USA vorne - Super-Nico rettet Europa

Von Florian Regelmann
Rookie Nicolas Colsaerts feierte ein Debüt für die Geschichtsbücher
© Getty

Titelverteidiger Europa liegt nach dem 1. Tag beim Ryder Cup in Medinah gegen Team USA mit 3:5 in Rückstand. Rookie Nicolas Colsaerts verhindert mit einer außerirdischen Leistung eine vollkommene Fourball-Pleite und hält Europa damit vor Tag 2 (14.20 Uhr im LIVE-TICKER) ganz alleine im Rennen. Martin Kaymer enttäuscht. Tiger Woods kassiert zwei Niederlagen.

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Die Matches des Tages

1. Session: 4 Foursomes: 2:2

Jim Furyk/Brandt Snedeker vs. Rory McIlroy/Graeme McDowell Europe wins 1 up

Nachdem das nordirische Power-Duo die 2 mit einem Bogey abgegeben hatte, schlug es mit vier Birdies in Folge von der 4 bis zur 7 zurück und ging 1 auf. Startschuss war ein genialer Chip-in von McIlroy an der 4. Furyk/Snedeker reichte an der 8 ein Par, um das Match wieder auf All Square zu bringen, aber im Anschluss wurden McIlroy/McDowell immer dominanter. Birdie 9, Birdie 10, an der 11 reichte dann das Par zum Lochgewinn - Europa lag 3 auf und schien einem souveränen Sieg entgegenzusteuern. Aber nix da! Furyk/Snedeker fighteten sich auch dank dreier Birdies in Serie zurück - nach der 16 stand das Match plötzlich wieder A/S. Die Entscheidung fiel an der 18, als Snedeker seinen Drive nach rechts verzog und das US-Duo in der Folge nur das Bogey spielen konnte. McDowell hatte einen 2-Meter-Par-Putt zum Sieg - und wie man es von G-Mac gewohnt ist, lochte er ihn.

Phil Mickelson/Keegan Bradley vs. Luke Donald/Sergio Garcia USA wins 4&3

Nach der 8 führten Donald/Garcia noch 1 auf, nach der 11 stand das Match noch A/S - aber dann kamen Mickelson/Bradley mächtig in Fahrt. Sie gewannen die 12, 13, 14 und 15. Game over. Entscheidender Mann war Rookie Bradley, der zahlreiche Putts lochte, darunter eine Bombe zum Abschluss an der 15. Donald/Garcia spielten solide (Even Par), aber nicht mehr. Gegen den heiß laufenden Bradley zu wenig. Für Garcia (8-1-1-Bilanz) und Donald (6-1-0) war es als Duo und insgesamt die erste Foursomes-Niederlage ihrer Ryder-Cup-Karrieren.

Jason Dufner/Zach Johnson vs. Lee Westwood/Francesco Molinari USA wins 3&2

Dreimal lagen Westwood/Molinari auf der Front Nine (1, 4, 7) 1 auf, ehe Dufner sein Team mit Birdies an der 9 (spektakulär mit der letzten Umdrehung gefallen) und 10 zum ersten Mal in Führung brachte. Mit Lochgewinnen an der 15 und 16 machte das US-Duo dann den Sack zu. Insgesamt keine gute Vorstellung der Europäer (+1), vor allem von Westwood nicht.

Steve Stricker/Tiger Woods vs. Ian Poulter/Justin Rose Europe wins 2&1

Poulter/Rose hatten das Match von Beginn an unter Kontrolle. Es schlug sich aber lange nicht wirklich im Ergebnis wieder. Und das, obwohl Stricker und Woods größtenteils grauenvoll spielten (+3). Schon der erste Abschlag von Woods an der 1 war ein miserabler Quick Hook, an der 2 setzte Stricker den Ball ins Wasser. Und es wurde auch danach kaum besser. Bis auf wenige Ausnahmen spielte vor allem Woods abgrundtief schlecht. Wie sich später herausstellte, hatten die beiden auch Probleme mit den Bällen des Partners. Besonders Woods kam mit Strickers Ball überhaupt nicht zurecht. Auf Seiten der Europäer bewies Poulter einmal mehr seine Ryder-Cup-Qualitäten. An der 11 lochte er einen irren Bunkerschlag zum Birde - und an der 14 und 16 lochte er bärenstark zwei kritische Putts. Poulter gewann damit auch zum ersten Mal ein Match gegen Woods (zuvor 0-2).

