Gal: "Nummer eins? Kein eingebildetes Ziel"

Von Interview: Florian Regelmann
Top-Golferin - und nebenher noch ein bisschen Model: Sandra Gal hat in ihrer Karriere viel zu tun
© Wilhelmina

Sandra Gal ist Deutschlands beste Golferin. Bei den Ladies German Open vor den Toren Münchens (Gal startete solide) ist die 26-Jährige die Hauptattraktion. Ein Gespräch über das Nummer-eins-Ziel, Meditation und verrückte Asiaten.

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SPOX: Der Ryder Cup 2018 wurde nach Frankreich vergeben, Deutschland ist leer ausgegangen. Was sicher kein Wunder ist, wenn die komplett ahnungslose und ignorante Politik davon spricht, dass es "nicht mal eine Weltmeisterschaft" sei und die Bewerbung deshalb nicht unterstützt.

Sandra Gal: Es ist einfach schade. Trotzdem finde ich, dass sich der Golfsport mal davon abgesehen in Deutschland in den letzten zwei Jahren stark nach vorne entwickelt hat. Als ich jetzt am Flughafen abgeholt wurde, habe ich meinen Fahrer, ein Student, gefragt, ob er Golf spielt. Er hat verneint, aber auch gesagt, dass er bald anfangen müsse, weil alle seine Freunde schon spielen würden. Und dass das Greenfee nur 20 Euro kosten würde. Da habe ich mir gedacht: 'Wow, das klingt ja wie in den USA, wo alle Studenten Golf spielen.' Insofern tut sich schon etwas. Das sieht man denke ich auch an dem gesteigerten Interesse an Martin Kaymer und ein bisschen auch an mir.

Blog: Golf eine Randsportart?

SPOX: Sie spielen bei den Ladies German Open vor den Toren von München Ihr erstes Profi-Turnier in Deutschland. Das hat ganz schön lange gedauert.

Gal: Das stimmt. Es hat lange gedauert, aber jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt. Ich mache mir aber gar keinen Druck mit großen Erwartungen. Auf dem Papier trete ich zwar als Deutschlands Nummer eins an, aber das sagt eigentlich gar nichts aus. Es sind so viele tolle Spielerinnen am Start - Laura Davies, Melissa Reid, oder wie sie alle heißen. Auch unsere deutschen Mädels muss man beachten. Ich möchte diese Woche genießen und den Zuschauern möglichst schönes Golf zeigen.

SPOX: Ihr Lebensmittelpunkt ist aufgrund Ihrer LPGA-Tour-Zugehörigkeit seit längerem schon die USA. Sind Sie inzwischen komplett "amerikanisiert", oder gibt es auch zwischendurch mal Momente, in denen Sie Heimweh bekommen?

Gal: Klar habe ich auch manchmal Heimweh, aber es ist eher so, dass ich dafür gar keine Zeit habe. Ich reise so viel, es ist immer so viel los. Aber jedes Mal, wenn ich dann nach Hause komme, ist es schön, meine Familie und alten Freunde zu sehen. Ich finde es in beiden Welten schön. Mir macht auch das Reisen Spaß. Am Ende der Saison ist es zwar auch angenehm, mal einen Monat lang am gleichen Ort zu sein, aber dann werde ich auch schon wieder hibbelig und muss los.

SPOX: Gibt es gar nichts, was Sie vermissen, was den Lifestyle angeht?

Gal: (lacht) Das gute Essen. Auch generell die Kultur in Europa. In den USA gibt es in vielen Städten zwar auch ein breites kulturelles Angebot, aber nicht unbedingt in Florida, wo ich lebe.

SPOX: Was ist denn für Sie das Schönste am Beruf Golf-Profi?

Gal: Das ist eine gute Frage. Ich würde sagen, das Schönste ist, was ich daraus gelernt habe - so eine Art Selbsterkenntnis. Ich habe mich selbst besser kennengelernt durch den Sport, ich wachse mit dem Sport als Person. Selbstvertrauen zu haben, Ziele zu erreichen, die man sich setzt, Enthusiasmus zu haben für den Sport - das sind alles Dinge, die ich gelernt habe. Und das ist sehr, sehr schön.

SPOX: Man sagt ja auch, dass jeder Mensch beim Golfen sehr viel über sich als Person lernt. Egal, ob Profi oder Amateur.

Gal: Das trifft es auch ganz gut. Weil man auf dem Platz einfach ganz alleine mit sich ist. Bei mir war es so, dass ich als Teenager oft an mir gezweifelt habe. Ich wusste damals nicht, dass ich das irgendwann mal überwinden kann. Ich hatte zwar schon immer den Traum, auf der Tour zu spielen, aber ich wusste nicht so recht, wie ich da hinkomme. Jetzt ist es ja nicht so, dass ich irgendwas erreicht hätte, ich bin immer noch auf dem Weg, aber ich bin viel weiter als früher. Ich habe gelernt, mir selbst zu vertrauen.

SPOX: Dass Sie noch nichts erreicht haben, kann man aber nicht sagen. Sie haben 2011 Ihr erstes Turnier auf der LPGA Tour gewonnen und sind aktuell die Nummer vier der Money List. Noch vor einem Jahr gab es aber eine Phase, die nicht sehr leicht für Sie war. Was war los?

Gal: Das letzte Jahr war schwer für mich, vor allem die erste Hälfte des Jahres. Ich hatte ein paar Verletzungsprobleme und auf dem Golfplatz lief es auch nicht mehr, weil ich nicht richtig trainieren konnte. Das war nicht ganz leicht. Aber ab Mitte des Jahres habe ich dann ein paar Sachen geändert. Ich habe einen neuen Caddie eingestellt und auch meine Einstellung etwas verändert.

SPOX: Inwiefern?

Gal: Ich bin viel dankbarer als früher, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Ich habe viel mehr Spaß auf dem Platz. Vorher habe ich mir viel zu viel Stress gemacht, die Resultate waren mir viel zu wichtig. Jetzt zählt für mich eher die Erfahrung als das Resultat.

SPOX: Als Statistik-Freund fällt einem auf, dass es in dieser Saison eine große Stärke Ihres Spiels gibt: das Putten. Da liegen Sie auf der Tour ganz weit vorne.

Gal: Um ehrlich zu sein, analysiere ich meine Statistiken überhaupt gar nicht. (lacht)

SPOX: Unglaublich.

Gal: Ich schaue nach jedem Turnier, woran ich arbeiten muss und darauf konzentriere ich mich dann. Aber es stimmt schon, dass ich mit meinem Putten sehr zufrieden bin. Ich habe seit Dezember einen neuen Putter, mit dem ich sehr gut zurechtkomme.

SPOX: Sebastian Vettel gibt seinen Formel-1-Autos ja immer Kosenamen, Kinky Kylie und so. Wie nennen Sie Ihren Putter? Martin? Adam? Tiger?

Gal: (lacht) Nein, das mache ich dann doch nicht. Das würde zu viele Assoziationen hervorrufen.

SPOX: Aber Sie haben schon einen Lieblingsgolfer, oder?

Gal: Ja, im Moment ist das Freddie Couples. Wegen seines Schwungs und seiner Einstellung auf dem Platz. Sein Schwung ist so unglaublich locker, und er haut die Bälle noch so weit. Es macht Spaß, ihm zuzuschauen.

Teil 2: Sandra Gal über ihren Traum-Vierer, verrückte Asiaten und Meditation

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