Von der Hundeleine zum Lasso

Von Matthias Faidt
Herthas Sturmhoffnung: Pierre-Michel Lasogga netzte bereits neunmal für den Tabellenführer ein
© Getty

Pierre-Michel Lasogga ist in dieser Saison der unerwartete Aufsteiger bei Hertha BSC Berlin, dem aktuellen Tabellenführer der 2. Liga. Dabei plante der Hauptstadtklub mit einem Millioneneinkauf an Lasoggas Stelle.

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Das Lasso ist der verlängerte Arm des Jägers. Eine Seilschlinge mit großer Reichweite, die sich blitzschnell zuzieht, sobald das Ziel anvisiert ist.

Auch ein Torjäger muss zuschlagen, wenn sich ihm die Gelegenheit bietet. Hertha BSC verfügt über ein brandgefährliches Lasso im Sturmzentrum: Pierre-Michel Lasogga.

Es ist die 32. Spielminute am 12. Spieltag, als die erlösende Führung fällt: Raffael bringt den Ball von der linken Seite nach innen, Bochums Schlussmann Andreas Luthe verschätzt sich böse. Der groß gewachsene Mittelstürmer mit den braunen Haaren nickt den Ball vom rechten Eck des Fünfmeterraums ein. Im zweiten Durchgang legt er einen weiteren Treffer nach. Es ist der Beginn eines steilen Aufstiegs.

25 Tore in 25 Spielen

Lasogga, den die Fans früh "Lasso" taufen, spielt seine erste Profisaison. In bisher 19 Einsätzen netzte er bereits neunmal ein. Im Sommer kam der 19-Jährige von Bayer Leverkusen in die Hauptstadt. Unterm Bayer-Kreuz hatte er die A-Jugend-Mannschaft noch mit 25 Toren in 25 Spielen zur Vizemeisterschaft in der Bundesliga geschossen.

Der Stiefsohn von Oli Reck (467 Bundesliga-Spiele für Schalke 04, Werder Bremen, Kickers Offenbach), der vor seiner Zeit in Leverkusen auch schon für den VfL Wolfsburg aktiv war, unterschrieb im Sommer einen Vertrag bis 2013 an der Spree.

Zwölf Spieltage Anlauf

Bis zum zwölften Spieltag durfte der Stürmer jedoch nur 100 Minuten Zweitligaluft schnuppern. Nebenbei kickte er in der Regionalliga Nord und traf für die zweite Mannschaft dreimal in fünf Spielen.

Aber das Nachwuchs-Schnäppchen sollte ausreichend Zeit bekommen, sich zu entwickeln - im Schatten der großen Sturmhoffnung.

Feierabend für Friend

Schließlich investierte der Haupststadt-Klub vor Saisonbeginn stolze 1,8 Millionen Euro in den 30-jährigen Rob Friend (von Borussia Mönchengladbach). Ein kanadischer Nationalspieler, der einst zweitbester Torschütze der 2. Liga (2007/08: 18 Treffer) war und über einen großen Erfahrungschatz aus Bundesliga und UEFA-Cup (SC Heerenveen) verfügt. Friend sollte die Herthaner Torkonstante im Aufstiegsrennen werden.

Der Plan ging auf - Berlin führt die Tabelle an, doch Friend ist dabei lediglich Einwechselspieler. Seit dem elften Spieltag stand er noch ganze dreimal in der Startelf und wurde nur sechsmal in der Schlussphase eingewechselt.

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Bochum war der Startschuss

Lasso hat ihm schnell den Rang abgelaufen. Seit seinem Doppelpack gegen den Aufstiegskonkurrenten aus Bochum durfte er zwölfmal von Beginn an stürmen und hat sich als Herthas Angreifer Nummer eins längst etabliert.

Eine Entwicklung, die man so allerdings nicht erwarten konnte. Bei seiner Ankunft in Berlin war Lasogga nicht fit, sein Auftreten wirkte schon fast pomadig. Das Lasso hatte damals eher etwas von einer schlaffen Hundeleine.

Das hat sich geändert. Wie Trainer Markus Babbel feststellte, habe er inzwischen das Aussehen eines richtigen Profis: Lasso ist austrainiert und sein Körper seine große Stärke.

Müller vollen Lobes für Lasogga

"Pierre hat verinnerlicht, dass man tagtäglich hart an sich arbeiten muss, um sich zu verbessern", erklärt Andreas Müller die Entwicklung des Herthaners gegenüber SPOX. Der Ex-Manager des FC Schalke 04 ist Teilhaber der GoalSky AG, die auch Lasogga berät, und hier für die Beobachtung junger Spieler zuständig.

Von seinem Schützling ist Müller vollends überzeugt: "Er bringt die Eigenschaften mit, die sich jeder Trainer und Verein von einem Spieler wünschen. Neben seinem Talent bringt er Fleiß, Disziplin und einen unbändigen Siegeswillen mit."

Bullig, willig, gierig - diese Eigenschaften vereint der gebürtige Gladbecker auf hochgeschossene 189 cm (88 kg). Doch trotz seiner Körpergröße traf er bislang hauptsächlich mit dem Fuß (dreimal mit dem Linken, fünfmal mit dem starken Rechten), nur einmal vollstreckte er per Kopf.

Sein bester Zulieferer ist Nikita Rukavytsya, jedes dritte Lasso-Tor leitete der flinke Australier ein.

Nun ruft die Nationalmannschaft

"Neben seinem ausgeprägten Torriecher sind seine Schnelligkeit, die Physis, das Kopfballspiel und die Zweikampfhärte seine großer Trumpf, um sich in den nächsten Jahren auf höchstem Niveau zu etablieren", prophezeit Müller.

Der unerwartete Leistungssprung des 19-Jährigen wird auch außerhalb der Hauptstadt registriert: Deutschlands U-21-Trainer Rainer Adrion nominierte ihn erstmals für die Länderspiele gegen die Niederlande (25. März) und Italien (29. März). Gegen die Niederlande schoss er beim 3:1 auch auf Anhieb das Tor zum 1:0.

Ein weiterer wichtiger Schritt in Lasoggas rasanter Karriere - im Sommer dürfte es mit den ersten Auftritten im Fußball-Oberhaus weitergehen.

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