2. Session: 4 Fourballs: 3:1

Bubba Watson/Webb Simpson vs. Paul Lawrie/Peter Hanson USA wins 5&4

Beide Duos hatten in den Foursomes passiert. Aber während das US-Duo aus dem amtierenden Masters- und dem amtierenden US-Open-Champion besteht, war die Paarung Lawrie/Hanson irgendwie nur aus der Verlegenheit geboren, um alle Spieler am ersten Tag auch mal zum Einsatz kommen zu lassen. Watson/Simpson rollten wie eine Lawine über ihre Gegner hinweg. Simpson notierte Birdies an der 1, 4 und 5, dann lief auch noch Watson (Birdies 3, 6, 7, 8) heiß. Nach der 8 führten Watson/Simpson nach 7 Birdies in 8 Löchern bereits 6 auf! Es war eine komplette Abreibung. Lawrie sorgte an der 11 zwar noch für den ersten Lochgewinn der Europäer, aber mehr als Ergebniskosmetik war nicht drin. Watson sorgte am 1. Tee nebenbei noch für eine typische Bubba-Szene. Er ermutigte die Fans zum Grölen und schlug dann mitten im Jubel ab. Das hat man im Golf überhaupt noch nicht gesehen. Irre.

Phil Mickelson/Keegan Bradley vs. Rory McIlroy/Graeme McDowell USA wins 2&1

Mickelson/Bradley erwischten einen Raketenstart. Mickelson mit dem Birdie an der 1, Bradley mit dem Birdie an der 2, Mickelson mit dem Birdie an der 3 - schon lag das US-Duo 3 auf nach 3. McIlroy/McDowell mussten die ganze Zeit diesem Rückstand hinterherlaufen und konnten das Match nicht mehr drehen. Zwar kamen sie nach einem zwischenzeitlichen 4-down-Rückstand (nach der 8) noch mal auf 2 down heran, aber für das große Comeback reichte es nicht. Dafür waren die Gegner erstens zu stark. Und zweitens lief bei McDowell am Nachmittag nur noch sehr wenig zusammen. Mickelson beendete das Match mit einem Traumabschlag an der 17 (Par 3), das Birdie war geschenkt und die Sache gelaufen.

Dustin Johnson/Matt Kuchar vs. Justin Rose/Martin Kaymer USA wins 3&2

Der Start war noch gut für die Europäer. Rose sorgte mit seinem Birdie an der 1 für die frühe Führung, aber die Freude war nur von ganz kurzer Dauer. Erst stellte Dustin Johnson mit einem Birdie an der 2 das Match auf A/S, dann notierte Kuchar von der 4 bis zur 7 vier Birdies in Serie für sein Team. Das US-Duo lag 3 auf und geriet eigentlich nie mehr wirklich in Gefahr. Rose (4 Birdies) wehrte sich zwar so gut es ging. Aber er hatte leider absolut null Unterstützung. Kaymer blieb ohne einziges Birdie. Bezeichnend: An der 13 packte Kaymer unter Druck (Rose war im Wasser) einen starken Tee-Shot aus, aber sein mit wenig Überzeugung ausgeführter Putt fiel nicht. Es ging absolut nichts zusammen. Par-Golf im Bestball bringt eben nichts. Neben Kaymer blieb nur Westwood ohne einziges Birdie am Nachmittag.

