Der Traum von Salma Hayek

Von Andreas Lehner
11. Oktober 2004: Die "Chicas Poderosas" treffen in San Salvador auf die "Estrellas des La Linea"
© Getty

Es ist das ungewöhnlichste Spiel der Welt. In El Salvador treffen sich zwei Mannschaften von Prostituierten, um auf die Diskriminierung ihres Berufsstandes in Mittelamerika aufmerksam zu machen. Die Geschichte eines Teams schaffte es ins Kino, die Mädchen träumen noch immer von Ruhm und besseren Zeiten. Vergebens.

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So manches Fußballspiel schaffte es vom Stadion auf die Leinwand. Sönke Wortmann verfilmte das WM-Finale von 1954 Deutschland gegen Ungarn zum "Wunder von Bern".

Das Duell der einst schlechtesten Mannschaften der FIFA-Rangliste Bhutan und Montserrat wurde in "The Other Final" auf Zelluloid gebannt. Aber das wohl ungewöhnlichste Team der Welt verarbeitete der spanische Regisseur Chema Rodriguez in "Estrellas de La Linea".

Fußball gegen Diskriminierung

Der Film dreht sich um Valeria, Vilma und Mercy. Drei Prostituierte aus Guatemala, die ihre Dienste entlang einer Bahnlinie (La Linea) an der Avenida Ferrocarril anbieten, die quer durch Guatemala City läuft. Estrellas (Sterne), so nennen sich die Mädchen selbst, in dieser höchst kriminellen und gefährlichen Gegend würde sonst niemand auf die Idee kommen. Hier heißen sie einfach putas (Huren). Ihr durschnittlicher Verdienst pro Freier: drei Dollar.

Um die Öffentlichkeit auf die Missstände und die Diskriminierung aufmerksam zu machen, gründen sie mit Kolleginnen eine Fußballmannschaft. Sie wollen mit Respekt behandelt werden und hoffen, dass die Gewalt gegen sie ein Ende hat. "Bevor wir Prostituierte sind, sind wir Frauen und Mütter", sagt eine der Estrellas.

Als sie sich für ein lokales Turnier anmelden, werden sie ausgeschlossen, weil sie Prostituierte sind. Es entzündet sich ein heftiger Diskurs über Moral, Ehre und Würde im Land. Schließlich werden sie zugelassen. Mit diesem Film wurden die "Estrellas de La Linea" über Nacht in der ganzen Welt bekannt.

Estrellas gegen Chicas

Weniger beobachtet wurde dagegen ein Freundschaftsspiel, das Frauenrechtlerinnen organisierten, um auf die Situation der Prostituierten aufmerksam zu machen, die in einem gefährlichen Umfeld oft mit Misshandlungen und Diskriminierungen konfrontiert sind.

Am 11. Oktober 2004 treffen die Estrellas auf ihr Gegenstück aus El Salvador: die "Chicas Poderosas".

Der Eintritt ins Complejo Municipal Katya Miranda in San Salvador kostet 35 Cent. Von Diskriminierung ist nichts zu spüren, vielmehr werden beide Teams von den paar Hundert Zuschauern angefeuert.

Nach zweimal 20 Minuten endet die Partie 8:1 für die Estrellas. "Sie haben den Vorteil, dass sie an offiziellen Turnieren teilnehmen", stellt eine der Chicas, Sandra Martinez, hinterher fest. "Aber wir werden hart trainieren, um das Rückspiel zu gewinnen." Dazu kommt es bis heute nicht.

15 Minuten Ruhm

Einige der Estrallas durften dafür wenigstens bei den großen Filmpremieren in Malaga und Berlin zusammen mit den großen Stars der Branche über den roten Teppich laufen und ihre 15 Minuten Ruhm genießen. Geändert hat sich für keine der Damen etwas. Alle mussten wieder zurück in ihr gewohntes Leben, an La Linea.

"Wer glaubt, dass es für uns besser geworden ist, weiß nichts über das Filmgeschäft", sagt Vilma. "Wir dachten, sie helfen uns, nie mehr hierher zurückkommen zu müssen. Einige von uns fühlten sich schon wie Salma Hayek. Aber es ist nichts passiert - und jetzt sind wir alle wieder hier."

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