"Da treffen Welten aufeinander"

Von Interview: Tim Holzwarth
Marc Schnatterer läuft seit 2008 für Heidenheim auf
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SPOX: Und was hat dann den Ausschlag pro Heidenheim gegeben?

Schnatterer: Ich hatte super Gespräche mit dem Verein, in denen sie mir aufgezeigt haben, wie wir uns im Sommer noch besser aufstellen wollen. Welche Spieler von außen dazu geholt werden sollten. Ich habe einfach gesehen, dass das Potenzial in der Mannschaft da ist, um den Weg hier weiterzugehen und aufzusteigen. Deswegen habe ich gesagt: "Darauf hab' ich Bock". Ich wollte ein Zeichen setzen, um zu zeigen, dass ich mich voll und ganz mit dem Verein identifizieren kann. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es die richtige Entscheidung war.

SPOX: Sie haben kürzlich gesagt, Ihr Weg mit Heidenheim sei noch nicht am Ende. Das impliziert ja, dass Sie noch einige Ziele haben. Spukt da auch die Bundesliga im Kopf herum?

Schnatterer: Nein. Wir sind ein kleiner Verein, der erst wachsen muss. Wir haben ganz klar das Ziel, dieses Jahr die Klasse zu halten und uns dann in der 2. Liga zu etablieren. Das wäre für einen Klub wie Heidenheim eine große Entwicklung. Es gibt ja immer wieder Vereine, die den Klassenerhalt schaffen, im nächsten Jahr oben mitspielen und dann wieder im Mittelfeld landen. Diese Liga ist immer gefährlich. Ich würde mich natürlich nicht dagegen wehren, aber um darüber zu reden oder sich Gedanken zu machen, sind wir noch viel zu frisch im richtigen Profigeschäft und in der Liga. Das ist ganz weit weg.

SPOX: In einem jungen Team sind sie absoluter Führungsspieler, gehen vorne weg und gelten in der öffentlichen Wahrnehmung als das Gesicht von Heidenheim.

Schnatterer: Ich bin hier sehr gereift und in diese Rolle hineingewachsen. Ich übernehme gerne Verantwortung, das habe ich hier gelernt und das wurde mir mitgegeben im Laufe der Jahre. Wenn einer sich daran hochziehen kann, dann reiße ich die Jungs gerne mit. Und wenn jemand ein Gespräch oder Tipps braucht, ist das auch kein Problem.

SPOX: Fühlen Sie sich in der Rolle als Anführer wohl?

Schnatterer: Ja, aber jeder weiß, wie die Branche läuft und ich brauche die Jungs genauso. Es gibt auch Tage, da stehe ich mit dem falschen Bein auf. Da brauche ich dann einen, der marschiert und an den ich mich hängen kann. Aber ich weiß, welche Verantwortung ich trage. Es ist auch meine Aufgabe, dass wir als Kollektiv funktionieren.

SPOX: Stimmt es, dass die Spieler in Heidenheim sich noch selbst um ihre Trikots kümmern?

Schnatterer: Wir sind mehr oder weniger verantwortlich für unsere Ersatztrikots oder Tauschtrikots. Das ist bei vielen Vereinen sicher anders und vielleicht würden ein paar Spieler sagen, dass es dort besser ist, aber das macht uns auch mit aus. Das gibt uns noch das familiäre Flair. Es ist ja auch so, dass viele Leute, die im Verein arbeiten, schon über Jahre hinweg die gleichen sind. Das ist woanders nicht unbedingt der Fall.

SPOX: Macht diese Atmosphäre den Verein zu etwas Besonderem?

Schnatterer: Definitiv. Das ist auch das, was es so schön macht, dort zu spielen. Die Stadt ist beschaulich, man kennt die Leute und kennt auch viele, die im Stadion sind. Auch die Beziehung zu den Zuschauern ist sehr familiär. Wenn diese Nähe da ist, kann man sich miteinander identifizieren.

SPOX: Ein Verein, der komplett anders aufgebaut ist, ist RB Leipzig. Im Montagabendspiel treffen Sie im Duell der Aufsteiger auf eben jenen Klub. Wie denken Sie von Ihrem Standpunkt aus über dieses Projekt?

Schnatterer: Es äußern sich zwar viele Leute zu dem Thema, aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass es mir gar nicht zusteht, über das Projekt RB Leipzig zu urteilen. Wir haben hier unser Ding, wir gehen diesen Weg und der funktioniert. Über das, was dort gemacht wird, können andere gerne in der Öffentlichkeit etwas erzählen. Ich freue mich einfach auf das Spiel.

SPOX: Aber Sie würden zustimmen, dass es zwei völlig verschiedene Philosophien sind?

Schnatterer: Da treffen mit Sicherheit zwei verschiedenen Welten aufeinander. Wenn manche Leute behaupten, Heidenheim würde auch mit Geld zugeschüttet werden, ist das falsch. Unsere Sponsoren kommen fast alle aus der Stadt oder zumindest aus der Nähe. Unsere Mittel sind beschränkt, was dort eben nicht unbedingt der Fall ist.

SPOX: Hätten Sie vor der Saison damit gerechnet, dass das Duell der Aufsteiger das Duell Dritter gegen Vierter und das Montagabend-Topspiel sein wird?

Schnatterer: Das ist natürlich Wahnsinn. Damit konnte niemand rechnen. Wir sind froh, dass wir die Punkte auf dem Konto haben und damit auch gerade da oben stehen. Das ist für uns ein schöner Moment. Das erste Live-Spiel und dann gleich so ein Highlight. Wenn man es sich erträumen könnte, wäre es so perfekt.

SPOX: Ist der 5:0-Kantersieg aus dem Bochum-Spiel ein Vorteil oder muss man aufpassen, dass man nicht zu leichtsinnig an die nächste Partie rangeht?

Schnatterer: Man muss alles einordnen können. Bei uns hat im letzten Spiel viel geklappt, bei Bochum nicht. Am Montag wird es ein ganz anderes Spiel, indem wir auswärts auf eine Mannschaft treffen, die von Anfang an marschieren wird, bis es nicht mehr geht. Von daher ist so ein Sieg immer Gefahr und Chance zugleich.

SPOX: Im Vorfeld des Bochum-Spiels wurden Sie von einem Journalisten und dann auch von VfL-Trainer Peter Neururer mit dem Spitznamen "Klapperschlange" bedacht. Im Nachhinein bezeichneten Sie diesen Vorfall als "respektlos". Wie kam es dazu?

Schnatterer: Ich kann bis heute nicht sagen, wie das entstanden ist. Vielleicht weil mein Nachname dem Wort "Natter" ähnelt. Im Endeffekt ist es mir aber auch egal. Was den Reporter da geritten hat, mich so betiteln, kann ich nicht sagen. Die Formulierung "respektlos" war vielleicht ein bisschen unglücklich. Aber man muss den Leuten Respekt entgegenbringen. In dem Fall hat es mich einfach motiviert. Die richtige Antwort habe ich auf dem Platz gegeben und ich glaube, das tat mehr weh, als dass mich einer Klapperschlange nennt.

SPOX: Gibt es denn einen Spitznamen, den sie lieber mögen?

Schnatterer: Mich nennt man ganz normal Schnatti.

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Marc Schnatterer im Steckbrief

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