Tiger Woods/Steve Stricker vs. Lee Westwood/Nicolas Colsaerts Europe wins 1 up

Nach Tigers Vorstellung am Morgen wurde bereits darüber diskutiert, ob Captain Davis Love III ihn am Nachmittag draußen lassen würde. Er tat es nicht. Und er hatte Recht damit. Kaum konnte er seinen eigenen Ball spielen, war Woods wie verwandelt. Mit einem Tiger-Birdie an der 1 ging das US-Duo schnell 1 auf. Aber: Obwohl Woods am Ende 7 Birdies auf seinem Konto hatte, kassierte er seine zweite Pleite des Tages. Sein Albtraum hatte einen Namen: Nicolas Colsaerts. Der Belgier notierte 8 Birdies und 1 Eagle (an der 10). Colsaerts gewann das Match völlig alleine. Es war atemberaubend, wie der Rookie bei seinem Debüt aufspielte und was er für Putts lochte. Auf der Back Nine entwickelte sich ein persönliches Duell zwischen Woods und Colsaerts. Colsaerts baute den Vorsprung mit seinen Birdies mehrfach auf 2 auf aus, aber Woods konterte jedes Mal. Als Tiger an der 16 einen sensationellen Birdie-Putt lochte und danach seinen Tee-Shot an der 17 an den Stock nagelte, sah es so aus, als würde sich auch dieses Match noch zugunsten der USA drehen. Aber Colsaerts lochte einen grandiosen Birdie-Putt an der 17 und sicherte das Par an der 18. Da Woods' Birdie-Putt nur die Lochkante rasierte, holte Colsaerts den so wichtigen Punkt für Europa.

Reaktionen:

Phil Mickelson: "Ich liebe es, mit diesem Mann (Keegan Bradley) zusammenzuspielen. Ich liebe es. Es macht so viel Spaß. Er liebt das Spiel und spielt mit so viel Leidenschaft. Und Mann, kann er putten."

Keegan Bradley: "Davon habe ich als Kind geträumt. Und jetzt durfte ich den Traum leben, an der Seite meines Idols. Das könnte der beste Tag meines Lebens gewesen sein heute. Oh Baby, ich wünschte, wir würden gleich noch mal 36 Löcher spielen."

Tiger Woods: "Heute Morgen habe ich absolut nichts getroffen. Das war schrecklich, nichts passte. Gut, dass es dann am Nachmittag lief. Aber wir sind eben auf einen Kerl getroffen, der absolut alles lochte. Nicolas hatte die beste Putting-Runde, die ich jemals gesehen habe. Ich weiß gar nicht, was er geschossen hat. Er war irgendwie 7 unter nach 10, danach habe ich aufgehört zu zählen."

Martin Kaymer: "Es war sehr schwierig. Ich habe wirklich nicht mein bestes Golf gezeigt. Leider hatten wir nie das Momentum auf unserer Seite. Justin hat richtig gut gespielt, aber ich hatte leider Probleme."

Graeme McDowell: "Wir Europäer haben zu wenig gelocht."

Die Stars des Tages: Phil Mickelson/Keegan Bradley für die USA. Nicolas Colsaerts für Europa. Wer Bradley in den letzten Jahren beobachtet hat, der wusste, dass dieser Typ - ähnlich wie Poulter bei den Europäern - für den Ryder Cup geschaffen ist. Bradleys Augen in der Putt-Vorbereitung können einem Angst machen. Er platzt beinahe vor Intensität, Willen und Leidenschaft - je größer der Druck ist, desto besser wird er. Und er puttet einfach nur grandios. Mickelson hatte in seiner Karriere nie so wirklich einen kongenialen Stammpartner beim Ryder Cup - jetzt hat er ihn gefunden, fühlt sich an Bradleys Seite 10 Jahre jünger und hat zum ersten Mal an einem Tag zwei Matches gewonnen. Mickelson/Bradley schlugen an einem Tag die zuvor im Foursomes unbesiegten Donald und Garcia und legten dann gegen McIlroy/McDowell nach. Beeindruckender geht es nicht.

Das Gleiche gilt bei den Europäern für Colsaerts. Es ist alleine dem ersten Belgier, der jemals im Ryder Cup dabei war, zu verdanken, dass Europa noch eine Chance hat. Ein 0:4 in den Fourballs? Ein 2:6-Rückstand wäre dann kaum mehr aufholbar gewesen. Europa musste dieses eine Match gewinnen. Und Colsaerts gewann es. Lee Westwood half ihm null, aber Longhitter Colsaerts machte es einfach alleine. Eine 62 für sich persönlich. Eine absolut unfassbare Vorstellung. Vor drei Jahren war Colsaerts übrigens nicht mal unter den Top 1000 der Welt...

