A-League: Gott spielt jetzt Down Under

Von Florian Bogner
Seit 2005 wird in Australien in der sogenannten A-League professionell Fußball gespielt
© Getty

In Australien wird seit 2005 Profi-Fußball gespielt. Die A-League wird immer weiter aufgestockt, Stars wie Dwight Yorke und Robbie Fowler verbreiten Glamour und sollen letztlich mit dafür sorgen, dass der fünfte Kontinent die WM 2018 zugesprochen bekommt. Doch noch kämpft die A-League einen harten Kampf um Anerkennung.

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Als Gott seinen Fuß auf die Erde setzte, waren seine Fans schon da. Als Liverpool-Legende Robbie Fowler - Spitzname "the God" - im März in Townsville/Queensland landete, empfingen ihn am Flughafen rund 100 australische Fußball-Fans wie den neuen Messias.

Einige der Fans hatten sich extra ein Liverpool-Trikot angezogen und einer hatte sogar ein Banner der Beatles mitgebracht. So schauten John, Paul, George und Ringo zu, wie Fowler die Fans locker begrüßte, ein paar Autogramme schrieb und schließlich in einer Limousine verschwand, um in Rockstar-Manier ins Jupiters Casino zur offiziellen Vorstellung chauffiert zu werden. Viel Wirbel um einen 34-jährigen Ex-Nationalspieler aus England, dem man nachsagte, nur gekommen zu sein, um seine Karriere mit ein bisschen Sonne zu beenden.

Robbie Fowler ist die neuste Errungenschaft der A-League, der jungen Profi-Liga Australiens, die den Fußball in Down Under endlich konkurrenzfähiger machen soll - vor allem gegenüber den Top-Sportarten Rugby und Aussie Rules Football. Nebenbei will man mit der Profi-Liga im Rücken die WM 2018 oder 2022 nach Down Under holen. Ambitionierte Ziele, dafür braucht es internationale Aufmerksamkeit. Geht es nach den ersten Eindrücken, hätte man niemand besseren als Robbie Fowler dorthin schicken können.

Fußball als Mädchensport

Frank Lowy kann zufrieden sein. Nach einigen Anlaufsschwierigkeiten steht das Projekt A-League im fünften Meisterschaftsjahr endlich auf soliden Beinen. Auch, weil er und sein Liga-Organisationsteam früh darauf gekommen sind, dass es Stars braucht, um Publikum anzulocken. Stars wie Robbie Fowler.

Ähnlich wie in den USA galt Fußball in Australien lange als Mädchensport. Kinder spielten vielleicht Fußball, aber Männer? Wer Fußball spielt, ist einfach nicht hart genug für Rugby und Aussie Rules Football, war lange die landläufige Meinung.

Mit dem Vorgänger der A-League, der National Soccer League (1977-2004), hatte man jedenfalls keinen Fan mehr hinterm Ofen hervorgelockt. Das Ligensystem war marode, die Spieler leidlich kickende Halbamateure und die Fans untereinander verfeindet. Eine Liga in der Sackgasse.

"Wir haben aus diesem Desaster gelernt. Wir haben keine Geschichte und keine große Tradition, trotzdem nehmen wir die Herausforderung an", sagte A-League-Sprecher Matt Carroll, als erste Pläne der neuen Liga konkret wurden.

Auf der Welle der Euphorie

Die Herausforderung für die Gründungsmitlieder der A-League um den FFA-Verbandspräsidenten und Multimilliardär Lowy bestand 2005 darin, sich das plötzlich gestiegene Interesse am professionellen Fußball in Australien zu Nutze zu machen - schließlich waren die Socceroos kurz davor, sich erstmals seit 32 Jahren wieder für eine Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Ein Hype ums Nationalteam war entstanden. Jetzt oder nie, war Lowys Devise.

Nach nicht mal 18 Monaten der Planung stach die A-League im Herbst 2005 mit acht neu gegründeten Profi-Mannschaften in See.

