"Beim VfB pfiff mich niemand aus"

Tamas Hajnal spielte in der Bundesliga für Schalke, Karlsruhe, Dortmund und Stuttgart
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SPOX: Waren die Dimensionen in Dortmund andere, als Sie sie von Ihren vorherigen Vereinen kannten?

Hajnal: Nicht unbedingt. Der Verein ging durch eine schwere Zeit, daher war die Erwartungshaltung nicht so immens. Mit Klopp hielt eine neue Philosophie Einzug und die Erwartungen nach außen wurden bewusst gering gehalten. Wir haben von Spiel zu Spiel gedacht und uns realistische Ziele gesetzt.

SPOX: Doll plante mit Ihnen als klassischen Spielmacher, unter Klopp kamen Sie zunächst auf der Acht zum Einsatz. Wie schwer war die Anpassung?

Hajnal: Ich habe anfangs etwas gebraucht, um in die neue Rolle zu finden. Allerdings hat Klopp das System auch relativ schnell wieder geändert. Wir haben dann 4-4-2 mit Raute gespielt, das kam mir deutlich mehr entgegen. Unter dem Strich würde ich sagen, dass es eine beidseitige Anpassung war. Ich habe in Dortmund viel mit dem Trainer gesprochen und einiges gelernt.

SPOX: Es hieß zwischenzeitlich, Sie fühlten sich falsch eingesetzt.

Hajnal: Man stellt beim BVB keine Ansprüche, das war mir von Anfang an klar. Der Trainer wusste, wo meine Qualitäten liegen. Er wollte zunächst jedoch seine Vorstellungen austesten. Nach der Kennenlernphase hat eigentlich alles sehr gut funktioniert.

SPOX: 2009 warf Sie ein Bänderriss weit zurück. Denken Sie, Ihre Zeit in Dortmund wäre ohne diese Verletzung anders verlaufen?

Hajnal: Schwer zu sagen, aber ich denke schon. Ich war in den ersten beiden Jahren Stammspieler und Leistungsträger. Dann kam die Verletzung, die mich mehrere Monate kostete. Danach lief es nicht mehr so gut wie zuvor.

SPOX: Für den BVB aber schon, Dortmund wurde 2011 Meister. Sie standen in dieser Spielzeit allerdings keine Minute auf dem Platz. Wie fühlt man sich da?

Hajnal: Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt die gesamte Entwicklung ab 2008 miterlebt und auf sowie neben dem Platz vieles zur Renaissance des Klubs beitragen können. Natürlich fühle ich mich dann auch als Meister. Wäre ich nicht im letzten Halbjahr nach Stuttgart gegangen, hätte ich sicherlich auch noch ein paar Einsatzminuten bekommen.

SPOX: Sie ließen sich zum VfB ausleihen, der gegen den Abstieg spielte. Dort blühten Sie richtiggehend auf.

Hajnal: Stuttgart war in gewissem Maße wie eine Befreiung für mich.Ich wusste selbst nicht, ob es auf Anhieb so gut klappen würde, ich hatte ja lange nicht gespielt. Ich habe aber irgendwie nie eine lange Anlaufzeit bei meinen Vereinen benötigt. Es tat sehr gut, dem VfB so schnell helfen zu können.

SPOX: Sie wurden dann fest verpflichtet, das Ende Ihrer Zeit am Wasen war aber bitter: Die Fans pfiffen Sie aus, Trainer Bruno Labbadia wollte Sie unter diesen Umständen nicht mehr einsetzen.

Hajnal: Das alles stimmt so überhaupt nicht. Ich habe schon oft versucht, die damalige Situation zurechtzurücken. Das wurde vom Boulevard immer wieder befeuert. Ich musste dann leider einsehen, dass die eigenen Mittel sehr begrenzt sind, um dagegen vorzugehen.

SPOX: Wie stellte sich die Situation denn für Sie dar?

Hajnal: Ich habe damals nicht gespielt. Beim VfB pfiff mich aber niemand aus, das haben mir auch die Fans persönlich bestätigt. Ich wurde von der Presse ohne wahren Hintergrund herausgepickt. Das war für mich unerklärlich. Aber wenn so etwas erst einmal seinen Lauf nimmt, ist es nicht mehr aufzuhalten.

SPOX: Wie sind Sie dann damit umgegangen?

Hajnal: Das ging natürlich nicht spurlos an mir vorbei, weil es eben schlicht und ergreifend nicht der Wahrheit entsprach. Ich wurde ohne jeglichen Grund in eine Position gebracht, die mir sehr geschadet hat. Ich habe versucht, mich zu wehren, hatte damit aber keinen Erfolg.

SPOX: Seit dem Sommer spielen Sie nun für den FC Ingolstadt in der 2. Liga. Auch aufgrund von Verletzungen kamen Sie aber bislang nur selten zum Einsatz. Wie bewerten Sie Ihre aktuelle Situation?

Hajnal: Die Lage ist unabhängig von meinen Verletzungen alles andere als zufriedenstellend. Ich befinde mich aufgrund eines Rippenbruchs gerade in der Reha. Ich werde alles geben, damit ich schnell wieder fit bin. Was die Zukunft dann bringt wird man sehen.

SPOX: Ihren Karriereaufschwung erlebten Sie als klassischer Zehner. Glauben Sie, dass der Spielmacher an sich nach und nach aussterben wird?

Hajnal: Der ursprünglichen Definition nach ist das sicher richtig. Das gesamte Spiel hat sich enorm verändert. Man muss sehr flexibel sein, auch die Bedeutung der körperlichen Komponente hat deutlich zugenommen. Die Aufgabenfelder der Spieler sind eben sehr variabel geworden. Dennoch stehen jetzt viel mehr Kreativspieler auf dem Platz als früher. Damals war ja einer völlig ausreichend (lacht).

SPOX: Wie sehen denn Ihre Planungen für die Zeit nach der Karriere aus?

Hajnal: Ich möchte im Fußballgeschäft bleiben. In Ungarn habe ich bereits meine A-Lizenz als Trainer erworben. Das könnte ein erster kleiner Schritt sein.

Seite 1: Hajnal über seinen Start in Deutschland und den Zwischenschritt Belgien

Seite 2: Hajnal über sein Verhältnis zu Klopp und den Fan-Ärger beim VfB

Tamas Hajnal im Steckbrief

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