Bis auf den Kaffee passt's

Von Jonas Schützeneder
Peter Stöger (r.) und Jörg Schmadtke sind die neuen Macher beim 1. FC Köln
© getty

Trotz schwieriger Ausgangslage ist der 1. FC Köln nach zwölf Pflichtspielen noch ungeschlagen. Großen Anteil daran hat die neue sportliche Führung. Peter Stöger und Jörg Schmadtke haben einiges verändert, bremsen aber mit aller Mühe die aufkommende Euphorie.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor drei Monaten stand der 1. FC Köln dicht am Abgrund. Zuerst verpasste der Klub den Aufstieg, dann trat Trainer Holger Stanislawski zurück. Dazu hielten die Spekulationen über die Liquidität des Traditionsvereins an.

"Das ist Quatsch", sagte Präsident Werner Spinner mehrmals mit Blick auf eine drohende Insolvenz. Der ehemalige Manager des Pharma-Konzerns Bayer gab aber kürzlich zu, dass der Verein nicht weit davon entfernt war.

"Die Fans dürfen träumen"

Drei Monate später ist Köln nach zwölf Pflichtspielen noch immer ungeschlagen, als Tabellenführer mal wieder Aufstiegsfavorit. Im Pokal wurde nach Siegen über Trier und Mainz das Achtelfinale erreicht. "Die Fans dürfen träumen", sagt Trainer Peter Stöger.

Trotzdem sind er und Sportdirektor Jörg Schmadtke um Ruhe bemüht. Unter der neuen sportlichen Führung hat sich am Rhein einiges geändert.

Begonnen haben Schmadtke und Stöger unter denkbar ungünstigen Voraussetzungen. Der ehemalige Bundesliga-Torhüter Schmadtke kam aus Hannover nach Köln und sollte mit geringen Mitteln eine neue Mannschaft aufbauen.

Umbruch im Sommer

Mit Stöger verpflichtete der Traditionsverein den österreichischen Meistertrainer, der mit Austria Wien einen neuen Punkterekord aufgestellt hatte. Mit purer Begeisterung wurde Stöger trotzdem nicht empfangen. Der Saisonstart verlief aber überraschend verheißungsvoll: Mit fünf Siegen und Platz eins vor Fürth und Union Berlin ist der FC zu einem ersten Anwärter auf den Aufstieg geworden.

"Die Platzierung tut allen gut und ist Motivation", so Stöger über den starken Start, den besten seit elf Jahren. Wieder einmal leiteten die Kölner im Sommer einen Umbruch ein. Zwölf Spieler gingen, elf Spieler kamen. Nicht zu halten war Christian Clemens. Der junge Offensivspieler verabschiedete sich nach Schalke, brachte immerhin knapp drei Millionen Euro ein.

Auch Verteidiger Sascha Riether verließ Köln nach seiner Leihe und wechselte dauerhaft zum FC Fulham. Weitere Spieler wie Reinhold Yabo, Stefan Maierhofer und Christian Eichner erhielten keine neuen Verträge.

Helmes-Rückkehr als Ausrufezeichen

Dafür blieb Torjäger Anthony Ujah. Der Nigerianer war bereits vom 1. FSV Mainz 05 ausgeliehen und kostete zwei Millionen Euro. Ebenfalls aus Mainz kam Marcel Risse, dazu Daniel Halfar vom TSV 1860 München. Den Einnahmen von etwa 4,8 Millionen Euro stehen Ausgaben in Höhe von 3,2 Millionen Euro gegenüber.

Die verstärkte Offensive erhielt kurz vor Transferschluss das letzte Upgrade. Mit der ablösefreien Rückkehr von Patrick Helmes setzte Schmadtke ein Ausrufezeichen. Bislang konnten die Neuzugänge durchwegs überzeugen. Nach anfänglichen Wechseln scheint mittlerweile eine feste Rotation gefunden zu sein.

Nach dem Transfer von Helmes hat sich Stöger vorerst auf ein 4-4-2-System mit zwei defensiven Mittelfeldspielern festgelegt. Vor der Viererkette mit den bundesliga-erfahrenen Miso Brecko und Dominic Maroh bilden Matthias Lehman und Yannick Gerhardt die Doppel-Sechs.

