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Der Futsal kommt nach Deutschland und bringt gute Voraussetzungen mit
© getty

Futsal schwappte vor längerer Zeit aus Südamerika nach Europa. Nun zieht auch Deutschland nach, baut Strukturen auf und stellt erstmals ein DFB-Team auf. Zur Vorbereitung auf das erste Länderspiel am 30. Oktober 2016 gegen England startet SPOX eine Themenwoche.

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Dass Innovationen in Deutschland oft einen schweren Start haben, ist kein großes Geheimnis. Der Futsal hatte es allerdings besonders schwer, sich beim DFB und rundherum zu etablieren. Langsam allerdings ist der Hallensport im Kommen, die deutsche Nationalmannschaft wird am 30. Oktober in Hamburg erstmals ein Länderspiel bestreiten.

Vorweg: England ist endlich mal nicht Mutterland und zum Glück für die Deutschen auch alles andere als eine Futsal-Nation. Gewissermaßen treffen am 30. Oktober, aus üblicher Fußballer-Sicht beschrieben, Österreich und Wales aufeinander. Geheimtipps mit Potenzial, das ausgeschöpft werden möchte.

Ursprünge im Straßenfußball

Dass Futsal sich gerade im DFB schwertat, verwundert nicht weiter, wenn man den bis in jeden Winkel durchorganisierten Verband betrachtet. Der Sport entstand ursprünglich aus der Not heraus, gab es doch in Südamerika oft nicht genug Grünfläche für ein richtiges Elf gegen Elf.

Futsal ist viel näher am Straßenfußball. Fünf Spieler stehen auf dem Feld, der Ball springt kaum. Es wird fliegend gewechselt, Bälle mit dem Fuß zurück ins Feld befördert oder vom Torwart abgeworfen. Es gibt kein Abseits und keine Rückpassregel.

Die Feldmaße spielen sich irgendwo zwischen 38 bis 42 Meter Länge und 20 bis 25 Meter Breite ab. Man sieht förmlich die Jungs auf der Straße kicken. Fünf gegen fünf, Ball ohne Luft, Feld mit den Schultaschen abgesteckt.

Allerdings gibt es ein paar Unterschiede: Das letzte Tor entscheidet nicht und der Dicke muss auch nicht immer ins Tor. Dafür gibt es nun Besonderheiten bei Fouls, Zeitlimits und natürlich mit Linien sauber markierte Felder.

Wer direkt zum Länderspielstart mit seinem Wissen prahlen will, wird nicht umher kommen, sich mit den Regeln auseinanderzusetzen, um Futsal vom normalen Hallenfußball abzugrenzen. Wer es richtig nötig hat, kann im offiziellen DFB-Regelwerk sogar nachlesen, wie weit die Coachingzone vom Spielfeld entfernt sein muss.

Die wichtigsten Regeln

  • Die Grundlagen: Es wird fünf gegen fünf mit vier Feldspielern und einem Torwart gespielt Der Ball hat nur Größe 4 und ist sprungreduziert. Es darf beliebig oft gewechselt werden, auch der Torwart. Eine Hälfte dauert 20 Minuten. Jede Mannschaft hat pro Hälfte eine Auszeit von einer Minute frei.
  • Die Strafen: Der Strafstoß wird aus sechs Metern Entfernung geschossen, Grätschen am Mann ist verboten. Fouls werden mit direktem Freistoß geahndet, nach dem fünften Mannschaftsfoul führt jedes Vergehen zu einem direkten Freistoß ohne Mauer, wahlweise aus zehn Metern zentraler Position. Spieler mit roter Karte dürfen nach zwei Minuten ersetzt werden. Ruhende Bälle müssen in vier Sekunden wieder ins Spiel gebracht werden.
  • Das Torwartspiel: Kein Rückpass darf in die Hand genommen werden, der Ball nicht länger als vier Sekunden gehalten werden. Abwürfe dürfen über die Mittellinie gespielt werden. Der Torwart darf in der eigenen Hälfte pro Spielzug nur einmal den Ball berühren, in der gegnerischen dagegen so oft er will. Er kann durch einen Feldspieler ersetzt werden.

Brasilien und danach lange nichts

Die FIFA gab diesem Konstrukt 1989 den Namen Futsal, eine Mischung als Sala (Halle) und Futbol (Fußball). Der Fußball-Weltverband nahm die Kreation als offizielle internationale Variante des Hallenfußballs auf. Mit der Zeit wurden Ligen, Pokale sowie Welt- und Europameisterschaft organisiert.

