"So einen Teamgeist habe ich selten erlebt"

SID
DHB-Captain Oliver Roggisch hat neben 2 Toren in der Vorrunde 6 Blocks verbucht
© Getty

DHB-Kapitän Oliver Roggisch spricht vor dem WM-Achtelfinale in Spanien gegen Mazedonien (So., 15.30 Uhr im LIVE-TICKER) über den grandiosen Sieg gegen Weltmeister Frankreich und blickt auf das Duell mit Kiril Lazarov und Co. voraus.

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Liebe Handball-Freunde,

am Sonntag stehen die ersten Achtelfinal-Spiele auf dem Programm - jetzt geht das Turnier erst richtig los! Die Stimmung bei uns könnte nach dem Sieg gegen Frankreich, wie Ihr Euch sicher denken könnt, nicht besser sein. Aber wir haben den Erfolg nicht groß gefeiert, es gab einfach keinen Grund zu feiern, weil wir im Endeffekt ja noch nichts erreicht haben.

Es war schön, gegen so einen Gegner zu gewinnen, aber mehr auch nicht. Wir haben den Fokus sofort noch am Freitagabend auf die K.o.-Runde gelegt, jetzt kommen ja die Spiele, in denen es um die Wurst geht!

Wer das Spiel gegen Frankreich gesehen hat, der hat sicher auch gesehen, dass wir ein riesiges Selbstvertrauen getankt haben. Wir wissen, was wir können. Wir können ein hohes Tempo gehen, wir haben unsere Abwehr stabilisiert - und die Torhüter-Leistung ist jetzt so, wie wir sie brauchen.

Mir egal, was die Mazedonier denken

An dieser Stelle muss ich noch mal ein Wort zu meinem Zimmergenossen Carsten Lichtlein sagen, der zwar wenig gespielt hat bis jetzt, aber gegen Argentinien zur Stelle war. Das ist genau das, was ihn so auszeichnet. Er kann von der Bank kommen und ein Spiel drehen oder mitentscheiden. Deshalb setzt der Bundestrainer ja auch auf ihn. Gegen Frankreich hatte er am Ende auch eine wichtige Aktion bei einem 7-Meter.

Wir müssen jetzt so weitermachen und den Schwung aus dem Frankreich-Spiel mitnehmen. Wir wissen genau, dass wir alles reinlegen müssen gegen Mazedonien, sonst wird es schwierig. Ich habe keine Ahnung, ob die Mazedonier im letzten Gruppenspiel gegen Dänemark absichtlich Tempo rausgenommen haben, weil sie lieber gegen uns statt Frankreich spielen wollten. Was die Mazedonier denken, ist mir vollkommen egal.

Was ich weiß: Wenn wir unsere Leistung bringen, können wir Mazedonien schlagen. Das haben wir im vergangenen Jahr ja auch bei der EM in Serbien bewiesen, als wir im Hexenkessel mit tausenden mazedonischen Fans kühlen Kopf behalten haben. Wir müssen uns vor keiner Mannschaft verstecken.

Mittelweg finden gegen Lazarov

Mit Kiril Lazarov hat Mazedonien natürlich einen überragenden Angriffsspieler in den Reihen. Lazarov ist nicht nur ein guter Shooter, er setzt auch den Kreisläufer extrem gut ein. Wir müssen einen guten Mittelweg finden, ihn einerseits offensiv attackieren, aber auch nicht zu sehr. Wir müssen auch auf unsere Keeper vertrauen, dass sie ein paar Bälle von ihm halten.

Lazarov ist in der Entscheidungsfindung schon sehr gut. Entweder er wirft selbst, oder er setzt seine Mitspieler ein, wenn man auf ihn drauf geht. Wir dürfen uns auch nicht zu sehr auf ihn konzentrieren, Mazedonien hat auch noch andere gute Spieler. Wenn wir die anderen im Griff haben, soll Lazarov ruhig seine Tore machen, das macht uns dann nichts.

Generell muss ich sagen, dass ich schon bei vielen Turnieren dabei war und wir wirklich eine außergewöhnliche Harmonie in der Truppe haben. Wir haben sehr viel Spaß zusammen. Man hat schon in der Vorbereitung gesehen, dass es einfach passt und alle Spaß haben, trotz der harten Einheiten.

Frankreich bleibt der Topfavorit

Und Spaß zu haben, ist eben die Grundvoraussetzung, um seinen Job gut machen zu können. Die Charaktere passen super zusammen. Wir haben Junge im Team, die frischen Wind reinbringen, die älteren Spieler tragen ihren Teil bei - der Bundestrainer hat bei der Zusammenstellung des Kaders Fingerspitzengefühl bewiesen. So einen Teamgeist habe ich selten erlebt.

Nach der Niederlage gegen Tunesien haben wir eine Reaktion gezeigt und zuletzt zwei gute Spiele gemacht. Daran sieht man, wie gefestigt die Mannschaft und wie groß der Zusammenhalt ist.

Trotzdem glaube ich nicht, dass wir nach dem Sieg gegen Frankreich unbedingt um die Medaillen mitspielen werden. Wir wollen jetzt Mazedonien schlagen und eine Runde weiterkommen - danach schauen wir dann mal, gegen wen es gehen würde.

Ich bin gespannt, wer die Medaillen am Ende unter sich ausmacht. Es werden wohl die üblichen Verdächtigen sein. Und die Franzosen sind für mich nach wie vor der Topfavorit.

Euer Oli Roggisch

Oliver Roggisch, 34, spielt seit 2007 bei den Rhein-Neckar Löwen. Der 1,99 m große Kreisläufer und Abwehrspezialist startete seine Karriere beim TuS Schutterwald, bevor es ihn zu Frisch Auf Göppingen zog. Weitere Stationen waren TuSEM Essen und der SC Magdeburg. Mit der Nationalmannschaft wurde er 2007 Weltmeister. Mehr Infos zum SPOX-Kolumnisten gibt's unter http://www.oliver-roggisch.de/.

 

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