"Die Jungs sind fast zu gut vom Charakter"

Von Interview: Christian Bernhard
Sportchef Florian Hinterberger peilt mit 1860 München mittelfristig die Bundesliga an
© Getty
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SPOX: Zuletzt hat auch das Tauziehen mit Hoffenheim um Kevin Volland die Schlagzeilen bestimmt.

Hinterberger: Wir hatten auf allen Ebenen Kontakt mit Hoffenheim: Herr Schneider und Herr Schäfer mit Ernst Tanner, Rainer Maurer mit Holger Stanislawski. Und ich habe versucht, herauszufinden, was Kevin am liebsten will. Da wurde mir klar, dass er sehr gerne bis zum Sommer in München bleiben würde. Ich habe Kevin dann geraten, dass er das auch Herrn Tanner sagen soll, dass er merkt, wie wohl sich Kevin hier fühlt. Das alles hat schon eine Rolle gespielt.

SPOX: Am Ende haben Sie sich bei Hoffenheim bedankt.

Hinterberger: Ja, denn noch im Oktober hätte ich nicht damit gerechnet, dass uns Kevin erhalten bleibt. 1899 hätte ja auch sagen können: Das ist unser Spieler, der soll kommen. Mit dieser Entscheidung haben sie über den Tellerrand hinausgeblickt und bewiesen, dass ihnen viel am Spieler und seiner Entwicklung liegt - unabhängig davon, dass es uns zu Gute kommt. Kevin hat eine längere Pause bei uns, er kommt nicht im Winter in ein neues Umfeld und kann dann im Sommer neu anfangen. Andere hätten vielleicht gesagt: Der kommt, und uns ist es egal, wenn er auf der Bank oder Tribüne sitzt. Dafür habe ich mich explizit bei Ernst Tanner bedankt und darüber hat er sich gefreut.

SPOX: Gab es alternative Pläne, falls Volland doch hätte gehen müssen? Der Name Peniel Mlapa fiel beispielsweise.

Hinterberger: Das war nie ein Thema. Wir haben uns auf Kevin konzentriert, und hätte das nicht funktioniert, hätten wir jetzt eine Lösung finden müssen. Diese Geschichte war die mit Abstand wichtigste für den Winter.

SPOX: War Volland der letzte der jungen 1860-Spieler, der verkauft werden musste?

Hinterberger: Stand jetzt, ja. Und ich hoffe, dass es so bleibt: Lange, ewig, für immer. Unser Ziel ist es, keine Spieler unter Wert verkaufen zu müssen. Bei einem perfekten Transfer sollten alle Parteien einverstanden sein und der Preis sollte stimmen. Das war in der Vergangenheit nur selten der Fall.

SPOX: Rosig ist die finanzielle Situation aber immer noch nicht.

Hinterberger: Der Konsolidierungskurs ist nicht einfach. Man sieht, wie schwer es ist, nicht in die roten Zahlen zu rutschen - selbst wenn man sehr sparsam ist. Wir werden wohl auch in dieser Saison kein ausgeglichenes Ergebnis erzielen. Ein gewisses Niveau im Hinblick auf den Etat sollten wir halten. Wir gehören sicher zum Mittelfeld der Zweiten Liga. Damit kann man mittelfristig eine gute Mannschaft aufbauen.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Hinterberger: Es wäre schon schön, wenn wir einen gewissen Spielraum im Budget hätten. Das man mal sagt: Okay, jetzt bin ich ein bisschen drüber, aber beim nächsten Mal sparen wir das wieder ein. Das Korsett ist schon sehr eng - aufgrund der Geschichte des Vereins ist das nachvollziehbar.

SPOX: Der Verein muss also mittelfristig aufsteigen, um die Kosten, wie zum Beispiel die Arena-Miete, stemmen zu können?

Hinterberger: Ja, alleine schon wegen unserer Kostenstruktur sollten wir mittelfristig aufsteigen - unabhängig von der Tradition und vom Fakt, dass Sechzig in die Bundesliga gehört. Das müssen wir in den nächsten Jahren schaffen - am liebsten so schnell wie möglich. Sonst haben wir immer ein Problem. Das Ziel muss sein, die Mannschaft kontinuierlich voranzubringen, ohne hunderte von Millionen rauszuschmeißen.

SPOX: Provokant gefragt: Auf was können sich die Löwen-Fans in den kommenden drei, vier Jahren freuen?

Hinterberger: Erst einmal, dass wir nicht tot sind und in der Bayernliga spielen, und dass wir noch unser Nachwuchs-Leistungszentrum und eine Profimannschaft haben. Das ist das allerwichtigste und das sollte man so schnell auch nicht vergessen, denn die Rettung kam in allerletzter Sekunde. Hätte das nicht geklappt, wäre das Gejammer ganz groß und heute würde man auch nicht mehr hochkommen - vor allen Dingen, wenn die Strukturen des Vereins kaputt sind. Das ist schon mal große Freude. Dann hoffe ich, dass sie sich auf eine Mannschaft freuen können, die sich sukzessive Richtung Bundesliga entwickelt und die guten Fußball spielt. Wenn man wirklich um die ersten Plätze mitspielt, dann kommt alles andere von alleine: die Zuschauer, die Begeisterung. Das ganz große Ziel ist der Aufschwung. Aber wenn es so ist, dass man langsam dahinkommt, dann soll es so sein. Und noch einmal: In den letzten acht Jahren haben wir das Geld zum Fenster rausgeschmissen und zum Teil gegen den Abstieg gespielt. Das wollen wir nicht mehr erleben.

Florian Hinterberger im Steckbrief

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