefern war der Erfolg eine Bestätigung?

Bitter: Bestätigung hole ich mir nicht durch Titel. Es war die Krönung für die Mannschaft. Für mich war wichtiger, meinen Teil beizutragen, nicht heute 20 und morgen nur drei Bälle zu halten. Nach der Pause konnte ich meine Leistung abrufen. Dennoch wäre es gelogen zu sagen, ich freue mich nicht, im Finale wichtige Paraden zu liefern.

SPOX: Zumal Sie im Sommer schon das Karriereende in Betracht zogen. Was trieb Sie letztlich an, neu durchzustarten?

Bitter: Ich wollte nicht aufhören. Jedoch waren wir zu dem Zeitpunkt ratlos, in welche Richtung wir mit dem Knie arbeiten sollten. Zwangsläufig musste ich mir die Frage stellen: Was passiert, wenn die Genesung nicht positiv voranschreitet? Wie gehe ich damit um? Ich habe weitergeackert, neuen Mut geschöpft. Wir schlugen die unterschiedlichsten Wege ein, bis wir jenen fanden, der das Knie schonte und mich halbwegs schmerzfrei werden ließ.

SPOX: Wie schwierig ist es, sich einzugestehen, dass womöglich der Rücktritt droht?

Bitter: Die Gedanken daran haben mir geholfen, zu relativieren und zu hinterfragen. Wir als Profis leben nicht die Realität. Wir dürfen einen geilen Beruf ausüben. Im Endeffekt bleibt es nur Sport. Das Leben nach der Karriere ist viel länger. Ich habe Familie und Freunde, für die ich nicht der Torhüter bin, sondern der Privatmensch. Ihnen ist vollkommen egal, ob ich Handball spiele.

SPOX: Sieht man derzeit, gestärkt durch dieses Wellenbad der Gefühle, den besten Johannes Bitter aller Zeiten?

Bitter: Das sollten andere bewerten. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden mit meinem derzeitigen Spiel. Trainer Martin Schwalb bringt mir eine Menge Vertrauen entgegen. Was mich wirklich beruhigt, ist die Konstanz. Wenn schließlich ein paar herausragende Momente dabei sind, umso schöner.

SPOX: Die starken Auftritte wecken Begehrlichkeiten im DHB-Team: Sie haben 2011 bei SPOX ein Comeback nicht ausgeschlossen. Wann ist die Zeit dafür gekommen?

Bitter: Daran hat sich in den vergangenen Monaten nichts geändert. Kürzlich wurde ich zum dritten Mal Vater, freue mich auf die folgenden Wochen. Die Nationalmannschaft bleibt eine Herzensangelegenheit. In meinem Leben, mit dem was ich vorhabe, hat es nicht die allerhöchste Priorität. Ich möchte meine Freizeit einteilen, meinem Knie Ruhepausen gönnen. Man wird sehen, was die Zukunft bringt.

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