"Ein Baby namens LeBron..."

Von Interview: Anant Agarwala
Den Pokal gewonnen, aber die Meisterschaft mit dem HSV verspielt: Pascal Hens und Matthias Flohr
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SPOX: Lassen Sie uns zum Sportlichen kommen. Es hat nicht mehr geklappt mit dem Titel. Welcher Niederlage trauern Sie am meisten nach: Kiel, Gummersbach oder Göppingen am Anfang der Saison?

Flohr: Man kann nicht jedes Spiel gewinnen, Ausrutscher passieren. Wenn man die Ausrutscher trotzdem so gering halten kann, dass man ein Endspiel gegen Kiel hat, ist das das entscheidende Spiel.

Hens: Ich denke, man kann das mit einem großen Turnier vergleichen. Als wir Weltmeister wurden, haben wir in der Vorrunde gegen Polen verloren. Aber wenn du im Finale stehst, dann zählt's. Und das haben wir gegen Kiel leider verloren.

SPOX: Nach dem Spiel gegen Kiel hatten Sie von einer "Lähmung" gesprochen, die auf dem Feld zu spüren war. Wäre Mentaltraining, wie es im Fußball üblich ist, für Sie ein Thema?

Hens: Bei der Nationalmannschaft haben wir das ab und zu gemacht, hier in Hamburg noch nicht. Ob es was bringt, muss jeder für sich wissen.

SPOX: Was sagt der Sportstudent dazu?

Flohr: (lacht) Als Sportstudent schaut man natürlich auch auf Dinge, die man noch verbessern kann, ob im Krafttraining oder auf psychologischer Basis. Aber Handball muss man als Spiel auffassen. Man kann sicherlich noch das ein oder andere Prozent rauskitzeln, aber das Gros bleibt immer das Spiel.

SPOX: Nach der Niederlage gegen Kiel war Kritik aus dem Management zu lesen, dass es einigen Spielern wohl zu gut gehe. Haben Sie sich angesprochen gefühlt?

Hens: Wenn man so etwas liest, macht man sich natürlich Gedanken. Aber man darf auch nicht alles glauben, was in der Presse steht. Wir haben das intern besprochen und ausgeräumt.

SPOX: Dennoch: Haben Sie überlegt, ob die Kritik berechtigt ist?

Flohr: Wichtig ist, dass wir das intern geklärt haben. Wir haben die Kritik angenommen und damit ist die Sache erledigt.

SPOX: Abgesehen von den verpassten Titeln war es die beste Saison aller Zeiten. Wo sehen Sie dennoch Entwicklungspotenzial?

Flohr: Wir habe Typen in der Mannschaft, die sich immer verbessern wollen. Nach dem Training macht die Hälfte der Mannschaft noch Wurftraining oder wir unterhalten uns über Spielsituationen. Wir sind alle schon lange im Verein und wollen den Erfolg so unbedingt, dass sich jeder verantwortlich fühlt - für die Mannschaft und den Verein.

Hens: Man muss sich immer weiterentwickeln wollen, sonst kann man auch aufhören. Dann tritt das ein, was Sie eben mit dem Zeitungsartikel erwähnt haben: dann geht es einem zu gut.

SPOX: Aller Voraussicht nach wird sich der HSV personell weiterentwickeln: Mimi Kraus wird von den Medien als möglicher Neuzugang gehandelt. Haben Sie Kontakt zu ihm?

Flohr: Ich halte mich an das deutsche Rechtssystem und äußere mich zu laufenden Verfahren nicht (lacht).

Hens: Zu mir ist noch nichts durchgedrungen. Wenn Sie Recht haben, ist er dann ja schon längst bei uns.

SPOX: Mit Duvnjak und Gille gibt es bereits starke Spieler für Kraus' Position. Könnte das - sollte er tatsächlich kommen - zum Problem werden?

Hens: Wenn du in jedem Training das Beste aus dir rausholen musst, weil du sonst nicht spielst, kann das nur positiv für eine Mannschaft sein. Mimi hat individuelle Klasse, das hat er zuletzt im EHF-Pokalfinal-Rückspiel (12 Tore gegen Schaffhausen, Anm. d Red.) wieder gezeigt. Er ist ein sehr schnellkräftiger Spieler, der einer Mannschaft sehr hilfreich sein kann. Ich sehe da kein Problem drin.

SPOX: Mit Kraus käme schon der sechste deutsche Nationalspieler zum HSV. Matthias, Sie sind seit letztem Winter dabei, wurden aber vor der EM aus dem Kader gestrichen. Wie sehen Sie Ihre Rolle bei Heiner Brand?

Flohr: Ich bin jetzt wieder mit im Kader bei den WM-Playoffs. Ich freue mich über jede Einladung und hoffe, gute Leistungen zu bringen. Das Schöne ist doch: Man braucht als Spieler nur sein Bestes zu geben - und muss die Entscheidung dann zum Glück nicht treffen.

SPOX: Ihr Ziel dürfte dennoch die WM in Schweden im nächsten Jahr sein...

Flohr: Das Ziel ist zunächst, die Griechen zu schlagen, damit überhaupt irgendwer zur WM fährt (lacht). Sollte uns das gelingen, möchte ich natürlich mitfahren.

SPOX: Wie schätzen Sie das Duell mit Griechenland ein?

Flohr: Wir kennen viele Spieler aus der Bundesliga, die auch Führungsspieler in ihren Vereinen sind. Aber sicherlich sind wir Favorit.

SPOX: Pascal, Sie haben als Nationalspieler seit Jahren einen vollen Terminkalender. Nervt es nicht manchmal, dass Sie fast nie Urlaub haben?

Hens: Natürlich, wenn du jedes Jahr im Januar eine Vorbereitung und ein Turnier hast, dann geht es an die Substanz, und man sehnt sich nach ein paar Pausen. Für die Spieler ist es sehr anstrengend und eigentlich zu viel. Aber für den Handball ist es gut, jedes Jahr ein großes Turnier zu haben und in der Öffentlichkeit zu stehen.

SPOX: Ist der volle Terminplan das Grundübel für die häufigen Verletzungen im Handball?

Hens: Handball ist ein sehr körperbetonter Sport. Und wenn man dann jede Saison viele Spiele für den Verein macht und ein Turnier spielt, ist es definitiv ein Grund für Verletzungen. Man sieht bei vielen Spielern, dass der Körper seine Auszeiten braucht.

SPOX: Wann war Ihr letzter richtiger Urlaub?

Hens: Im letzten Jahr nach meiner Hochzeit. Da war ich auf den Malediven und hatte einen schönen Urlaub. Allerdings war ich auch da angeschlagen und musste danach an der Achillessehne operiert werden.

SPOX: Neben den Playoff-Spielen steht auch noch eine USA-Reise mit der Nationalmannschaft an. Ist die Sommerpause bei Ihnen also schon verplant?

Flohr: Bei mir auf jeden Fall. Die Zeit, die mir noch bleibt, werde ich in der Uni verbringen. Bei mir fällt der Urlaub wohl flach.

Hens: Ich werde jetzt Papa und vielleicht auch noch eine Woche in den Urlaub fahren können. Das wird alles ganz spontan entschieden, je nachdem, wie es meiner Frau geht und wann das Kind kommt. Ob die Reise nach Chicago da Sinn macht, wird man sehen.

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