"Ich stand mir früher oft selbst im Weg"

Von Interview: Jakob Kunz
Domi Kumbela führt die Torschützenliste der zweiten Liga mit zwölf Treffern an
© Imago

Domi Kumbela ist der Top-Torjäger der 2. Liga und eine der Säulen des Erfolgs von Spitzenreiter Eintracht Braunschweig. Vor dem Spiel bei Jahn Regensburg (18 Uhr im LIVE-TICKER) spricht der 28-Jährige im Interview über Skandale, sein daraus resultierendes Dasein als Spätstarter, ungewöhnliche Torjubeleinlagen und den Verzicht auf die Teilnahme beim Afrika Cup.

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SPOX: Herr Kumbela, Sie sind in Kinshasa im Kongo geboren und haben in der Nähe von Pirmasens in der Pfalz angefangen, Fußball zu spielen. Wie kam es dazu?

Kumbela: Als mich meine Eltern beim FC 06 Rodalben angemeldet haben war mir klar, dass ich Fußballer werden möchte. Früher habe ich schon immer auf dem Schulhof in der Pause gerne mit Freunden gekickt. Deswegen hat mich Rodalben in der Jugend irgendwann zu einem Probetraining eingeladen - und da bin ich dann auch erst einmal geblieben.

SPOX: Ihre Eltern sind damals vor dem Krieg geflohen und nach Deutschland gekommen. Wie ist Ihr Draht in die afrikanische Heimat?

Kumbela: Meine Eltern wohnen hier in Deutschland, auch meine Geschwister sind mit einer Ausnahme alle hier geboren. Trotzdem haben wir natürlich Kontakt nach Afrika. Ich habe in Angola und im Kongo immer noch Familie.

SPOX: Gibt es afrikanische Traditionen, die Sie auch in Deutschland pflegen?

Kumbela: Nein, damit habe ich gar nichts am Hut. Ich bin in Deutschland aufgewachsen und seit ich Afrika als kleines Kind verlassen habe, war ich auch nicht mehr dort. Ich kenne eigentlich nur Deutschland.

SPOX: Wann stand fest, dass sie das Zeug zum Profifußballer haben?

Kumbela: Je älter ich wurde, desto mehr habe ich mir Gedanken gemacht, vielleicht auch irgendwann mal Profi zu werden. Der Weg ging dann von Rodalben weiter zur TuS/DJK Pirmasens, danach zum FK Pirmasens. Und irgendwie bin ich dann bei den Amateuren des 1. FC Kaiserslautern gelandet. Das war meine erste Profistation.

SPOX: Beim FCK ist Ihnen dann nach drei Jahren wegen Cannabis-Missbrauch gekündigt worden. Wie bewerten Sie diese Episode im Nachhinein?

Kumbela: Dazu möchte ich nur noch so viel sagen, dass man irgendwann die Seite umschlagen und eine neue Geschichte schreiben muss. Und genau das mache ich gerade mit Eintracht Braunschweig.

SPOX: Sie haben im Braunschweiger Aufstiegsjahr 2010/2011 erstmals in Ihrer Karriere zweistellig getroffen. Da waren Sie bereits 27 Jahre alt.

Kumbela: Ich bin auch ein Spätstarter. Ich hatte früher immer wieder Pech mit einigen Verletzungen, war deshalb nicht in Form und saß des Öfteren auf der Bank. Seit ich wieder in Braunschweig bin, zeigt die Kurve stetig nach oben. Hier kann ich zeigen, was ich drauf habe und endlich Tore schießen. Dass es damals zweistellig wurde und wir aufgestiegen sind, war ein super Erlebnis für mich.

SPOX: Neben der Cannabis-Jugendsünde gibt es noch ein paar weitere unrühmliche Geschehnisse, die in Ihrer Vita verankert sind. Haben Sie daher auch außerhalb des Platzes länger als andere gebraucht?

Kumbela: Ja, vielleicht. Ich muss ehrlich sagen: Ich stand mir früher oft selbst im Weg.

SPOX: Was gab den Ausschlag für Ihre Wandlung?

