Danke, Tiger! Danke, Phil!

Von Florian Regelmann
Tiger Woods und Phil Mickelson lieferten sich in der Finalrunde des Masters ein faszinierendes Duell
© Getty

Das Masters in Augusta war bestes Entertainment. In einem dramatischen Finish triumphierte die argentinische Ente, aber der ganz große Film hieß Tiger vs. Phil.

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10. Keine Woche für die Deutschen: Das Masters hatte für Bernhard Langer und Martin Kaymer so gut angefangen. Der Cut schien kein Problem, vielleicht geht sogar nach vorne was, dachte man sich als Grundoptimist. Ein klarer Fall von denkste. Langer zerlegte es in Runde 2 mit einer 80 richtig böse, und Kaymer wird bald richtig böse mit seinem Putter, wenn der weiter nicht gehorcht.

Der locht nämlich nichts. Der 24-Jährige zeigte, dass sein langes Spiel absolute Extraklasse ist, aber auf den Grüns fehlte Kaymer das Fortune - 64 Putts an zwei Tagen, ouch! Bleibt zu hoffen, dass Kaymers Zusammenarbeit mit seinem neuen Putting-Coach Phillip Kenyon bald Früchte trägt. Dann ist es nach wie vor nur eine Frage der Zeit, bis er bei Majors um Siege mitspielt.

9. Goodbye, Gary! Man muss sich das mal vorstellen: Gary Player spielte sein 52. Masters! 52 Wochen Augusta, das macht nach Adam Riese 365 Tage, 8760 Stunden, 525.600 Sekunden auf den heiligen Grüns des Augusta National Golf Clubs.

Neun Major-Turniere gewann Player in seiner Karriere, er lieferte sich unglaubliche Duelle mit Arnold Palmer und Jack Nicklaus, jetzt verabschiedete er sich mit 73 Jahren endgültig vom Masters. Dass er mit 17 über Par Letzter wurde, who cares, Player spielte 36 Löcher, erhielt 36 Standing Ovations und wurde an der 18 an Tag 2 von den südafrikanischen Spielern um Titelverteidiger Trevor Immelman gebührend in Empfang genommen -  es waren tolle Szenen.

8. John Daly - eine traurige Geschichte: John Daly war auch in Augusta. Natürlich nicht als Spieler. Die Tage, an denen JD seine Fans mit seinem Talent auf dem Golfplatz begeisterte, sind ja leider längst vorbei. Daly fiel zuletzt nur durch eine Eskapade nach der anderen auf und ist deshalb momentan auf der PGA Tour suspendiert. Was ihn ja aber nicht daran hindert, nach Augusta zu kommen, einen Stand aufzubauen und Fanartikel von sich zu verkaufen.

T-Shirts, Mützen, Handtücher - Daly steckt nicht nur in einer Golf-Krise, sondern auch in einer persönlichen Wirtschaftskrise. Er braucht jeden Cent, also akzeptierte er auch an seinem Stand keine Kreditkarten - cash only, please. Natürlich erzählte Daly auch, dass er seine Karriere wieder in Schwung bekommen will und alles besser wird in der Zukunft. Man würde ihm ja so gerne glauben.

7. Europa, das war nix: Europa ging wieder mit vielen potenziellen Siegkandidaten ins Turnier, am Ende war der Nordire Graeme McDowell noch der beste - auf Rang 17. Schon enttäuschend. Das Warten, bis Sergio Garcia endlich mal sein erstes Major gewinnt, geht weiter. Der Spanier war aufgrund seiner schlechten Form mit keinen hohen Erwartungen nach Augusta gekommen.

An Tag 1 lief es dann auch gleich schlecht, doch mit einer starken zweiten Runde katapultierte sich Garcia in die Top 10. Wer jetzt gedacht hatte, Garcia würde am Wochenende angreifen, sah sich aber getäuscht. Der 28-Jährige, dessen Putt-Probleme ihm wohl lebenslang erhalten bleiben, wurde letztlich geteilter 38.

6. Kein Paddy-Slam: Padraig Harringtons Versuch sein drittes Major in Folge zu gewinnen, endete an Tag 3 im Wald an der zweiten Spielbahn. Er traf einen Baum, der Ball sprang zurück in den Wald, er traf denselben Baum nochmal, der Ball sprang ins Wasser - die Folge war ein Quadruple-Bogey an einem der leichtesten Löcher des Platzes. An Tag 2 hatte Harrington schon einen Strafschlag hinnehmen müssen, weil der blöde Wind seinen Ball auf dem Grün wegwehte, während der Ire schon die Ansprechposition eingenommen hatte. Was für eine unsinnige Regel!

Es lief also eher unglücklich für Harrington, der sich mit Platz 35 begnügen musste. Dabei hätte man ihm einen weiteren Sieg sehr gegönnt. Harrington ist nämlich bei uns im Journalisten-Kreis äußerst beliebt. Der meint, dass der schwerste Job der Welt nicht Golf-Profi ist, sondern Golf-Journalist. Deshalb kann es vorkommen, dass Harrington während der Runde einen Gedanken hat und ihn sich unbedingt merken will, damit er ihn nach der Runde den Reportern mitteilen und denen ihr schweres Leben erleichtern kann. Nett vom Paddy, wie wir finden.

5. Die Young-Guns machen Spaß: An den ersten beiden Tagen gab es eine Gruppe, die man unbedingt verfolgen musste: Rory McIlroy, 19 Jahre, kommender Superstar - Anthony Kim, 22 Jahre, kommender Superstar - Ryo Ishikawa, 17 Jahre, kommender Superstar. Diese Drei werden in den nächsten 25 Jahren noch verdammt viele Turniere gewinnen. McIlroy überzeugte bei seinem ersten Masters mit dem 20. Rang, Kim war schlaggleich mit dem Nordiren und sorgte außerdem an Tag 2 für die Runde des Turniers. 65 Schläge, 11 (!) Birdies - Rekord in Augusta. Wenn der Junge heiß läuft, ist er eine große Show.

