"Sammer ist nicht einfach"

Von Interview: David Helm
Dariusz Wosz schoss insgesamt 39 Bundesliga-Tore
© twitter/@falso9web
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SPOX: Nicht nur auf Vereinsebene haben Sie Erfolge gefeiert: Sie waren sowohl für die DDR, als auch später für die deutsche Nationalmannschaft aktiv. Wie haben sich die Verbände unterschieden?

Wosz: In der DDR haben wir wesentlich mehr trainiert und auch deutlich härter, das war eine richtig gute Ausbildung. Es kam nicht von ungefähr, dass viele aus dem Osten dann nach der Wende für Deutschland gespielt haben. Mein Problem war nur, dass ich auf meiner Position viele namhafte Spieler wie Stefan Effenberg, Icke Häßler, Mehmet Scholl, Andreas Möller und später Sebastian Deisler vor mir hatte.

SPOX: In beiden Auswahlen haben Sie mit Matthias Sammer zusammen gespielt. Wie haben Sie ihn erlebt?

Wosz: Matthias ist kein einfacher Typ. Der wollte immer etwas erreichen und das hat man gemerkt. Er hat sich vom Weg nicht abbringen lassen.

SPOX: Gemeinsam haben Sie auch die EM 2000 bestritten. Wie war diese Erfahrung für Sie?

Wosz: Da wir lächerlicherweise in der Gruppenphase ausgeschieden sind und ich keine Minute auf dem Platz stand, war es sportlich gesehen schwach. Für mich war es trotzdem eine Ehre mit Leuten wie Lothar Matthäus zu spielen. Man kann sagen: großartige Erfahrung, beschissenes Turnier.

SPOX: Zum Abschluss Ihrer Karriere wechselten Sie vom VfL Bochum in der Bezirksliga zu Union Bergen. Gab es keine anderen Angebote?

Wosz: Unter Marcel Koller habe ich nur noch 20 Minuten gespielt und deshalb den Entschluss gefasst, aufzuhören. Sonst trainiert man ein Jahr für nichts, dafür ist mir mein Körper zu schade. Ich hätte auch in die zweite Liga gehen können, aber nach jahrelanger Bundesliga-Erfahrung wollte ich zum Karriereende hin nicht eine Etage tiefer. Eine andere Alternative wäre ein Wechsel die USA gewesen, aber ich fühle mich hier in der Gegend wohl.

SPOX: Können Sie sich vorstellen, irgendwann als Cheftrainer in der Bundesliga zu arbeiten?

Wosz: Nein auf keinen Fall, Sie werden mich nie als Cheftrainer in den ersten drei Ligen Deutschlands sehen.

SPOX: Warum?

Wosz: Man muss sich das Geschäft nur anschauen. Fußball ist ein knallhartes Business, in dem sich nur nach Ergebnissen orientiert wird. Kaum ein Trainer kann noch langfristig eine Idee entwickeln. Deshalb werde ich vielleicht mal als Co-Trainer arbeiten, aber nie im Leben als Cheftrainer.

SPOX: Für ihren ehemaligen Kollegen Pal Dardai läuft es allerdings ganz gut...

Wosz: Es gibt so Typen wie Pal, die den ständigen Druck brauchen. Ich will das nicht haben, weil ich weiß, wie das Geschäft läuft. Das geht schon mit dem Verhalten der Jugend los. Wie die heute mit Trainern, Profis oder Ex-Profis reden, das ist unverschämt. Früher hieß es: "Kann ich mal bitte ein Autogramm haben?" Heute hört man nur: "Ey Bruder, ey Alter." Danke und Bitte hört man nur noch selten.

SPOX: Das sind deutliche Worte, die man so selten hört. Haben Sie auch keine Lust auf einen Funktionärsposten?

Wosz: Um Gottes Willen! Nichts gegen gewisse Leute, aber da sind teilweise Typen am Werk, die noch nie gegen einen Ball getreten haben. Oft sind Vorstände, Präsidenten und Manager auch die Problemzonen im Verein. Es klingt abgedroschen, aber die Wahrheit liegt auf dem Platz und nicht an der Tafel oder im Laptop.

SPOX: Also halten Sie auch nicht auch nicht viel von Laptop-Trainern?

Wosz: Ich sehe es zumindest kritisch, denn das größte und schönste Konzept kann trotz der Datenanalysen in die Hose gehen. Auch wenn Spieler Berechnungen zufolge nach 80 Minuten übersäuert sind, können die dann nicht zum Schiedsrichter gehen und sagen: "Schiri ich muss raus ich bin übersäuert." Man muss bei Spielen wie bei der EM oder der Champions League auch mal in den roten Bereich gehen.

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