Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schwenker

SID
Auch Ex-Kiel-Coach Noka Serdarusic ist ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten
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Die Staatsanwaltschaft hat gegen Kiels Manager Uwe Schwenker ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue eingeleitet. Ex-THW-Coach Serdarusic ist ebenfalls im Visier der Fahnder.

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Die Affäre um die massiven Manipulationsvorwürfe gegen Handball-Rekordmeister THW Kiel zieht immer weitere Kreise und hat jetzt sogar die Justiz auf den Plan gerufen.

Die Staatsanwaltschaft Kiel leitete am Montag ein Ermittlungsverfahren gegen THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker wegen Verdachts der Untreue sowie gegen den früheren Kieler Trainer Noka Serdarusic wegen Beihilfe dazu ein.

"Wir ermitteln mit Hochdruck"

Im Rahmen von mehreren strafprozessualen Maßnahmen sollen Mitarbeiter des Landeskriminalamtes und der Staatsanwaltschaft nach Informationen von "Spiegel Online" die THW-Geschäftsstelle sowie mehrere Privatwohnungen durchsucht haben. Schwenker selbst soll am Sonntagabend nach seiner Rückkehr vom Champions-League-Spiel gegen Ciudad Real/Spanien noch auf dem Flughafen von Beamten durchsucht worden sein.

"Der Anfangsverdacht hat sich am Ende der letzten Woche nach dem Abschluss der Prüfvorgänge erhärtet. Wann mit Ergebnissen zu rechnen ist, steht noch nicht fest. Wir ermitteln mit Hochdruck, es gibt da einiges zu tun", erklärte der Kieler Oberstaatsanwalt Uwe Wick.

Nielsen konkretisiert schwere Vorwürfe

Jesper Nielsen, Gesellschafter der Rhein-Neckar Löwen, konkretisierte die schweren Vorwürfe gegen den ehemaligen Kieler Trainer Serdarusic und THW-Manager Uwe Schwenker. "Ich kann bestätigen, dass mir von Serdarusic Casino-Belege und Kontoauszüge gezeigt wurden, die den THW belasten", sagte Nielsen dem der Tageszeitung "Mannheimer Morgen" (Dienstagsausgabe).

Der THW reagierte noch am Montagabend mit einer Stellungnahme, in der es hieß, es seien "weiterhin keinerlei belastbare Fakten bekannt, die diese Gerüchte bestätigen."

Brand: "Das ist negativ für unsere Sportart"

Bundestrainer Heiner Brand zeigte sich erschüttert über das vermeintliche Ausmaß der Affäre, die den Handball in seine größte Krise stürzen und für einen weitreichenden Skandal sorgen könnte. "Das Ganze ist sehr negativ für unsere Sportart. So etwas ist ärgerlich", sagte Brand dem sid und machte keinen Hehl daraus, dass er einen immensen Imageschaden im Handball-Mutterland befürchtet.

Der Handball-Bundesliga (HBL) lagen bis Montag aber weiterhin keine eindeutigen Beweise vor. "Es gibt verschiedene Behauptungen, aber weiterhin keine belastenden Unterlagen. Wir werden jetzt das weitere Vorgehen beraten", kündigte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann an und versicherte: "Die Sache wird sicher nicht im Sand verlaufen."

Im Rahmen der Auslosung der Viertelfinalpaarungen in der Champions League am Dienstagabend äußerte sich HBL-Präsident Reiner Witte konkreter: "Es wird keine weiteren Befragungen durch die HBL geben, aber wir werden unsere Unterlagen gerne der Staatsanwaltschaft und der EHF zur Verfügung stellen."

HBL liegen bislang keine Beweise vor

Allerdings bewertete Bohmann auch einen protokollierten Beschluss der Gesellschafter des Bundesligisten Rhein-Neckar-Löwen, in dem diese davon ausgehen, dass Schwenker und Serdarusic Schiedsrichter bestochen haben sollen, nicht als eindeutiges Belastungsmaterial. "Dieses Papier ist uns inzwischen vorgelesen worden. Wir haben es zur Kenntnis genommen, aber es ist kein Beweis", sagte der HBL-Chef.

Auch die Europäische Handball-Federation (EHF) schaltete sich am Montag in die Untersuchungen ein, die vor einer Woche noch als abgeschlossen galten, ehe die neuen Vorwürfe im Spiegel auftauchten.

EHF-Präsident Tor Lian forderte eine "konsequente Aufklärung". Eine etwaige Bestrafung in einem Manipulationsfall ist aber weder in den Statuten der HBL noch in denen des Deutschen Handball-Bundes (DHB) geregelt.

Nach Recherchen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" soll der THW Kiel bei mindestens zehn Champions-League-Spielen Schiedsrichter bestochen und sich auch den Finalsieg in der Königsklasse 2007 über die SG Flensburg-Handewitt mit 96.000 Euro erkauft haben.

Schwenker will die Sache klären

Schwenker hatte noch am Sonntagabend angekündigt, rechtliche Schritte gegen Personen einzuleiten, die solche "verleumderischen Gerüchte erfinden oder verbreiten". Um sich in vollem Umfang gegen die Anschuldigungen zu wehren, hatte Schwenker den THW um Urlaub gebeten. "Dem haben wir natürlich zugestimmt", erklärte THW-Gesellschafter Georg Wegner.

Gerüchte über einen Rücktritt Schwenkers bestätigten sich nicht, doch für diese Woche strich der Ex-Nationalspieler alle Termine. "Ich muss die andere Sache erst einmal klären", sagte Schwenker der "Hamburger Morgenpost".

Derweil hat Löwen-Manager Thorsten Storm ein wenig Licht in die verworrene Vertragsauflösung von Serdarusic gebracht. Der Erfolgscoach sollte ab der nächsten Runde die Badener trainieren, sagte dann aber am 25. Februar wegen "gesundheitlicher Probleme" ab.

"Es gibt Gerüchte. Und aufgrund derer haben wir uns entschlossen, den Vertrag mit Noka aufzulösen", erläuterte Storm dem "Mannheimer Morgen" und berichtete von einem pikanten Treffen des Löwen-Gesellschafters Jesper Nielsen und Schwenker am Rande der WM im Januar in Kroatien: "Uns wurde von Nielsen berichtet, dass Schwenker dort Manipulationen zugegeben hat."

Schiedsrichter-Betreuung soll sich ändern

Der deutsche Spitzen-Schiedsrichter Frank Lemme (Magdeburg) hat derweil eine mögliche Änderung in Sachen Referee-Betreuung bei Europacup-Einsätzen begrüßt. Anders als beim Fußball werden die Unparteiischen im Handball von Vertretern der gastgebenden Mannschaft betreut.

Damit sind einer möglichen Manipulation Tür und Tor geöffnet. "Wenn man etwas verbessern möchte, dann kann man ruhig zum Fußball rüberschauen und es bei uns auch so machen. Das ist ein konstruktiver Vorschlag, eine tolle Idee", sagte Lemme.

Geschäftsführer Piet Krebs vom HSV Hamburg geht sogar noch einen Schritt weiter. "Die Vereine sollten in Zukunft gar nicht mehr vorher wissen, welche Referees die Spiele pfeifen", meinte Krebs in der "Hamburger Morgenpost" und sieht in der Krise auch "eine Chance".

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