Eine Saison von August bis Februar, 27 Spieltage und Playoffs inklusive, damit man der Rugby-Saison nicht in die Quere kommt. Und weil Lowy ein paar australische Dollar übrig hatte, konnte sich die Liga gleich zu Beginn zwei echte Stars leisten: Weltmeister Pierre Littbarski und Champions-League-Sieger Dwight Yorke heuerten beim FC Sydney an.

Pierre Littbarski als Geburtshelfer

"Was ich dort vorfand, war eine Liga im Embryostadium", sagt Littbarski heute und lacht, wenn er von seinen ersten Tagen als Trainer Down Under erzählt. Das Problem: Das Gros der Verantwortlichen der Liga und der Vereins-Präsidenten hatten überhaupt keine Ahnung vom Fußball. Sie waren zuvor alle im Rugby-Geschäft zuhause gewesen und fanden sich plötzlich in ganz anderen Gewässern wieder. Littbarski musste in Sydney Geburtshilfe leisten. Das ganze Interview zum Nachlesen

"Die Leute dachten, eine Fußball-Liga zu gründen, geht ganz von alleine", sagt Littbarski. Ging es natürlich nicht. Der Trainer hatte zwar einen Verein, aber keine Spieler und musste sich seinen Kader, der in der A-League auf 20 Spieler begrenzt ist, erst selbst zusammensuchen. "Viele Trainer legen sich ins gemachte Bett. In meinem Fall war gar kein Bett da", sagt Littbarski.

Während es andere Vereine teilweise Spielerberatern überließ, den Kader zusammenzustellen, veranstaltete Littbarski in Sydney ein Spielercasting und ließ hunderte Fußballer vorspielen, um sich dann die 19 besten herauszusuchen. Der 20. Platz war für jemand Besonderen bestimmt.

19 Indianer und Häuptling Yorke

Eine Regel der A-League besagt, dass die Spielergehälter eines Vereins nicht die Grenze von 1,3 Millionen Euro übersteigen dürfen - mit Ausnahme eines Spielers. Der sogenannte "Marquee Player" darf abseits des Budgets mit Sponsorengeldern finanziert werden und verdient meist locker das Fünffache seiner Mitspieler. In Littbarskis Fall war dieser Spieler Dwight Yorke.

"Allein dass ich mit ihm zusammenarbeiten durfte, war die ganze Sache wert", schwärmt Littbarski noch heute von dem ehemaligen ManUtd-Spieler, der sich 2005 seinem Team anschloss, um Spielpraxis für den WM-Auftritt von Trinidad & Tobago zu sammeln. "Er war das erste Gesicht der Liga und ist es bis heute. Dwight Yorke war absolut perfekt, weil er überhaupt keine Starallüren hatte."

Perfekt, um die Hebamme für die A-League zu spielen, die mit einem Zuschauerschnitt von knapp 11.000 Fans pro Spiel startet. Zu den Heimspielen des FC Sydney kommen sogar über 16.000 Menschen im Schnitt. "Yorke hat damals pro Spiel locker 5000 Zuschauer extra angelockt, auch auswärts", erklärt Littbarski.

"In Perth haben die Ticketverkäufer mit 'Leute, ihr könnt Dwight Yorke sehen!' geworben, ohne überhaupt ihr eigenes Team zu erwähnen", erzählt Littbarski. Am Ende der Premierensaison heißt der Meister Sydney. Im "Grand Final", wie das Endspiel des etwas undurchsichtigen Playoff-Modus heißt, besiegt die Littbarski-Elf die Central Coast Mariners vor 42.000 Zuschauern mit 1:0. Die Vorarbeit zum Siegtor leistet Dwight Yorke, der später zum Spieler des Finals gewählt wird.

Fowlers bombastischer Einstand

Vier Jahre später sitzt Robbie Fowler ganz entspannt am Pooldeck des Jupiters Casino. Die Sonne brennt, das tut sie in Queensland eigentlich immer, es herrscht fast so etwas wie Urlaubsstimmung. Aber Fowler ist nicht zum Sonnen gekommen. "Wer denkt, dass ich hier bin, um Urlaub zu machen, der hat sich geschnitten", sagt er. "Ich bin hier, um hart zu arbeiten. So wie man es von einem Profi erwartet."

