Dresrüsse: "Es fehlt nicht an Talenten"

Von Interview: Marie Heller
Torwart Nils Dresrüsse wechselt im Sommer zum TBV Lemgo
© Imago

Nils Dresrüsse gilt als kommender Nationaltorwart. Im Interview spricht der 20-Jährige über seinen Wechsel zum TBV Lemgo, seine zahlreichen Facebook-Freunde - und über sein liebstes Hobby.

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SPOX: Herr Dresrüsse, bevor wir zum Sportlichen kommen: Sie besitzen, wie viele in Ihrem Alter, ein Facebook-Profil. Nutzen Sie das soziale Netzwerk auch, um mit Fans in Kontakt zu treten?

Nils Dresrüsse: Ich habe mittlerweile 840 Freunde auf Facebook. 500 Kontakte kenne ich persönlich oder vom Sehen. Den Rest kenne ich nicht. Mittlerweile sind auch einige Fans unter meinen Freunden zu finden. Einige von ihnen haben mich schon über Facebook angeschrieben, nachdem ich meinen Wechsel zum TBV Lemgo bekannt gegeben hatte.

SPOX: Sie sprechen es an, ab dem 1. Juli spielen Sie als zweite Kraft hinter Nationaltorwart Carsten Lichtlein beim TBV Lemgo. Welche Erwartungen und Ziele knüpfen Sie an Ihren Wechsel?

Dresrüsse: Lemgo spielt in der Bundesliga und ich werde dort ein anderes und vor allem größeres Umfeld kennenlernen. Ich habe die Chance, weiter zu reifen und ich freue mich einfach auf die Aufgabe. Es wird eine Herausforderung für mich. Ich werde viel von Carsten Lichtlein lernen können.

SPOX: Sie spielen nun seit sechs Jahren beim GWD Minden. Fällt Ihnen der Abschied schwer?

Dresrüsse: Der Abschied fällt mir sehr schwer. Es war keine leichte Entscheidung, Minden zu verlassen. Ich fühle mich mit dem Verein eng verbunden. Sechs Jahre beim GWD sind kein Pappenstiel. Nur weil ich in Lemgo unterschrieben habe, heißt das nicht, dass ich meine Zeit in Minden abgehakt habe. Ich gebe für den Verein weiter hundert Prozent - ob im Training oder im Spiel. Ich hoffe, dass wir den Aufstieg noch schaffen. Ich verdanke dem Verein sehr viel und will ihm etwas zurückgeben.

SPOX: Welches Erlebnis werden Sie wohl immer mit dem GWD Minden verbinden?

Dresrüsse: In erster Linie muss ich da mein erstes Bundesliga-Spiel nennen. Damals haben wir gegen Dormagen im Abstiegskampf gespielt. In der 45. Minute habe ich einen Siebenmeter gehalten. So ein Erlebnis vergisst man nicht so schnell.

SPOX: Woher rührt eigentliche Ihre Begeisterung für den Handball-Sport?

Dresrüsse: Das liegt vor allem an meinen familiären Wurzeln. Mein Vater spielte in Bielefeld und meine Mutter in Schleswig-Holstein in der Oberliga. Neben dem Handball habe ich bis zur C-Jugend Fußball gespielt. Allerdings war ich dort kein Keeper, sondern habe im defensiven Mittelfeld gespielt. Der Handball hat mir aber immer mehr zugesagt.

SPOX: Der Job als Handballtorwart ist aber nicht ungefährlich, man bekommt so einige Würfe ab, auch mal mitten ins Gesicht.

Dresrüsse: Das stimmt, aber wenn man während des Spiels angespannt ist, schmerzt die Härte der Bälle nicht mehr so. Ich kenne auch gar nichts anderes, seit meinen ersten Handball-Versuchen stehe ich im Tor.

SPOX: Was ist für Sie das Besondere am Handball-Torwart-Dasein?

Dresrüsse: Du kannst dich im Spiel durch deine eigene Leistung sehr einbringen, das fasziniert mich. Ein Torwart hat den Spielausgang mit in der Hand. Wenn ein Keeper viele Bälle hält, ist er oftmals der Matchwinner. Der Torwart ist eine wichtige und entscheidende Position im Handball.

