Diego schießt Bremen ins Halbfinale

Von Stefan Rommel
Das 3:1: Quagliarella ist schneller am Ball als Pasanen (l.) und trifft flach ins rechte Eck
© Getty

Werder Bremen steht im Halbfinale des UEFA-Pokals. Ein hart umkämpftes 3:3 (3:1) bei Udinese Calcio reichte den Hanseaten nach dem 3:1-Sieg aus dem Hinspiel für den Einzug in die Vorschlussrunde. Dort wartet jetzt Ligarivale Hamburger SV zum rein deutschen Duell. Den Hamburgern genügte eine knappe 1:2-Niederlage bei Manchester City zum Weiterkommen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

In einem nervenaufreibenden Spiel boten sich beide Mannschaften vor 25.000 Zuschauern im Stadio Friuli von Udine einen packenden Schlagabtausch.

Die frühe Führung der Italiener durch Gökhan Inler (15.) glich Bremens Spielmacher Diego nach einer feinen Einzelleistung aus (28.). Ein Doppelschlag von Fabio Quagliarella (30., 38.) ließ Bremen zittern.

Diegos zweiter Streich (60.) ließ die Gäste aufatmen, Claudio Pizarro besorgte die Entscheidung (73.). Nur Sekunden zuvor hatte Diego einen an ihm selbst verschuldeten Elfmeter verschossen (72.).

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Udine wie erwartet im gewohnten 4-3-3. Im Vergleich zur Vorwoche nur eine Änderung: Pepe sitzt auf der Bank, für ihn stürmt Floro Flores.

Bei den Gästen aus Bremen auch eine Änderung: Für Boenisch verteidigt Pasanen hinten links.

12.: Riesen-Ding! Eckball von rechts durch Diego. Naldo kommt völlig frei zum Kopfball - trifft aber Mertesacker. Der wäre drin gewesen...

15., 1:0, Inler: Der Schweizer zieht von halb rechts aus 25 Metern ab und trifft genau in den Winkel. Wiese kommt nur mit den Fingerspitzen dran.

16.: Die Antwort von Werder. Wieder Fritz aus dem rechten Halbfeld auf Almeida. Aus fünf Metern vorbei. Der muss rein!

28., 1:1, Diego: Pizarro stört am gegnerischen Strafraum. Zapata hat den Ball am Fuß und pennt. Da kommt Diego, schnappt sich die Kugel, windet sich um Domizzi und zwirbelt den Ball aus 12 Metern in den linken Winkel.

30., 2:1, Quagliarella: Langer Ball über die rechte Bremer Abwehrseite. Fritz ist unaufmerksam und der Italiener frei durch. Vom Strafraum-Eck hebt er den Ball über den herausstürmenden Wiese ins Tor.

38., 3:1, Quagliarella: Inler lupft am Strafraum auf den Nationalstürmer. Der nimmt mit der Brust an und zieht direkt ab. Flach links unten ins Eck.

45.: Almeida zieht aus 20 Metern ab. Handanovic lässt abklatschen und Pizarro schießt den Keeper aus drei Metern an.

55.: Quagliarella nimmt den Ball am Sechzehner mit dem Rücken zum Tor an, dreht sich um Naldo und schießt Zentimeter am linken Pfosten vorbei.

60., 3:2, Diego: Kluger Querpass von Pizarro auf Almeida. Der knallt aus sechs Metern volley an die Latte. Den Abpraller köpft Diego aufs Tor. Handanovic ist dran, der Ball ist aber schon über der Linie.

64.: Eine Freistoß-Flanke wird von Mertesacker unglücklich mit dem Kopf verlängert. Pepe steht rechts frei und zieht aus spitzem Winkel am langen Pfosten vorbei.

65.: Asamoah walzt durchs Mittelfeld, zieht aus 22 Metern ab. Wiese geschlagen, der linke Pfosten rettet.

72., Elfmeter für Bremen: Domizzi langt Diego völlig unnötig in die Beine.

73., Diego verschießt: Langer Anlauf, Schuss ins linke Eck. Handanovic faustet weg.

