Hertha besteht den Charaktertest gegen Union

SID
Unions Marc Pfertzel (r.) ist vor Herthas Änis Ben-Hatira am Ball
© Getty

Für Hertha BSC hatte der Sieg im Berliner Derby eine riesige Bedeutung. Endlich herrscht nach dem drohenden Fehlstart Ruhe. Union beginnt dagegen mit den eigenen Fehlern zu hadern. Ein angefressener Union-Profi sorgt für Aufregung.

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In der 89. Minute ging nichts mehr bei Änis Ben-Hatira. Der Mittelfeldspieler von Hertha BSC verließ entkräftet den Rasen, John Anthony Brooks kam für ihn. Gut vier Minuten später war Ben-Hatira wieder da. Mit einem dicken Verband am lädierten Fuß erklomm er den Zaun des Gästeblocks und feierte mit den Fans den 2:1-Derbysieg beim 1. FC Union.

Einen Sieg, der in der Tabelle der 2. Fußball-Bundesliga auch nur mit drei Punkten notiert wird, "aber für unsere Fans sind das mehr als drei Punkte", sagte Kapitän Peter Niemeyer. Es war im dritten Anlauf Herthas erster Sieg gegen den Stadtrivalen, was die Anhänger gesanglich gleich einzuordnen wussten: "Die Nummer eins der Stadt sind wir."

Die Fans waren glücklich, die Spieler unheimlich erleichtert. Sieben Punkte nach nun vier Spielen seien "zwar nicht optimal, aber wir haben Tuchfühlung nach oben", sagte Mittelfeldspieler Peer Kluge.

Hertha klettert von 13 auf 6

In der Tat gelang Hertha ein Sprung, der so nur in der Frühphase der Saison möglich ist: von Platz 13 auf Rang sechs. Dieser Satz bringt vor der anstehenden Länderspielpause vor allem eines: Ruhe. Die Diskussionen um den bis dato mäßigen Start - inklusive Pokalblamage in Worms - werden erst einmal verstummen.

Als fußballerischer Leckerbissen wird die Partie in der heißen Atmosphäre der Alten Försterei nicht im Gedächtnis bleiben. Als hochspannendes und mitreißendes Duell sehr wohl. Spielerisch war Union zu schwach, um Hertha gefährlich zu werden. Also taten die Gastgeber das, was sie am besten können: sie kämpften, kämpften und kämpften.

"Fußball haben wir erst in der zweiten Halbzeit gespielt", sagte Trainer Uwe Neuhaus. Das reichte, um den Favoriten vorübergehend in Bedrängnis zu bringen, Christopher Quiring glich in der 69. Minute die Hertha-Führung durch Sandro Wagner (30.) aus.

Torwartposition diesmal kein negatives Thema

In der jüngeren Vergangenheit reichte solch ein Rückschlag oft aus, um Hertha völlig aus der Bahn zu werfen. Diesmal aber blieben die Gäste cool und profitierten von Unions Unbedarftheit.

Der eingewechselte Ronny drosch den Ball durch eine dilettantisch agierende Mauer Richtung Tor von Daniel Haas. Der Schuss war hart, unhaltbar war er nicht. "Der Trainer hat den Sieg eingewechselt", sagte Manager Michael Preetz.

"Wir sind über 90 Minuten als Team aufgetreten, haben uns gegenseitig unterstützt und sind nicht eingeknickt", machte jener von Preetz gelobte Jos Luhukay gleich ein ganzes Bündel an Fortschritten aus.

Zudem war die Torwartposition endlich einmal kein negativ belegtes Gesprächsthema. Sascha Burchert, der den kurzfristig mit Rückenproblemen ausgefallenen Thomas Kraft ersetzte, hielt in den wenigen brenzligen Situationen exzellent.

Unions Quiring motzt

Befreiungsschlag hier, Krise dort. "Wir müssen endlich da unten raus", forderte Kapitän Torsten Mattuschka. Wissend, dass der Platz im Keller allein schon wegen der Länderspielpause etwas länger gebucht ist. Aber vermutlich nicht nur deshalb.

Union ist mit nur einem Punkt Tabellen-16. und wirkt bislang im Offensivspiel erschreckend harmlos; zudem wird "momentan jeder Fehler von uns brutalst bestraft, das zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison", klagte Trainer Neuhaus.

Noch deutlichere Worte fand Unions Christopher Quiring gegenüber "Sport1" nach der Partie: "Wenn die Wessis in unserem Stadion jubeln, krieg ich das Kotzen."

Das verlorene Derby bekam nach Spielschluss eine noch bitterere Note: Mittelfeldspieler Michael Parensen musste mit Verdacht auf Schien- und Wadenbeinbruch ins Krankenhaus.

Union Berlin - Hertha BSC: Daten und Fakten

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