Rakics Torgeheimnis: Mittagessen mit Müller

Von Daniel Reimann
In der vergangenen Rückrunde traf Djordje Rakic dreimal, auch gegen Bielefelds Dennis Eilhoff
© Getty

Djordje Rakic ist für den TSV 1860 das Schnäppchen des Sommers. Der Serbe traf bereits viermal, kostete aber noch keinen Cent Ablöse. In München hat er sein Glück gefunden, auch dank Gerd Müller. Für seinen Ex-Klub Red Bull Salzburg hat er hingegen wenig übrig. Der Beinahe-Zahnarzt Rakic im Porträt.

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In Duisburg läuft die 84. Minute. Die Schlussphase einer mäßigen Partie zweier Aufstiegsaspiranten, die um den Anschluss an die vordersten Plätze kämpfen. Es steht 0:0, beide Teams scheinen sich mit dem Remis abgefunden zu haben.

Dann segelt noch einmal ein Alibi-Freistoß von 1860 München in den Duisburger Strafraum. Doch Röslers Kopfball ist ein Geschenk für MSV-Keeper Tom Starke. Löwen-Trainer Ewald Lienen erklärte später: "Ich hatte mich schon abgedreht, wollte die vergebene Torchance notieren." Doch urplötzlich springt die Ersatzbank der Münchner jubelnd auf.

Was war geschehen? Starke ist der Ball wieder aus den Händen geglitten, Radhouene Fehli reagiert schnell, legt quer und plötzlich steht Djordje Rakic, der im Winter auf Leihbasis zu 1860 kam, frei vor dem leeren Tor.

Doch zunächst verstolpert er, verliert beinahe den Ball und lässt sich abdrängen. Als ein Abschluss bereits unmöglich scheint, trifft Rakic doch noch per Drehschuss aus spitzem Winkel. Und so soll also ein Torjäger aussehen?

Mehr als nur ein Goalgetter

Mit Verlaub. Djordje Rakic ist sogar mehr als nur ein Torjäger. Das versuchte schon Münchens Ex- Geschäftsführer Manfred Stoffers den Fans auf minder kreative Art nahe zu bringen. "Rakic kann rackern, wie der Name schon sagt. Er ist eine klassische Kämpfernatur", lobte Stoffers den 24-Jährigen.

In der Tat: Rakic fightet auf dem Platz, durch seine Leidenschaft reißt er das Team mit und das Spiel an sich, wie er beim 3:1 gegen den VfL Osnabrück in dieser Saison eindrucksvoll unter Beweis stellte. Zwei Tore selbst erzielt, eins vorbereitet: Rakic hat die Partie quasi im Alleingang entschieden.

Hat er also das Zeug zum emotionalen Leader, den 1860 seit Jahren verzweifelt sucht? Ja, sagt Sportdirektor Miroslav Stevic über seinen serbischen Landsmann: "Er ist immer top- motiviert und überzeugt mit seinem Siegeswillen."

Rakics Erfolgsgeheimnis? Gerd Müller!

Rackern, vorangehen, das Team antreiben. Alles schön und gut, doch am Ende des Tages wird ein jeder Stürmer an seinen Toren gemessen. Vier Treffer in sieben Ligaspielen steht da geschrieben, für Rakic also kein Problem.

Wo dieser vielversprechende Saisonstart seinen Ursprung hat? Würde man Trainer oder Mitspieler fragen, würden sie wohl Rakics vorbildliche Schusstechnik, die Kopfballstärke oder seinen Torriecher erwähnen. Fragt man aber den Serben persönlich, heißt die Antwort: Gerd Müller!

Tatort: Ristorante da Fausto, ein italienisches Restaurant in der Nähe des Münchner Tierparks. Genauer gesagt: Der Lieblingsitaliener von Djordje Rakic - und Gerd Müller. Und so laufen sich der Löwen-Knipser und der legendäre Bayern-Bomber so manches Mal über den Weg.

Das ist offenbar auch der Grund für Rakics Treffsicherheit und nebenbei ein gefundene Fressen für Abergläubische: "Unglaublich, aber immer, wenn ich ihn treffe, schieße ich danach ein Tor", verriet der 24-Jährige einst dem "Kicker".

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Dabei wäre er fast Zahnarzt geworden...

Manch ein Löwen-Fan würde ihm deshalb wohl gerne Gerd Müller als Glücksbringer ans Bein ketten, würde es Rakic nicht am Laufen hindern. Dabei können die 1860-Anhänger von Glück reden, dass der Serbe einst überhaupt den - wie sich mit der Zeit herausstellte - richtigen Weg eingeschlagen hat.

Denn um ein Haar hätte Rakic in jungen Jahren eine wichtige Familientradition fortgeführt. Sein Vater ist Zahnarzt in Serbien, seine Mutter Allgemeinärztin. Und der Sohn ging folglich auf eine Schule, in der er nebenher zum Zahntechniker ausgebildet wurde.

"Mit 17 hätte ich beinahe Medizin studiert, habe mich dann aber doch für den Fußball entschieden", erklärte Rakic der "Bild".

"RB Salzburg ist ein reiner Marketing-Verein"

Und so landete er schließlich nach dem Wechsel aus Serbien zu Red Bull Salzburg und einem kurzen Intermezzo bei Reggina Calcio in München.

Heute denkt Rakic mit wenig Wohlwollen an die Zeit in Österreich zurück: "Salzburg ist ein reiner Marketing-Verein. Da gibt es keine Fußball-Atmosphäre - das ist mit Ausnahme von Rapid Wien in ganz Österreich so", trat Rakic gegen seinen Ex-Klub nach.

In der bayrischen Landeshauptstadt hat er hingegen sein Glück gefunden: "Hier fühle ich mich wohl, ich freue mich, meine Freunde wiederzusehen" erklärte er nach seiner Unterschrift im Sommer. Mit 1860 verbindet den 24-Jährigen mehr als nur seine stilechte Löwenmähne: "Es gab mehrere Anfragen, aber für mich war 1860 die einzige Wahl."

Auch für 1860 war der Rakic-Deal ein lohnendes Geschäft: Die Löwen mussten noch nicht einen Cent an seinen alten Arbeitgeber überweisen - die 100.000 Euro Ablöse werden angeblich erst im Juli 2011 fällig. Und selbst das ist bei den Torjäger-Qualitäten von Djordje Rakic noch ein echtes Schnäppchen.

Vier Tore in sieben Ligaspielen 2010/2011: Die Bilanz von Djordje Rakic