"Es gibt nur einen Ivano Balic"

Von Interview: Benny Semmler
Domagoj Duvnjak erzielte in dieser Saison bislang 44 Tore für den HSV Hamburg
© Imago

"The Next Big Thing": Domagoj Duvnjak gilt als kommender Superstar im Welt-Handball. Im SPOX-Interview spricht der 21-jährige Kroate über sein Leben in Hamburg, Vergleiche mit seinem Idol Ivano Balic - und über den angsteinflößenden Pascal Hens.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Duvnjak, jeden Tag zig neue Reporter-Anfragen. Haben Sie noch Lust auf Interviews?

Domagoj Duvnjak: Ich empfinde das nicht als anstrengend, mache das gerne und versuche möglichst vielen Anfragen nachzukommen. Mein Job ist ja nicht nur Handballspielen. Die Interessen der Medien sind inzwischen auch sehr wichtig geworden, wie es auch der Kontakt mit den Fans ist. Das habe ich vor allem in den letzten Monaten gelernt.

SPOX: Die lokale Presse scheint permanent auf der Suche nach neuen und exklusiven Geschichten über Domagoj Duvnjak zu sein. Wie finden Sie das?

Duvnjak: In Kroatien war es schon verrückt. Denn da war ich ja auch schon sehr gefragt. Die Menschen wollen offenbar etwas mehr von mir wissen. Aber klar, irgendwo sind dann auch Grenzen.

SPOX: Ein Thema, auf das Sie immer wieder angesprochen werden, ist Ihr Verhältnis zu Ivano Balic.

Duvnjak: Ich verstehe mich super mit Ivano. Schon in der Jugend war er mein Vorbild, und ich bewundere ihn heute noch. Er ist einfach ein genialer Spieler.

SPOX: In der Nationalmannschaft haben Sie während der Heim-WM die Rolle von Ivano Balic bravourös übernommen. Hätten Sie ein Problem damit, wenn wir schreiben, dass Sie der nächste Balic sind?

Duvnjak: Es ehrt mich sehr, wenn so etwas geschrieben wird. Aber Tatsache ist, dass ich von Ivano noch viel lernen kann. Ich bin ja erst 21. Und den Vergleich mit ihm kann ich wohl gar nicht verhindern. Aber ich komme auf die Frage gerne zurück und sage: Es gibt nur einen Ivano Balic.

SPOX: Dann reden wir jetzt mal über Ihre bisherigen Erfahrungen in Hamburg. Wie ist Ihnen die Umstellung von der kroatischen in die deutsche Liga gelungen?

Duvnjak: Super. Ich kann mich nach dem ganzen Transfer-Hickhack jetzt wieder voll auf Handball konzentrieren. Die Trainingsbedingungen beim HSV sind traumhaft. Die Truppe ist cool. Meine Freundin ist bei mir. Es gibt nichts zu meckern. Die Umstellung war echt einfach. Es war goldrichtig, nach Hamburg zu wechseln.

SPOX: Ist die deutsche Liga die beste der Welt?

Duvnjak: Darüber müssen wir nicht reden. Das ist absolut so. Diese Liga ist unglaublich stark. In Kroatien haben wir nur für die Champions League trainiert. In der Liga sind wir ja kaum gefordert worden, haben fast alle Spiele mit 15, 20 Toren Vorsprung gewonnen.

SPOX: Das waren noch Zeiten...

Duvnjak: ...und manchmal mussten wir uns mit den Handball-Frauen oder den Basketballern eine Halle beim Training teilen. Das gibt's hier nicht. Das Umfeld ist top. Jeder Angestellte gibt 100 Prozent. Das gefällt mir.

SPOX: Siege mit 20 Toren Vorsprung sind aber selten.

Duvnjak: Abschalten geht da nicht. Das stimmt. Die vermeintlichen Kleinen sind immer in der Lage, Spitzenteams zu besiegen. Das macht die deutsche Liga so attraktiv. Und die Zuschauer, und diese Hallen, und diese Stimmung. Das ist unfassbar.

SPOX: Sie sind für die Rekordablöse von einer Million Euro von Zagreb nach Hamburg gewechselt und sind damit zu einem der teuersten Handballspieler aller Zeiten aufgestiegen. Spüren Sie Druck?

