Wer ist er wirklich?

Stefan Effenberg unterschrieb beim SC Paderborn einen Vertrag bis 2017
© getty

Mit großem Hype wurde Stefan Effenberg am Mittwoch beim SC Paderborn vorgestellt. Der ehemalige Nationalspieler strahlt auf seiner ersten Trainer-Station gewohnt Selbstvertrauen und Siegeswillen aus. Doch bereits vor seiner Vorstellung gab es einige Fragenzeichen und trotz zahlreicher Antworten, gibt es weiterhin viele Unklarheiten.

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Stefan Effenberg wurde am Mittwoch sehnsüchtig erwartet. Bei seiner Landung am Flughafen Paderborn-Lippstadt wurde der 47-Jährige am Vormittag bei strömendem Schnee-Regen medial gebührend empfangen. Unzählige Journalisten waren vor Ort. Jeder seiner ersten Schritte in der 150.000-Einwohner-Stadt wurde aufgezeichnet und analysiert. Ziemlich viel Aufregung für einen neuen Trainer bei einem Zweitligisten. Doch es handelt sich ja nicht um irgendeinen Coach.

Der vorzeitige Wintereinbruch in Nordrhein-Westfalen stand aber nicht sinnbildlich für Effenbergs Ankunft in Paderborn. Ganz im Gegenteil. So bot sich sogar noch ein geeigneter Hashtag an. #Schnee-Tiger war geboren. Hype eben.

Mit zehnminütiger Verspätung wurde die PK eröffnet. Präsident Wilfried Finke und Manager Michael Born nahmen Effenberg in die Mitte. Der große Effe im beschaulichen Paderborn. "Ja, ich bin's wirklich", sagte Stefan Effenberg gleich zu Beginn der Pressekonferenz im Medienraum des SCP ohne Nachfrage. Effenberg, der Selbstbewusste, der Leader-Typ, der, der vorneweg marschieren soll.

Herzlichkeit in Paderborn

Doch wer nun davon ausging, dass es eine Art Selbstinszenierung werden könnte, wurde enttäuscht. Von Beginn an machten beide Seiten deutlich, wie herzlich die ersten Gespräche verliefen und wie wohl sich alle Beteiligten dabei fühlten. Wichtig sei das nächste Spiel am Freitag, dort wolle man das Team aus dem Tabellenkeller führen. Man sei total von Effenberg überzeugt. Die üblichen Aussagen.

"Wir haben hervorragende Gespräche geführt. Ich hatte nach ein, zwei Minuten sofort das Gefühl, dass ich hier willkommen bin und habe mit voller Überzeugung den Vertrag unterschrieben. Es war cool, mir hat hier alles gefallen", sagte Effenberg, der bereits 2012 seine Trainerlizenz (Abschlussnote 2,0) gemeinsam mit Mehmet Scholl und seinem zukünftigen Co-Trainer Sören Osterland erworben hatte.

Drei Jahre hatte Effenberg sich also Zeit gelassen, um eine Stelle als Trainer im Profi-Fußball anzutreten. "Der erste Schuss muss sitzen", sagte er vor einiger Zeit. Paderborn ist nun besagter erster Schuss - und gleichzeitig fast schon der letzte.

Parallelen zu Matthäus

Effenberg wurde nie bei einem Bundesligisten gehandelt, wenn dort ein neuer Trainer gesucht wurde. Einzig beim FC Schalke 04 war er einmal im Gespräch. Dort lag ihm nach eigener Aussage ein unterschriftsreifer Vertrag vor, Effenberg aber lehnte ab. Das war 2013.

2011 war er der Anführer der "Initiative Borussia", einer Opposition, die die damalige sportliche Führung bei Borussia Mönchengladbach ablösen wollte. Der Putschversuch misslang. Seitdem war er ausschließlich als TV-Experte aktiv. Eine Trainer-Karriere des Deutschen Meisters und Champions-League-Siegers? Eigentlich nicht mehr vorstellbar.

Anders als Lothar Matthäus, der sich nach seiner aktiven Zeit in jedes noch so seltsam erscheinende Trainer-Abenteuer (Atletico Paranaese, Partizan Belgrad) stürzte und inzwischen ausschließlich als Experte tätig ist. Doch auch ohne fragwürdige Tätigkeiten im Ausland drohte Effenberg eine ähnliche Laufbahn: Erfolgreiche aktive Karriere, doch als Trainer wenig bis gar nicht gefragt. Vielleicht auch, weil sich beide gerne im Boulevard rumtrieben.