Wenig verwunderlich ist Brasilien mit fünf WM-Titel das stärkste Futsal-Land, gefolgt von Spanien (2) und Argentinien (1). Italien, Russland, die USA, und Portugal sind die Verfolger.

In Deutschland wurde 2006 erstmals der DFB-Futsal-Cup ausgerichtet. UFC Münster setzte sich gegen SVG Götting durch und wurde der erste deutsche Titelträger. Allerdings ist Deutschland noch immer weit entfernt von ähnlichen Strukturen wie im normalen Fußball.

Deutsche Meisterschaft und Nationalelf

Seit 2015 läuft immerhin die offizielle deutsche Futsal-Meisterschaft. Diese konnte die Hamburg Panthers im März 2016 für sich entscheiden. Größen wie Holzpfosten Schwerte oder die FSB Schmelz-Limbach wurden dabei aus dem Weg geräumt - die Klub aus 1. und 2. Fußball-Bundesliga sind noch nicht auf den Futsal-Zug aufgesprungen. Lediglich der FC St. Pauli schaffte es ins Viertelfinale.

Dementsprechen schwer fiel es dem DFB, eine Nationalmannschaft auf die Beine zu stellen. Im März 2015 begannen Sichtungslehrgänge, die in der Nominierung von 18 Spielern am 18. Oktober gipfelte. Lennart Hartmann ist da etwa vertreten, er war 2008 der jüngste Bundesliga-Spieler von Hertha BSC, kickt derzeit in der NOFV-Oberliga Nord.

Die Deutschen zaubern also zum Start ihrer Futsal-Geschichte nicht gerade einen mit Stars gespickten Kader aufs Parkett. Das verwundert natürlich nicht, hat der Sport doch bisher in Deutschland eine ähnliche Aufmerksamkeit erfahren wie Hallenhalma.

Champions League mit Barca

Andere Länder Europas sind da schon deutlich weiter, was auch an mächtigen Zugpferden liegt. In der Futsal-Champions-League sind inzwischen Benfica, Schachtjor Donezk, der FC Barcelona, Sporting CP oder APOEL Nikosia am Start.

Sie mischen sich mit Teams, die keinen Namen im Fußball haben. Inter Movistar aus Madrid ist beispielsweise der große Rivale des FC Barcelona in Spanien und bisher Rekordsieger des UEFA-Wettbewerbs.

In Südamerika existieren schon seit langem richtige Futsal-Stars. Falcao etwa, der Brasilianer wurde mehrfach zum besten Spieler der Welt ernannt und verdient inzwischen geschätzt 25.000 Dollar pro Monat. Portugals Ricardinho könnte ähnliches Potenzial haben.

Ein Sport für die Zukunft?

Könnte haben, da der Futsal ein großes Problem hat: Das heißt Fußball und ist in vielen Ländern Europas derart präsent, dass sich selbst Handball, Basketball und Eishockey nur schwer am Leben halten können. Dabei hat das Futsal-Format Potenzial für die Zukunft und könnte, dem Fußball irgendwann ordentliche Konkurrenz machen.

Einerseits im Amateursport: Dort, wo immer mehr Mannschaften aussterben, sind 5er-Teams nur willkommen. Dazu wird Futsal von der Witterung beeinflusst, ist schnell zu lernen und körperlich nicht ganz so anspruchsvoll wie der große Bruder.

Anderseits aber auch im Profisport: Als moderner Sport existieren kaum Beschränkungen im Sponsoring, bestes Beispiel ist das bereits genannte Inter Movisport. Die Spielregeln schaffen einen attraktiven, schnellen Sport, der für den Zuschauer bereits bekannte Elemente mitbringt. Und: Futsal eigentlich ein medienwirksames Spiel, wie zahlreiche Zusammenschnitte von Tricks, Finten und Toren auf Youtube zeigen.

Fußball und Futsal in gemeinsamer Sache

Fußball ist obendrei nicht nur ein Problem für den Futsal, sondern auch eine Möglichkeit. Durch die große Nähe zwischen beiden Sportarten ist der Übergang fließend und schnell gemacht. Hertha-Trainer Pal Dardai lud kürzlich einen Futsal-Trainer zu seinem Training ein.

"Durch Futsal will ich unser Kurzpass-Spiel in der gegnerischen Hälfte verschärfen und unsere Handlungsschnelligkeit verbessern", erklärte Dardai und legte damit die Basis für den morigen zweiten Teil der SPOX-Themenwoche Futsal: Eine tiefere Analyse des Spiels.

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