Prunkstück Offensive

Der 19-jährige Gerhardt kam aus der eigenen Jugend ins Profiteam und hat sich unter Stöger schnell zu einer Stammkraft entwickelt. "Er ist laufstark und hat wahnsinnig viel gearbeitet", begründet der Trainer die starke Entwicklung des Junioren-Nationalspielers.

An seiner Seite hat Gerhardt Routinier Lehmann. Den früheren St. Paulianer hatten viele schon abgeschrieben. Unter Stöger spielt Lehmann wieder konstant und hilft mit seiner Erfahrung.

"Wir haben eine gute Mannschaft - vor allem in der Offensive", sagt Stöger nüchtern über das Prunkstück der Kölner. Mit Risse, Halfar, Ujah und Helmes stellt der FC nach Namen die nominell stärkste Angriffsreihe der Liga.

Nur fünf Gegentore

Mit bisher fünf Treffern ist Risse der torgefährlichste Angreifer, Ujah traf viermal. Bis dato hat der FC die meisten Torschüsse der Liga abgegeben. Auch Helmes befindet sich wieder auf einem sehr guten Weg und stellt auf Anhieb eine Verstärkung dar.

Dazu kommt die sichere Defensive, mit lediglich fünf Gegentreffern die beste aller Teams. Stöger hat sich früh festgelegt und ließ die Abwehr einspielen. Mit Torhüter Timo Horn und den Verteidigern Maroh und Miso Brecko haben drei Defensiv-Akteure noch keine Minute verpasst. Bisher kassierte Horn nie mehr als einen Treffer.

"Die gesamte Mannschaft hat bisher sehr gut gegen den Ball gearbeitet, Defensivaufgaben werden schon in der gegnerischen Hälfte übernommen", lobt Schmadtke.

Stöger drohte mit Rauswürfen

Unter Stöger hat sich auch die Chemie innerhalb des Teams deutlich verbessert. Die Stimmung sei nicht mehr mit früher zu vergleichen, betont Rückkehrer Helmes. Die Mischung aus Talenten und Erfahrung scheint derzeit bestens zu harmonieren.

Stöger legt Wert auf Disziplin und Respekt. Bisher haben sich die Kölner noch keinen Platzverweis eingehandelt. Stöger hat sichtlich Spaß in Köln, auch die unruhige Medienlandschaft ist vom offenen Auftreten des Wieners angetan.

Dass er auch gewillt zum Durchgreifen ist, bewies Stöger nach dem schwachen Start mit drei Remis. Nach dem 1:1 in Paderborn drohte Stöger seinen Spielern öffentlich mit Rauswürfen, danach ließ seine Truppe vier Siege und die torlosen Remis gegen die Aufstiegskonkurrenten Fürth und Kaiserslautern folgen.

"Immer mit der Ruhe"

Aufgrund all dieser positiven Gegebenheiten herrscht im Kölner Umfeld selbstredend seit Wochen eine große Euphorie. Der Zuschauerschnitt liegt deutlich über 40.000. Trotzdem - oder gerade deshalb? - versuchen Stöger und Schmadtke die Erwartungen zu dämpfen. "Wir brauchen noch 50 weitere Punkte bis zum Aufstieg", sagte Schmadtke kürzlich.

In einem nicht ganz ernst gemeinten Video wandte er sich zudem an den Kölner Anhang. "Immer mit der Ruhe", lautete die Kernaussage des früheren Düsseldorfer Torhüters.

Doch auch Schmadtke weiß: Setzt Stöger seine Serie fort, wird man weitere Maßnahmen ergreifen müssen, um das begeisterungsfähige Umfeld auf dem Teppich zu halten. Stöger sieht das ähnlich.

"Es ist der falsche Zeitpunkt, um sich mit dem bisher Erreichten zufrieden zu geben", warnt der 47-Jährige. Stöger ist in Köln angekommen. Dem Österreicher fehlt in der Rhein-Metropole derzeit fast nichts. Außer: "Einen Kaffee wie in Wien, den findest du hier nicht."

1. FC Köln: News und Informationen