Kumbela: Ich wollte einfach bei dem, was ich tue, endlich erfolgreich sein. Ich kann nicht im Detail sagen, wann genau der Cut stattgefunden hat. Ich wollte dann die Chance, die ich hier in Braunschweig erneut bekommen habe, endlich nutzen. Ich habe mich auf dem Platz auf das Wesentliche konzentriert und Tore geschossen. Seitdem klappt's (lacht).

SPOX: Haben Sie manchmal gespürt, dass Ihr Image besser sein könnte?

Kumbela: Ja. Ich glaube schon, dass mein Privatleben und wie ich mich außerhalb des Platzes verhalten habe, ein Grund dafür war, dass es nicht früher schon bei anderen Vereinen geklappt hat.

SPOX: Welche Rolle spielt denn Trainer Torsten Lieberknecht bei Ihrer Wandlung zu einem der wichtigsten Spieler der Eintracht?

Kumbela: Eine sehr wichtige. Er war es, der mich zurückgeholt und mir die Chance gegeben hat, zu zeigen, dass ich ein guter Spieler bin. Ich bin ihm schuldig, das Vertrauen mit guter Leistung und vielen Toren zurückzahlen. Die Entwicklung der Mannschaft und des Vereins ist einfach Wahnsinn.

SPOX: Haben Sie mit seinem Anruf gerechnet, bevor er Sie 2010 wieder unter Vertrag genommen hat?

Kumbela: Nein, gar nicht. Das kam von heute auf morgen. Als es bei mir in Ahlen nicht mehr funktioniert hat und ich unglücklich war, bekam ich den Anruf von ihm. Er hat sich erkundigt, wie es mir geht und ob ich Interesse hätte. Es sah in Ahlen so aus, dass es zur Trennung kommen würde. Ich glaube, Torsten Lieberknecht hat Wind davon bekommen. Ich musste dann nicht lange überlegen. Zwei Tage später war ich in Braunschweig.

SPOX: Dort läuft es hervorragend, die Eintracht steht vor der Rückkehr in die Bundesliga. Lieberknecht hat dennoch das Wort "Aufstieg" auf den Index gesetzt. Mal ehrlich: Wie oft träumen Sie momentan von der Bundesliga?

Kumbela: Ich schaue sie mir zumindest immer an (lacht). Natürlich will jeder Spieler irgendwann mal Bundesliga spielen, auch ich und am liebsten mit Braunschweig. Ich hoffe, dass es schnellstmöglich klappt. Deswegen habe ich auch langfristig verlängert.

SPOX: Und zwar bis 2016 trotz lukrativer Alternativen. Was waren die Gründe?

Kumbela: Ich fühle mich im Verein, bei diesem Trainerteam, aber auch in der Region, unglaublich gut aufgehoben. Die Gespräche sind sehr harmonisch verlaufen. Der Braunschweiger Weg ist noch nicht zu Ende - und ich will dabei sein.

SPOX: Sie haben jetzt schon 12 Tore geschossen und bejubeln diese teils ausgefallen. Wie beispielsweise gegen Ingolstadt, als Sie einem Fan die blau-gelbe Strickmütze vom Kopf geklaut und damit einen Treffer bejubelt haben.

Kumbela: So etwas passiert ganz spontan. Manche Spieler springen wild herum oder tanzen, andere umarmen Mitspieler oder Betreuer. Ich glaube, bei der Mützenaktion hat sich der Fan riesig gefreut. Ich hoffe, dass sich die anderen Fans jetzt auch so eine Mütze kaufen werden.

SPOX: Durch Ihre Tore sind Sie im Dezember erstmals von Trainer Claude Le Roy in den erweiterten Kader der kongolesischen Nationalmannschaft für den Afrika Cup berufen worden. Sie haben aber entschieden, sich auf die zweite Liga zu konzentrieren. Wieso?

Kumbela: Es war eine Ehre, zum Afrika Cup eingeladen zu werden. Ich habe mich aber schweren Herzens dagegen entschieden. Mit Sicherheit wäre das Turnier eine sensationelle, für mich persönlich vielleicht sogar einmalige und außergewöhnliche Erfahrung geworden, im eigenen Kontinent für mein Heimatland zu spielen. Ich wollte aber in Braunschweig die Vorbereitung machen, um im neuen Jahr an das gute alte anzuknüpfen. Die Saison läuft so gut für uns, daran möchte ich weiterhin beteiligt sein.

Domi Kumbela im Steckbrief