Der Flop des Tages: Jose Maria Olazabal. Der europäische Captain muss sich nach Tag 1 viele Fragen gefallen lassen. Und er kann sich bei Colsaerts bedanken, dass die Kritik momentan nicht noch viel härter ausfällt. Punkt 1: Warum um alles in der Welt war Poulter nicht in den Fourballs dabei? Klar ist, dass Olly alle 12 Spieler am ersten Tag zum Einsatz bringen wollte. Klar ist auch, dass es extrem hart ist, alle 5 Sessions zu spielen. Und dass die Statistik zeigt, dass Spieler ohne Pause in den Singles schlechter abschneiden.

Die Pause war mit Poulter zwar vorher abgesprochen, aber freiwillig würde der Engländer nie auf ein Match verzichten. Zunächst einmal muss das Ziel sein, so viele Punkte wie möglich zu sammeln. Und dazu braucht Europa Poulter. Es kann nicht sein, dass der Ryder Cup schon am Freitag den Bach heruntergeht und drei Topspieler (Poulter, Garcia, Donald) als Cheerleader über den Platz laufen. Poulter, Garcia und Donald haben gemeinsam eine 31-13-5-Bilanz im Ryder Cup.

Die Analyse: Das Beste aus europäischer Sicht ist nach Tag 1 eindeutig der Stand. Es steht "nur" 3:5. Damit muss man letztlich noch zufrieden sein, denn in den Fourballs drohte tatsächlich ein 4-0-Sweep der US-Boys. Nach einer aufregenden Foursomes-Session, in der das Momentum wie gewohnt dramatisch die Seiten wechselte, zeigte das Scoreboard am Nachmittag fast die ganze Zeit nur noch "red".

Die USA wollten ein Birdie-Festival. Sie haben es bekommen. Der Setup-Plan (kaum Rough) geht bislang auf. In den Fourballs notierten die Amerikaner schlichtweg viel mehr Birdies als die Europäer. Und es bleibt dabei: Wer mehr Putts gelocht hat, der gewinnt am Ende auch den Cup.

Allgemein ist es nahezu sensationell, wie sich die Rookies zum Auftakt präsentierten. Nicht nur Colsaerts und Bradley, auch Simpson und Dufner.

Die dritte Session am Samstag wird jetzt von entscheidender Bedeutung sein. Europa muss die Session gewinnen, um im Rennen zu bleiben. Egal wie. Sollte der Rückstand weiter anwachsen, würde es angesichts der Singles-Stärke der USA ganz schlecht aussehen mit einer Titelverteidigung der Europäer.

Interessant: Davis Love III hat drei seiner vier Foursomes-Pairings zusammen gelassen. Watson/Simpson ersetzen allerdings Woods/Stricker. Nach den Eindrücken des ersten Tages die einzig logische Entscheidung. Damit wird Woods nach 39 gespielten Sessions in Folge zum ersten Mal in seiner Ryder-Cup-Karriere zum Zuschauer degradiert.

Olazabal verzichtet in den Foursomes am Samstag auf Kaymer, Molinari, Hanson und Lawrie. Auch das war abzusehen und ist die einzig richtige Wahl. Rose/Poulter und McIlroy/McDowell bleiben in den Foursomes zusammen, dafür werden Garcia und Donald getrennt. Garcia spielt mit Colsaerts. Donald mit Westwood.

Westwood bleibt eine ganz kritische Figur für das europäische Team und muss sich dringend steigern. Schafft er das und verläuft die Morning-Session positiv, wird es spannend sein, ob Olazabal für den Nachmittag einfach gar nichts ändert und Kaymer, Molinari, Hanson und Lawrie bis zu den Singles draußen lässt. Es erscheint auf jeden Fall sinnvoll.

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