Duvnjak: Sagen wir mal so: Mich beschäftigen diese Dinge - aber ich kann damit umgehen. Ich habe auch vorher mit dem Präsidenten und dem Trainer darüber gesprochen. Ich denke, wir bekommen das bislang ganz gut geregelt.

SPOX: Sie wirken auch nicht gerade wie der Glamour-Boy, der Millionen kassiert.

Duvnjak: Das würde auch nicht zu mir passen. Ich brauche das Team, genieße den Zusammenhalt. Siege mit dem HSV sind das Wichtigste.

SPOX: Sie wissen aber schon, dass Hamburg nicht Kiel ist. Dort sind die Titelchancen erfahrungsgemäß höher.

Duvnjak: Das mag in der Vergangenheit so gewesen sein. Aber ich habe mich für den HSV entschieden, weil ich hier einfach ein gutes Gefühl hatte. Und es gibt drei Wettbewerbe, in denen wir in dieser Saison eine gute Rolle spielen können. Ich habe uns überall auf dem Zettel.

SPOX: Wer ist der zurzeit beste Handballer der Welt?

Duvnjak: Da gibt es viele. Die Weltspitze ist einfach sehr, sehr breit. Da kann ich jetzt keinen Namen nennen. Das mache ich nicht.

SPOX: Wo sehen Sie sich?

Duvnjak: Ich finde solche Fragen immer schwierig. Ich kann nur sagen, dass ich noch jung bin und mich weiterentwickeln muss. Und irgendwann bin ich dann vielleicht mal ein richtig Guter.

SPOX: Was halten Sie eigentlich von Michael Kraus? Er ist Deutschlands bester Spielmacher.

Duvnjak: Mimi ist super. Ich mag seinen Stil. Keine Frage: Er bringt alles mit für einen großartigen Handballer.

SPOX: In einigen Wochen startet die Europameisterschaft. Kroatien ist der Top-Favorit. Oder sehen Sie das anders?

Duvnjak: Die EM ist ein knüppelhartes Turnier, schwieriger als eine WM, weil fast alle Teams um den Titel mitspielen können. Frankreich ist immer konstant stark. Die sind für mich - wenn es denn ein Team gibt - der Favorit. Aber wir sind auch stark, die Polen, die Deutschen. Wie gesagt: Die EM ist immer unglaublich.

SPOX: Haben Sie noch Angst vor den Deutschen? Das Team befindet sich in einem großen Umbruch.

Duvnjak: Klar, es ist ein junges Team. Aber die Deutschen verfügen immer über viel Potential. Ich finde es schade, dass Pascal Hens nicht dabei ist, auch wenn seine Absage gut für uns scheint. Vor ihm haben viele Gegner Angst.

SPOX: Sie leben in einem Haus mit dem Kollegen Igor Vori. Erzählen Sie mal, wie läuft das bei Ihnen ab. Spielen Sie auch Handball im Flur?

Duvnjak: Das nicht. Wir entspannen da lieber, gucken DVDs, quatschen viel oder gehen wie kürzlich auf den Weihnachtsmarkt.

SPOX: Sprechen Sie auch mal über geniale Momente?

Duvnjak: Wir reden zwar dauernd über Handball, aber komischerweise beschäftigen wir uns meistens mit den nicht so guten Aktionen.

SPOX: Die da waren?

Duvnjak: Das Heimspiel gegen Ciudad Real. Und Göppingen auswärts, unsere erste Saisonniederlage. Solche Spiele ärgern mich gewaltig.

SPOX: Dann zum Schluss: Was war der schönste Moment Ihrer Karriere?

Duvnjak: Ganz klar, als ich nach Hamburg gekommen bin. Aber das erste Mal, als ich mit 17 Ivano Balic getroffen habe, wird mir auch immer in Erinnerung bleiben. Ich war noch ganz frisch bei der Nationalmannschaft und wir hatten ein Testspiel. Irgendwann standen wir gemeinsam auf dem Parkett. Diese beiden Szenen sind für immer gespeichert.

Andrej Kogut im SPOX-Interview