"Ich bin ein bisschen wie Klopp"

Ist seit Sommer 2015 Trainer in Fürth: Stefan Ruthenbeck
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Welche Art Trainertyp verkörpern Sie denn Ihrer Ansicht nach: Entertainer a la Jürgen Klopp oder doch eher distanziert wie Lucien Favre?

Ruthenbeck: Ich kenne Jürgen ein bisschen. Daher würde ich sagen, ich bin ein bisschen wie er, was die Nähe zur Mannschaft angeht. Man muss das aber individuell betrachten: bei manchen Spielern ist es wichtig, die Distanz zu wahren, andere dagegen benötigen mehr Zuneigung. Fußballer ticken immer ähnlich, im Profibereich geht es aber um Existenzen. Dort kann man als Trainer den Spielern auch die Karriere nehmen und man braucht Fingerspitzengefühl - dieser Verantwortung muss man sich bewusst sein.

SPOX: Im Sommer 2015 übernahmen Sie Ihren zweiten Posten in der 2. Liga an und unterschrieben in Fürth. Mussten Sie da lange überlegen?

Ruthenbeck: Es gab zahlreiche Dinge, die damals interessant für mich klangen. Als das Angebot aus Fürth kam, fuhr ich einfach mal dorthin, um es mir anzuhören. Die 2. Liga wollte ich eigentlich nicht mehr, stattdessen führte ich einige Gespräche, um als Coach bei U23-Teams von Bundesligisten einzusteigen. Da waren sogar Champions-League-Teilnehmer dabei. Doch ich fing in Fürth sofort Feuer und wäre nach dem Gespräch dort auch ziemlich enttäuscht gewesen, wenn ich nicht den Zuschlag erhalten hätte.

SPOX: Die Spielvereinigung steht derzeit auf Platz zehn. Kurz nach Saisonbeginn sprachen Sie von einer "Scheiß-Liga", da Ihr Team trotz ansehnlichem Fußball gegen einen verteidigenden Gegner nicht gewonnen hatte. Der SV Darmstadt 98 beispielsweise spielt auch keinen Champagner-Fußball, stieg damit aber sogar in die Bundesliga auf.

Ruthenbeck: Ich tätigte diese Aussage nach unserem Spiel bei St. Pauli. Damals durfte es einfach nur einen Sieger geben, deshalb brach das etwas aus mir heraus. Ich wollte nicht die Klasse der Liga kritisieren. Es zeigt ja vielmehr, wie ausgeglichen sie ist. Man kann drückend überlegen sein, das Tor nicht treffen und das Spiel am Ende doch verlieren. Das hat nur wenig mit den taktischen Ausrichtungen der Teams zu tun. In der 2. Liga kann es sein, dass du für Offensivspektakel nicht belohnt, sondern bitter bestraft wirst.

SPOX: Würden Sie lieber in Schönheit sterben, als mit einer eher destruktiven Spielart erfolgreich zu sein?

Ruthenbeck: Es gibt letztlich unterschiedliche Arten von Fußball. Die erwähnten Darmstädter beherrschen ein gutes Pressing und Gegenpressing und schießen überragende Standards. Darmstadt bewegt sich gegen den Trend. Doch solche unangenehmen Mannschaften hat es schon immer gegeben. Bayer Uerdingen war in den 1980er Jahren genauso giftig zu spielen. Heutzutage möchte die Mehrheit ein schnelles Umschaltspiel, überfallartige Konter, aggressives Pressing und Ballbesitzspiel an den Tag legen. Man kann aber genauso gut auch aus der Defensive heraus spielen, vereinzelt Nadelstiche setzen und damit am Ende Spiele gewinnen. Das ist eine andere Philosophie, die muss aber nicht negativ sein.

SPOX: Nicht erst durch die konsequente Haltung von Ex-Stuttgart-Trainer Alexander Zorniger kam die Diskussion auf, was besser sei - auf dem Spielfeld zu agieren oder doch lieber zu reagieren?

Ruthenbeck: Ich habe hier in Fürth eine Grundidee, von der ich nicht abrücken werde: mehr Ballbesitz zu haben als der Gegner, um ihm dadurch weniger Chancen zu ermöglichen und selbst hochkarätige Torchancen zu erzwingen. Bei uns spielt Pressing eine große Rolle, doch dazu müssen wir noch einiges optimieren. Es geht doch darum, dass ein Fan ins Stadion kommt und sieht, welchen Fußball sein Verein spielt. In Darmstadt gibt es eine klare Handschrift. Der Verein steht dahinter, die Fans finden es toll und man ist erfolgreich. Es bringt nichts, brutalen Offensivfußball spielen zu lassen, aber damit jedes Spiel zu verlieren.

SPOX: Apropos brutal: Als Sie 2010 die Fußballlehrer-Ausbildung absolvierten, war auch Markus Babbel im Lehrgang mit dabei - ein bekennender Heavy-Metal-Fan. Auch Sie sollen musikalisch eher auf die härtere Gangart stehen.

Ruthenbeck: Markus ist ein toller Kerl, doch trotz unseres ähnlichen Musikgeschmacks hatte ich zu Torsten Lieberknecht einen engeren Draht. Damals waren durchaus ein paar Leute dabei, mit denen man auch mal durch die Kölner Altstadt ziehen konnte.

SPOX: Haben Sie eine Lieblingsband?

Ruthenbeck: Alter Bridge, eine US-Rockband. Die habe ich schon mehrfach in Deutschland spielen sehen, unter anderem bei Rock am Ring und in Köln.

SPOX: Die heutige Spielergeneration kann mit Rockmusik offenbar fast gar nichts mehr anfangen. Greifen Sie da bei der Kabinen-Playlist auch mal ein und legen einen Alter-Bridge-Song auf?

Ruthenbeck: Das ist eher schwierig. Meistens höre ich einfach weg. Diese R'n'B- und Soul-Richtung ist so gar nicht meine Sache.

SPOX: Wenn Sie nach einem langen Tag am Trainingsgelände nach Hause fahren, müssen Sie also erstmal die Musik aufdrehen?

Ruthenbeck: Ganz genau. Das passiert aber auch mal mit Kopfhörern im Mannschaftsbus. Das neue Slayer-Album ist beispielsweise herrlich, das habe ich mir auf der Heimfahrt nach dem Spiel gegen Kaiserslautern angehört. (lacht)

Stefan Ruthenbeck im Steckbrief

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema