"Nicht der Typ, der andere Vereine klein redet"

Von Jonas Rütten
Kenan Kocak spielte als Aktiver sowohl in der österreichischen Bundesliga, als auch in der zweiten Bundesliga
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SPOX: Wann kam dann der Moment in Ihrem Trainer-Dasein, an dem Sie dachten: "Darauf baue ich jetzt meine Zukunft auf"?

Kocak: Die Zeit in der Kreisliga war genauso spannend wie die Zeit jetzt in der zweiten Bundesliga. Mir hat die Arbeit bei jedem Verein trotz der harten Tage immer Spaß gemacht. Das war damals ein Antrieb für mich dranzubleiben und ist es heute noch.

SPOX: Apropos harte Tage: In Ihrer letzten Saison beim SV Waldhof Mannheim als Trainer wurden Sie mit ihrer Mannschaft Meister der Regionalliga Südwest, scheiterten dann aber in der Aufstiegsrelegation an den Sportfreunden Lotte. Ihre bitterste Niederlage bis jetzt?

Kocak: Ja, das stimmt schon, aber das gehört zum Sport. Es hat mir wahnsinnig leidgetan für die Fans. Aber wir können im Fußball ja nicht nur gewinnen und jubeln und die Pokale hochhalten. Auch Niederlagen gehören dazu und man muss mit ihnen umgehen und positiv annehmen.

SPOX: Positiv annehmen schön und gut, aber ist es nicht frustrierend, als Meister nochmal in die Relegation zu müssen, nur um sich dann eine herausragende Saison in zwei Spielen kaputt machen zu lassen?

Kocak: Natürlich ist das ein Unding, dass du dann nicht aufsteigst. Das ist ein Witz! Wir sind verdient Meister geworden und dann hast du auch noch Lospech und bekommst in der Relegation mit den Sportfreunden Lotte die stärkste Truppe. Dann hängt eine Saison an zwei Spielen, also an der Tagesform. Und plötzlich sind die elf Monate und alles, was da gelaufen ist - was die Spieler, der Verein und die Fans investiert haben - egal.

SPOX: Wenn Kenan Kocak beim DFB ein Machtwort zu diesem Thema sprechen könnte, was würde er sagen?

Kocak: Man müsste generell die Situation betrachten, ob es überhaupt nötig ist, so viele Regionalligen zu haben. Egal wie der Modus und die Ligen letztendlich aussehen: Die Meister müssen aufsteigen. Ich möchte hier jetzt keinem zu nahe treten, aber da müssen sich die Funktionäre auch mal hinterfragen. Es wird in den letzten Monaten immer wieder gesprochen und gesprochen und gesprochen und was passiert? Nichts! Wenn man will, findet man eine faire Lösung für alle.

SPOX: Mit "alle" meinen Sie...?

Kocak: Nicht nur die Fußballer, die auf dem Platz stehen, oder die Vereine. Denken Sie mal an die Fans, die ihre Zeit und auch das letzte Geld investieren und alles für den Verein geben. Was das für eine Enttäuschung dann ist. Da sind viele Emotionen im Spiel und das sollte man auch respektieren.

SPOX: Nach dem verpassten Aufstieg haben Sie beim SV Sandhausen ein neues Kapitel aufgeschlagen, obwohl Sie selbst etwas Langfristiges in Mannheim mit aufgebaut haben. Warum?

Kocak: Das war ja alles sehr überraschend. Ich habe in Mannheim meinen Vertrag verlängert und war eigentlich schon mitten in der Saisonvorbereitung. Dann kam der Anruf von Sandhausen und ich habe einfach die Gelegenheit gesehen, in der stärksten zweiten Liga der Welt trainieren zu können und zu dürfen. Es hat einfach gepasst.

SPOX: Trotzdem haben Sie mit Mannheim auch Ihre sportliche Heimat verlassen.

Kocak: Natürlich ist mir die Entscheidung nicht leicht gefallen. Aber ich habe ein reines Gewissen, weil ich dort eine super Truppe aufgestellt habe (Mannheim kam erneut in die Aufstiegsrelegation, Anm. d. Red.). Es war nach drei Jahren einfach Zeit, diesen Schritt zu gehen.

SPOX: Sie haben Ihren Fußballehrer gemeinsam mit Julian Nagelsmann, Domenico Tedesco und Alexander Nouri gemacht. Drei Namen, die schon seit geraumer Zeit für Bundesliga-Fußball stehen. Wann wird der SV Sandhausen auch für einen Kenan Kocak zu klein?

Kocak: Überhaupt nicht! Ich bin nicht der Typ, der andere Vereine klein redet. Ich bin nur ein Teil davon und kann alleine nichts bewerkstelligen. Ich habe bisher nie was alleine geschaffen, das war alles im Team und das wird auch in Zukunft so sein. Ich bin keiner der sagt "Ich bin jetzt groß und der Verein" klein. Davon sind wir meilenweit entfernt.

SPOX: Trotzdem läuft ihr Vertrag ja bekanntlich im Sommer aus. Es gibt Gespräche zwischen Ihnen und dem Verein, aber die dauern an. Sie selbst haben gesagt, dass es nicht am Geld liege. Warum zögern Sie, wenn momentan doch alles so gut läuft?

Kocak: Das ist eine sehr wichtige Entscheidung, sowohl für den Verein, als auch für mich. Beide Seiten wissen auch, was sie aneinander haben. Aber ich möchte mich momentan voll auf die Mannschaft und die Ergebnisse konzentrieren. Meine Energie möchte ich einzig und allein der Mannschaft geben. Ich denke aber schon, dass wir uns in der Winterpause nochmal zusammensetzen können und dann eine Entscheidung treffen.

SPOX: Könnte diese Entscheidung auch davon beeinflusst werden, dass mehrere türkische Erstligisten bereits an Ihre Tür geklopft haben sollen? Oder nehmen Sie das gar nicht zur Kenntnis?

Kocak: Ich beteilige mich nicht an solchen Spekulationen. Das freut und ehrt mich sehr, wenn man mich mit Top-Klubs in Verbindung bringt. Aber das ist einfach nicht meine Art, so was öffentlich zu kommentieren.

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