Ishikawa verpasste wie der 18-jährige Danny Lee, ein weiterer junger Wilder, dieses Mal noch den Cut. Anekdote von Lee: Tag 2, Loch 10: Lee puttet zum Par. Dann puttet er wieder. Und wieder. Und wieder. Und wieder. Und wieder. Ein Sechs-Putt! Bei solchen Geschichten muss man immer an Seve Ballesteros denken. Der Spanier erklärte einen Vier-Putt einmal so: "I miss. I miss. I miss. I make."

4. Angel Cabrera - ein Engel siegt an Ostern: Hat also dieser komische Kauz, der vor zwei Jahren die US Open gewonnen hatte, jetzt auch sein erstes Grünes Jacket gewonnen. Hm, auf den ersten Blick eher unsexy als Sieger. Aber Cabrera ist cool. Der weigert sich standhaft, Englisch zu lernen. Sagt 30 Mal höflich "Thank you", sonst aber nichts ohne Dolmetscher. Der hat mit Sportpsychologen nichts am Hut, der kennt kein Fitness-Studio von innen, der stellt sich einfach hin, spielt in einem angenehm zügigen Tempo und haut den Ball mit ungeheurer Power von A nach B. Manchmal trifft er die Kugel auch übelst schlecht, wie an der 8 am Finaltag. Grauenhafter Shank, kennt jeder Amateur.

Dazwischen läuft er mit seinem watschelnden Gang, deshalb sein Spitzname El Pato (die Ente), über die Fairways. Wie Cabrera jetzt aber genau das Masters gewonnen hat? Er war als geteilter Führender in den Finaltag gestartet, aber dann schien er nach drei Bogeys schon raus zu sein, ehe er sich ins Stechen kämpfte.

Auch dort war er nach einem Ausflug in die Bäume beinahe tot, aber irgendwie rettete er sein Par, blieb dabei und sicherte sich am zweiten Extra-Loch den Sieg. Auch deshalb, weil Perry, der Meister der Rechts-Links-Kurve, ausgerechnet den wichtigsten Schlag seines Lebens im Stechen zu weit von rechts nach links schlug.

3. Danke, Tiger! Tiger kann unmöglich schlechter spielen und mehr Chancen auslassen als in den Tagen beim Masters. Und was kommt dabei heraus, wenn Tiger so schlecht spielt: Ein sechster Platz. Woods hatte Probleme mit seinem langen Spiel, er bekam auf den Grüns keinen Putt ins Loch, aber trotzdem lieferte er sich am Finaltag ein denkwürdiges Duell mit Phil Mickelson. Tiger und Phil bei einem Major am letzten Tag gemeinsam auf der Runde - es gibt nichts Besseres.

Tiger, der zuvor eine seiner schlechtesten Warmup-Sessions aller Zeiten hinter sich gebracht hatte, war nach seinem Super-Birdie an der 16 kurzzeitig ganz dicht an der Spitze. Jetzt zwei Birdies an der 17 und 18 und sein fünfter Masters-Erfolg wäre drin gewesen. Aber was kam dann? Tiger verzog den Abschlag an der 17, er verzog den Abschlag an der 18 und beendete das Turnier mit zwei Bogeys.

An der 18 traf er aus dem Wald heraus sogar einen Baum - es war zuvor ein grandioser Film gewesen, aber das Ende hat der Regisseur total verpfuscht. Sowieso ist die 18 in Augusta bald das Hass-Loch von Woods. Dreimal spielte er diese Woche dort ein Bogey. Dennoch: Woods ist nach seiner schweren Knieverletzung zurück - und mit ihm das Spektakel. Danke, Tiger!

2. Danke, Phil! Phil Mickelson beendete das Turnier nach einer abschließenden 67 auf dem fünften Rang. Es war die enttäuschendste 67er-Runde in der Geschichte des Golfsports. Gut, vielleicht etwas übertrieben, aber mal ehrlich: Mickelson hätte eine 62 spielen müssen. Müssen, müssen, müssen.

Seine ersten neun Löcher in Runde vier waren von einem anderen Planeten. 30 Schläge, sechs Birdies, irre. Sein zweiter Schlag an der 7 - magisch. Aber was macht er dann? Philly Mick setzt seinen Abschlag an der 12 ins Wasser, verdaddelt eine exzellente Eagle-Chance an der 15, eine ebenso gute Birdie-Chance an der 17 und kassiert an der 18 noch ein Bogey. Dennoch: Mickelson zuzuschauen ist einfach immer eine wahre Freude. Danke, Phil!

1. Ganz großes Kino: Der wahre Gewinner des Masters war nicht Angel Cabrera, es war der Golfsport. In den letzten Jahren hörte man in den Finalrunden von Augusta wenige Jubelstürme, die Bedingungen waren zu schwer, die Spieler spielten in der Folge wenige Birdies, es war eine eigenartige Stimmung. In diesem Jahr kehrte die Begeisterung zurück. Es war fesselnd, was sich am Finaltag abspielte.

Überall fielen Birdie-Putts, wurden die Fahnen attackiert, die Fans machten Augusta zu einem Tollhaus. Wenn dann noch die beiden besten Spieler der Welt gemeinsam auf die Runde gehen und sich einen Heavyweight-Fight a la Ali vs. Frazier liefern und es als Zugabe noch ein packendes Finish im Stechen gibt, kann man nur sagen: Golfer-Herz, was willst du mehr?!

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