73., 3:3, Pizarro: Die anschließende Ecke köpft Mertesacker aufs Tor. Pizarro lauert und haut den Ball aus vier Metern unter die Latte.

91.: Domizzi aus drei Metern - Pfosten.

So lief das Spiel: Udine gleich aggressiv im Zweikampf und mit gutem Pressing. Werder unkonzentriert, vor allem in der Abwehr mit wenigen klaren Aktionen. Gerade, als es besser zu werden schien, schockte Inler die Gäste mit dem 1:0.

Udine danach noch bestimmender. Bremen machte den Fehler und versuchte das Tempo der Gastgeber mitzugehen - anstatt das Spiel ruhig zu machen und zu kontrollieren. Die Folge waren etliche leichte Ballverluste und damit waren deutlich mehr Ballbesitz und Spielanteile für Udine.

Das 1:1 durch Diegos erste echte Aktion im Spiel stellte den Verlauf der Partie ziemlich auf den Kopf und hätte Bremen endlich Sicherheit geben sollen. Nach vorne lief es in der Folge sogar besser, die Rückwärtsbewegung blieb aber weiter katastrophal.

In der zweiten Halbzeit an sich das selbe Spiel - allerdings nutzte Werder seinen Chancen deutlich besser und Udine verlor spätestens nach Pizarros Ausgleich die Lust am Spiel.

Der Star des Spiels: Trotz der Doppeltorschützen Quagliarella und Diego... Von Kwadwo Asamoah dürfte vor den beiden Spielen im Bremer Lager noch kaum jemand gehört haben. Jetzt kennt den 20-Jährigen jeder. Der Ghanaer lieferte auf der linken Seite im Mittelfeld ein Bombenspiel, heizte Tziolis und Fritz permanent ein, erkämpfte Ball um Ball und fand sogar noch Zeit zu gefährlichen Torabschlüssen. Eine glatte Eins mit Stern.

Die Gurke des Spiels: Tim Wiese hatte den Mund in den letzten Tagen und Wochen ganz schön voll genommen, vor allem in Bezug auf Jens Lehmanns angebliche Ambitionen auf eine Rückkehr ins DFB-Tor. Aber vollmundigen Worten muss man eben auch Taten folgen lassen. Und das tat Wiese in Udine nicht. Beim 1:0 stand er viel zu weit vor dem Kasten, beim 2:1 stürmte er ohne große Not aus dem Tor und ließ sich überlupfen. Im Prinzip war jeder Schuss, der aufs Tor kam, auch drin. Besonders pikant: Nach einer harmlosen Ecke leistete sich Wiese fast denselben Fauxpas wie Lehmann neulich in Bochum, als er mit dem Ball in der Hand beinahe über die Torlinie stolperte.

Die Lehren des Spiels: Bremen kam mit den hoch stehenden Gastgebern, deren aggressivem Pressing und den immer wieder beherzt nachrückenden Mittelfeldspielern überhaupt nicht klar. So wurde die Bremer Hintermannschaft wie in längst vergessen geglaubten Zeiten zur reinsten Schießbude.

Udine zeigte das beste Heimspiel der Saison und schied unglücklich aus. Das Konterspiel der Italiener war famos, die Abwehrleistung allerdings ungenügend. Bei sechs Gegentoren kann man den Einzug ins Halbfinale eines europäischen Wettbewerbs nun mal abschreiben.

Bremen spielte viel zu wenig über die extrem anfälligen Außenpositionen der Gastgeber, setzte gegen die hoch stehenden Italiener viel zu wenige Nadelstiche.

Wenn Werder dann aber mal bis zum Tor durchkombinierte, wurde es gleich gefährlich. Allerdings war von der beinahe perfekten Chancenverwertung aus dem Hinspiel nicht mehr viel zu sehen.

Jetzt kommt es also tatsächlich zum rein deutschen Halbfinale gegen den HSV - den die Bremer damit insgesamt vier Mal in den nächsten Wochen begegnen. Eins ist damit jetzt schon sicher: Seit 2002 (Borussia Dortmund) steht wieder ein deutscher Vertreter im UEFA-Cup-Endspiel.

Udinese Calcio - Werder Bremen