Die Saison im Zeitraffer

Von Für SPOX in Bremen: Stefan Rommel
Pippo Inzaghi (2.v.l.) brachte Milan in der ersten Halbzeit in Führung
© Getty

Die beste Rückrundenleistung genügte Werder Bremen nicht, um sich gegen den AC Milan durchzusetzen. Das 1:1 im Hinspiel der Zwischenrunde des UEFA-Cups spiegelte die gesamte Saison der Bremer wieder.

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"Es war mehr drin!" Vier schnöde Worte fassten einen vergnüglichen, aber dem Ergebnis nach nicht sonderlich erfolgreichen Abend aus Bremer Sicht treffend zusammen.

Thomas Schaaf hielt sich bei der Analyse der 90 Minuten seiner Mannschaft gegen den AC Milan gar nicht lange mit zögerlicher Diplomatie auf, der Bremer Coach brachte auf den Punkt, was die Mehrzahl der Fans im Stadion und zu Hause wohl auch dachten.

So viel auch drin gewesen sein mag, am Ende holte Werder im Hinspiel der UEFA-Cup-Zwischenrunde gegen die Italiener ein 1:1, was nach den Gesetzmäßigkeiten des Wettbewerbs gemeinhin nur als unzureichendes Resultat taugt und das für das Rückspiel in acht Tagen in San Siro nach einem kleinen Wunder verlangt. Zur Analyse

Pippo macht den Unterschied

Gegen die Könige der Effektivität sahen die Bremer Angreifer wie plumpe Anfänger aus, von drei Mailänder Torschüssen zappelte einer im Netz, alleine Filippo Inzaghis Trefferquote lag bei 50 Prozent. Die vollen 100 verhinderte in der zweiten Halbzeit nur die Latte.

Es ist herrlich plakativ zu sagen, dass der Unterschied an diesem Abend ein hagerer Kerl mit dem Spitznamen Super-Pippo gewesen war. Und irgendwie ist es auch ein zulässiger Vergleich. Denn was die Bremer auch gegen einen Großen des europäischen Fußballs an Gelegenheiten liegen ließen, war beinahe sagenhaft.

"Wir haben eine Menge Chancen herausgespielt und in der zweiten Halbzeit auf ein Tor gespielt - und das gegen den AC Mailand. Das ist ein gutes Zeichen", resümierte zwar Schaaf. Er vergaß jedoch zu erwähnen, dass sich in seiner Mannschaft niemand dazu bereit erklärte, die massenhaft vorhandenen Chancen auch zu nutzen.

Was bisher keine hervorstechende Bremer Untugend war, ist mittlerweile der reine Mainstream. "Wir müssen endlich anfangen, in den entscheidenden Phasen die Tore zu erzielen. Das haben wir heute wieder nicht geschafft", sagte Per Mertesacker zu SPOX. "Ein frühes Tor hat gefehlt. Das hätte uns Sicherheit gegeben und etwas die Luft rausgenommen. So mussten wir pausenlos powern."

90 Minuten Drama

Und so entwickelte sich ein Spiel, das die Bremer Saison in 90 Minuten besser hätte nicht zusammenfassen können. Werder zeigte Hochs und Tiefs, zeitweise taten sich Abgründe auf, dann brillierte die Mannschaft für einige Augenblicke wieder.

Werder lieferte das mittlerweile gewohnte Drama, aufgeteilt in mehrere Akte, alle hübsch verpackt zwischen Anpfiff und Abpfiff - und führte sich selbst alle Fehler dieser Spielzeit wieder vor Augen. Dem 0:1 von Inzaghi ging ein fulminanter Querschläger von Clemens Fritz voraus.

"Das war ein katastrophaler Fehler. Ich wollte den Pass spielen, habe aber den Ball nicht richtig getroffen. Wir wollten genau diese Fehler abstellen. Es tut mir leid für die Mannschaft", sagte der Delinquent.

"Eigentlich weiß man, dass man den Ball in so einer Situation nicht quer spielen darf. Das war eine Todsünde", raunzte Sportdirektor Klaus Allofs. "Wir dürfen den Gegner nicht immer so zum Toreschießen einladen." Ein Satz, den Allofs in dieser Saison schon gefühlte hundert Mal von sich geben musste.

Werder konstant unkonstant

Der Lerneffekt scheint sich aber jedes Mal schneller wieder zu verflüchtigen als ein paar Milliarden bei der Hypo Real Estate. Allerdings gab es auch - wie so oft in dieser Saison - einige positive Anhaltspunkte. "Wir hatten schlechte Phasen, aber auch ordentliche Phasen", so Allofs weiter.

Werder spulte die komplette Bandbreite seines "Repertoires" ab. Zehn druckvollen Minuten zu Beginn folgte eine restliche erste Halbzeit, die der Gegner völlig im Griff hatte und den Bremern keine einzige Torchance mehr gewährte. Milan spazierte ohne große Kraftanstrengung durchs Weserstadion.

Im zweiten Abschnitt waren die Italiener bei Inzaghis Pfostenkracher kurz davor, den Bremer Widerstand zu brechen - um dann in den letzten 15 Minuten von Werder regelrecht an die Wand gespielt zu werden.

Inzaghi warnt vor Überheblichkeit im Rückspiel

"Wir sind zufrieden mit dem Ergebnis, aber wir haben gesehen, was Werder leisten kann. Wir sind noch nicht weiter und müssen im Rückspiel zu Hause höllisch aufpassen, dass wir von Bremen nicht überrascht werden", warnte Milans Torschütze vor Überheblichkeit.

Und Inzaghi hat ein feines Gespür, nicht nur für die sich bietende Torchance. Dem Werder Bremen im Februar 2009 ist nämlich alles zuzutrauen. Auch in San Siro. Und auch, wenn die Chancen nur noch bei "40 zu 60 Prizent liegen", wie Torschütze Diego vorrechnete. Vielleicht sogar ein Ausgang mit Happy-end...

Werder Bremen - AC Mailand: Daten & Fakten