SPOX: Einige Erfolge hatten Sie schon. 2008 wurden Sie mit der Jugend-Nationalmannschaft in Tschechien Europameister. Wie fühlte sich der erste große internationale Titelgewinn an?

Dresrüsse: Das war ein sehr schönes Erlebnis, weil ich mich mit den besten Spielern Europas messen konnte. Wenn man bei einer EM auf einen Aron Palmarsson vom THW Kiel trifft, ist das schon eine ganz besondere Sache. Wir haben uns verewigt - den Titel Europameister 2008 kann uns keiner mehr nehmen. Es hat sich gelohnt, dass die Mannschaft sehr viel Zeit und Kraft für die EM geopfert hat. Ich habe damals auf meinen Urlaub verzichtet.

SPOX: Im Juli 2011 geht es mit den Junioren zur Weltmeisterschaft nach Griechenland. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?

Dresrüsse: Bei der EM 2010 in der Slowakei galten wir als Titelfavorit und sind im Halbfinale gegen den späteren Turniersieger Dänemark ausgeschieden. Wir hatten damals keinen guten Tag. Im Handball sind viele Spiele von der Tagesform abhängig. Damals haben wir nur ganz knapp verloren - an einem anderen Tag hätten wir vielleicht gewonnen. In Griechenland wollen wir auf jeden Fall eine Medaille holen.

SPOX: Vor der diesjährigen WM hat Sie Bundestrainer Heiner Brand für die Vorbereitung in Ammersee eingeladen. Eine große Ehre und Würdigung Ihrer sportlichen Leistung. Sehen Sie sich selbst als Nachwuchsstar der deutschen Nationalmannschaft?

Dresrüsse: Soweit würde ich nicht gehen. Ich stehe am Anfang und muss noch sehr viel an mir arbeiten. Dann wird man sehen, was sich in Zukunft entwickelt. Es ist ein großer Schritt bis ins A-Team. Über die Nationalmannschaft mache ich mir momentan noch gar keine Gedanken.

SPOX: Wie haben Sie die enttäuschende WM der A-Mannschaft erlebt?

Dresrüsse: Es war traurig und schade, wie das deutsche Team abgeschnitten hat. Ich muss allerdings zugeben, dass ich viele Spiele der Nationalmannschaft gar nicht verfolgen konnte, weil ich zu den Spielzeiten oftmals Training hatte.

SPOX: Wie sehen Sie generell die Zukunft der deutschen Nationalmannschaft?

Dresrüsse: Ich bin mir sicher, dass es wieder bergauf geht. Die Mannschaft hat trotz einer enttäuschenden Gesamtleistung gezeigt, was sie drauf hat. Wir müssen nur mal das Spiel gegen Island nehmen. Da hat die Mannschaft doch bewiesen, dass sie auch mit den ganz großen Nationen mithalten kann. Das deutsche Team muss nur mehr Konstanz in sein Spiel bekommen, dann wird das auch wieder.

SPOX: Was sagen Sie zur Situation in der Bundesliga. Bekommen die Talente zu wenige Chancen in Deutschland?

Dresrüsse: Generell sollte man bei dieser Thematik auf die Vergangenheit schauen und daraus lernen. Früher war der deutsche Handball auch erfolgreich, weil junge Spieler immer eingebunden worden sind. Es ist schade, wenn das momentan nicht der Fall ist.

SPOX: Würden Sie sagen, dass es in Deutschland also an der Nachwuchs-Förderung hapert?

Dresrüsse: Wir müssen einfach festhalten, dass es in Deutschland eine gute Junioren- und Jugend-Nationalmannschaft gibt. Die Junioren sind 2009 Weltmeister geworden und die Jugend-Nationalmannschaft 2008 Europameister. Dem Handball fehlt es also nicht an Talenten. Vielleicht muss der Handball-Nachwuchs aber selbst ein wenig mehr Initiative ergreifen und sich einbringen.

SPOX: Letzte Frage: Was machen Sie, wenn Sie nicht das Handball-Tor hüten?

Dresrüsse: Ich fahre ein bis zweimal im Jahr zum Angeln. Dadurch finde ich Ausgleich und Ruhe. Ich bin zwar kein Profi-Angler, aber ich bin gerne am See und werfe dann meine Angel vom Boot aus. Man kann nicht nur Handball im Kopf haben. Es ist wichtig, wenn man mal abschalten kann.

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