Während ihrer aktiven Zeit gab es wenige Spieler, die ihre Generationen ähnlich prägten wie Matthäus und Effenberg. Gerade die Erfolge des FC Bayern in den letzten 30 Jahren sind untrennbar mit beiden Namen verbunden. Beide waren noch echte Leitwölfe, Typen mit Ecken und Kanten und brachten es auf unzählige internationale Einsätze. Als Spieler haben beide alles erlebt. Doch als Trainer? Effenberg hat nun endlich die Chance.

Hitzfeld als Mentor

Er möchte diese Erfahrung nun an seine Jungs in Paderborn weitergeben. "Wir passen gut zusammen. Es ist meine Aufgabe, die Jungs wieder zu Helden zu machen", sagte Effenberg. Dabei stellt sich die Frage, welchen Trainer-Typ der Novize nun verkörpert? Ottmar Hitzfeld sei sein Mentor, verriet er auf der PK: "Er war in Sachen Menschenführung der Beste. Es muss aber eine Mischung aus allem sein. Das Taktische, das Menschliche - vor allem müssen wir nun aber mit Spaß an die Sache rangehen."

Welches Spielsystem er bevorzuge, welche Taktik er wählen würde, das werde er der Öffentlichkeit nie verraten: "Ich werde hier zu taktischen Dingen nichts sagen, das werde ich aber auch in Zukunft nicht machen, aber ihr werdet schon schnell sehen, welche Handschrift ich dem Team gebe."

Angesprochen auf das Thema "Laptop-Trainer" sagte er mit einem Augenzwinkern: "Es muss eine gesunde Mischung her. Sören Osterland ist sehr schnell am Laptop. Wir ergänzen uns in dieser Hinsicht." Somit beantwortete er ungewollt die Frage, ob er in diese Kategorie gehöre oder doch eher der Motivator sei.

Welchen Trainer erhält der SCP letztlich?

Auch der junge Osterland steht neben Effenberg im Fokus. Der 29-Jährige war 2012 der jüngste Absolvent der Trainer-Ausbildung (1,0). Er gilt als großes Talent, war aber in den letzten drei Jahren bereits bei fünf Vereinen, meist in der Jugend- oder Nachwuchsabteilung, tätig. Zuletzt war er Trainer der ungarischen U19-Nationalmannschaft. Auch er wird kritisch beobachtet werden.

Welchen Trainer der SC Paderborn mit Effenberg letztlich erhält, wird man erst in ein paar Wochen sehen, wenn Effenberg ein paar Spiele mit seiner Mannschaft absolviert hat. "Wir werden jetzt erstmal versuchen, wieder nach vorne zu schauen. Die ersten zehn Spiele zählen nun nicht mehr. Wir schauen nicht mehr nach links, rechts oder nach hinten", sagte Effenberg.

Nachdem er mit seinem ersten Satz seine "effeske" Selbstsicherheit zur Schau stellte, gab Effenberg im Laufe der PK auch einige demütige Aussagen von sich. Natürlich sei er nervös und natürlich sei er vor dem ersten Spiel am Freitag gegen Eintracht Braunschweig (18.30 Uhr im LIVETICKER) angespannt. Aber er hätte diese Entscheidung nicht getroffen, wenn er nicht "einhundertprozentig überzeugt" gewesen wäre.

Born fand Effenberg "spannend"

Das wiederholt er auffällig oft. Einhundertprozentige Überzeugung von dem Verein Paderborn, mit dem er sich schon seit "sechs Wochen intensiv beschäftigte", weil es Tendenzen gegeben hätte. Effenberg stand schon länger im Fokus von Born, der die Idee mit dem SCP und dem gebürtigen Hamburger schon länger "spannend" fand.

Stellten sich vor der Antritts-PK viele Fragen, so gab es in den gut 30 Minuten dazu zwar viele Antworten - die wirklich wichtigen konnten aber noch nicht beantwortet werden. In jedem Fall bekommt der Absteiger einen Trainer, der "Feuer und Flamme" ist. Aber auch einen Trainer, der nach eigener Aussage "the New One" ist.

Möglich, dass Effenberg mit seiner Ausstrahlung und Aura das Team packen kann. Die Führungsetage hat sich bewusst für ihn entschieden, weil sie eine gewisse Entwicklung in der Mannschaft sahen, von der sie hoffen, Effenberg könne ihr entgegenwirken. Wer der Trainer Stefan Effenberg aber tatsächlich ist, wird sich erst noch zeigen.

Der SC Paderborn im Steckbrief

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