Jetzt ist Frankreich fällig

Von Felix Götz
Nikola Karabatic (mit Ball) gewann 2011 mit Frankreich den WM-Titel
© Getty
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9. Schweden

Platz vier bei der Heim-WM 2011 war eine faustdicke Überraschung. Daran werden die Skandinavier aller Voraussicht nach nicht anknüpfen können. Besonders am Kreis hat das Trainer-Duo Staffan Olsson und Ola Lindgren keine Spieler von internationalem Topformat - zumindest offensiv. Zudem fallen mit Oscar Carlen (Kreuzbandriss) und Jonas Källman (Herzoperation) zwei wichtige Akteure aus.

Insgesamt haben die Schweden zwar keine schlechte Truppe, wirklich herausragend ist aber nur Kiels Kim Andersson, der mit 180 Länderspielen die meiste Erfahrung besitzt.

10. Ungarn

Ungarns größter Trumpf ist wohl Lajos Mocsai. Die Trainerlegende, die insgesamt neun Jahre in der HBL für Lemgo, Nettelstedt und Gummersbach gearbeitet hat, ist grundsätzlich tiefenentspannt. Dabei vergisst der 57-Jährige nie, Mängel in seiner sehr bestimmten Art deutlich anzusprechen. Das kommt bei den Spielern gut an, weshalb im Team der Ungarn ein guter Zusammenhalt herrscht. Für viel mehr als den Einzug in die Hauptrunde wird es trotzdem nicht reichen. "Das ist die Todesgruppe", sagt Mocsai über die Gegner Russland, Spanien und Frankreich.

Die Ungarn können befreit aufspielen, sie haben sich bereits einen Platz für ein olympisches Qualifikationsturnier gesichert. Ohne Druck will man für die ein oder andere Überraschung sorgen. Das gelingt aber nur, wenn die vielleicht größte Schwäche der Vorbereitung abgestellt werden kann. Bei Tempogegenstößen hatten die Ungarn zuletzt riesengroße Schwierigkeiten. Nicht dabei sein wird Laszlo Nagy vom FC Barcelona. Gut möglich, dass der 30-Jährige bald die spanische Staatsbürgerschaft annimmt und dann auch für Spanien Handball spielt.

11. Tschechien

"Vielleicht können wir durch die EM Kinder und ihre Eltern für den Handball begeistern", gibt Filip Jicha vom THW Kiel als Marschroute aus. Handball spielt in Tschechien nicht gerade die erste Geige, deshalb ist die Reise nach Serbien eine Art Werbetour. Dafür muss der ein oder andere Sieg her. Das Ziel: Mazedonien schlagen, somit die Teilnahme an der Hauptrunde sichern, und vielleicht gegen Deutschland oder Schweden für eine Überraschung sorgen.

Das wird nicht gerade leicht, denn die Tschechen haben kein Team von höchster Qualität. Unterschätzen sollte man die Truppe von Coach Martin Liptak trotzdem nicht. Mit Großwallstadts Keeper Martin Galia, Kiels Abwehrspezialist Daniel Kubes und dem offensiv so unglaublich starken Jicha haben die Tschechen für jeden Bereich zumindest eine Waffe.

Hanning zu den Plätzen 9 bis 11: "Schweden, Ungarn und Tschechien sehe ich auch in einer Gruppe, wobei die Schweden da die Nase vorn haben dürften. Ungarn hat eine gute Mannschaft, aber ohne Nagy geht viel Qualität verloren. Tschechien und Ungarn sind für mich gleichauf."

12. Norwegen

Im Februar wird er 40 Jahre alt, zuvor will es das norwegische Handball-Idol noch einmal wissen. Kreisläufer Johnny Jensen, der in der Heimat bei Notteroy IF seine Brötchen verdient, kehrt für die EM ins Nationalteam zurück. Er soll die Truppe mit seiner Erfahrung lenken, die Hauptrunde soll dabei herausspringen. Da gegen Island und Kroatien kaum etwas zu holen sein dürfte, ist die erste Partie gegen Slowenien quasi schon ein Endspiel.

Bitter für Norwegen: Torhüter Steinar Ege (Kopenhagen) ist körperlich völlig ausgebrannt, er kann nicht dabei sein. Für ihn steht mit Ole Erevik einer zwischen den Pfosten, der nicht gerade Weltklasse verkörpert. Die Hoffnungen ruhen neben Jensen nun auf dem Bundesliga-Quartett Borge Lund, Bjarte Myrhol (beide RN Löwen), Kenneth Ryvoll Klev und Kristoffer Kleven Moen (beide Bergischer HC).

13. Russland

Die fetten Jahre sind beim Rekordweltmeister längst vorbei. Und diesmal herrscht bei den Russen Panik. Der Grund: Sollte die Olympiaqualifikation nicht gelingen, werden dem Handball die Gelder gekürzt. Der Weg zurück in die Weltspitze wäre damit wahrscheinlich auf Jahre versperrt.

Da in der Vorrunde Frankreich, Spanien und Ungarn warten, ist ein Einzug in die Hauptrunde, geschweige denn die Olympia-Quali, eher unwahrscheinlich. "Wir müssen es schaffen, es führt kein Weg daran vorbei", sagt Trainer Wladimir Maximov trotzig, der neben der Nationalmannschaft auch den russischen Spitzenklub Chehovski Medvedi betreut, aus dem der Großteil der Nationalspieler rekrutiert wird.

14. Slowenien

Für den Vize-Europameister von 2004 dürfte es in Serbien nichts zu holen geben. Ein wichtiger Grund ist die Absage von Vid Kavticnik (Montpellier), der das Team mit tollen Leistungen in der Quali überhaupt erst zur EM geführt hat. Der frühere Kieler ist nicht etwa verletzt. Man munkelt, dass er die seit Jahren schwelenden Grabenkämpfe im slowenischen Verband satt hat. Zudem musste der Magdeburger Jure Natek wegen einer Leistenverletzung passen.

So ruhen die wagen Hoffnungen in der mit zahlreichen unerfahrenen Akteuren gespickten Truppe von Trainer Boris Denic auf den Rückraumspielern David Spiler (Zagreb), Uros Zorman (Kielce) und Rechtsaußen Dragan Gajic (Montpellier).

15. Slowakei

Das slowakische Team bewegt sich oft zwischen Welt- und Kreisklasse. Leider behalten dabei desaströse Vorstellungen deutlich die Oberhand. In der Vorbereitung auf diese EM gab es einen sensationellen Sieg gegen Frankreich, anschließend gegen das gleiche Team die höchste Pleite in der Geschichte des Landes - 18:37! Und bei der WM 2011 blamierte sich die Slowakei mit Platz 17 bis auf die Knochen. Dem Team fehlt es an starken Charakteren: Läuft es zu Beginn einer Partie nicht, bricht zu häufig alles auseinander.

Bei der EM wird es gegen Serbien, Dänemark und Polen wahrscheinlich drei Pleiten geben. Daran wid auch der unumstrittene Topstar im Team, Martin Stranowsky (Ademar Leon), nichts ändern.

16. Mazedonien

Für Mazedonien ist es schon ein toller Erfolg, nach 1998 zum zweiten Mal bei einer EM dabei zu sein. Deshalb ist beim krassen Außenseiter die Euphorie riesig. Man setzt dabei vor allem auf die Fans. In Nis, nur 200 Kilometer von der mazedonischen Hauptstadt Skopje entfernt, werden jeweils 2500 der 4000 Zuschauer aus Mazedonien kommen - Hexenkessel-Garantie!

Rein sportlich hat die Mannschaft von Trainer Zvonko Sundovski deutlich weniger Eisen im Feuer. Neben Weltklasse-Rückraumspieler Kiril Lazarov (Atletico Madrid) dürfte nur noch Naumce Mojsovski, der in der Heimat bei HC Metalurg aktiv ist, für richtig starke Auftritte in Frage kommen.

Hanning zu den Plätzen 12 bis 16: "Norwegen, Slowenien, Mazedonien, Russland und die Slowakei sind für mich die Außenseiter. Da entscheiden dann Nuancen. Wobei die Russen schwer einzuschätzen sind. Sie könnten eventuell überraschen, wäre da nicht die Todesgruppe, die eine bessere Platzierung sehr unwahrscheinlich macht."

Plätze 1 bis 8: Vorne alles klar, aber wer wird Fünfter?

Der Spielplan der Handball-EM 2012

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