Die Liga ist in einer schwierigen Situation. Nach einem Hoch von 14.610 Zuschauern pro Spiel in der Saison 2007/2008 ist die Nachfrage auf rund 10.000 zurück gegangen. Ein Grund: Zu Beginn der Saison wurde die Liga auf zehn Teams aufgestockt und die zwei neuen Klubs tun sich bei der Fan-Akquise schwer.

Fowlers Klub North Queensland Fury kommt ebenso wie das neu gegründete Gold Coast United nur auf 6000 bis 7000 Zuschauer pro Spiel. Dabei hat sich Fury, wie die Townsville-Fans ihr Team nennen, nach drei Niederlagen zum Auftakt mittlerweile berappelt und den Anschluss ans Mittelfeld hergestellt.

Fowler ist eingeschlagen wie eine Bombe, hat in 14 Spielen schon acht Treffer erzielt. "Wenn das hier sein Urlaubsmodus ist, möchte ich nicht wissen, wie er spielt, wenn er es ernst meint", scherzte sein schottischer Coach Ian Ferguson unlängst auf einer Pressekonferenz.

Yorke will A-League-Klub trainieren

Fowler selbst hat es sich wie Yorke zur Aufgabe gemacht, Aufbauarbeit zu leisten, die Massen mit seiner ganz eigenen Fußballbegeisterung und Strahlkraft mitzureißen. Das haben sie ihm sogar schon in England übel genommen. Neulich, als er mit einem Schal fotografiert wurde, auf dem "Australien - WM 2018" stand. Für dasselbe Turnier bewirbt sich auch das Fußball-Mutterland.

"Als ich hierher kam, habe ich doch gesagt, dass ich alles tun werde, um den Sport in diesem Land zu promoten und zu helfen", scherzte er anschließend. "Nein, im Ernst: Ich denke, dass ich 2018 wieder in England bin und würde mich deshalb freuen, die WM dort zu sehen. Aber wenn es nicht England wird, würde es Australien wirklich verdienen."

So ähnlich hat sich auch schon Yorke geäußert, der seit seinem Karriereende im letzten Sommer als Assistenzcoach von Trinidad & Tobago arbeitet und gerne nach Australien zurückkommen würde. Als Trainer, versteht sich. "Ich würde es lieben, in der A-League als Trainer oder Manager zu arbeiten. Ich hatte immer eine gute Zeit Down Under", sagte er Ende Oktober.

Doch auch er hat erkannt, dass es in Australien immer noch mehr braucht, als einen Yorke oder einen Fowler, um Fußball dauerhaft auf die Landkarte zu bringen. Das Spielniveau, das Littbarski als unteres deutsches Zweitliga-Niveau bezeichnet, müsse sich "deutlich verbessern, zudem müssen mehr gute Spieler von der A-League angezogen werden", sagt Yorke.

Kommen noch mehr Teams dazu?

Lowy hat schon Expansionspläne in der Tasche. Ab der Saison 2011 werden noch mal zwei Vereine zur Liga stoßen, zudem würde er es begrüßen, in naher Zukunft auch Teams aus den Regionen Canberra, Hobart, Wollongong, Geelong, Far North Queensland und Darwin in der A-League spielen zu sehen.

Skeptiker sehen in der Expansionswut des Präsidenten aber gerade das Verderben der Liga. Wenn das sportliche Niveau jetzt schon überschaubar ist, was passiert dann, wenn noch weitere Teams hinzukommen, die zwangsläufig nur aus den Jugendteams und unteren Ligen aufgefüllt werden können? "Nur wenn die Liga mehr Stars anlockt, kommen auch mehr Menschen ins Stadion", rechnet Yorke vor.

Ein wichtiger Baustein dafür sind die Fernsehübertragungen. Die A-League hat seit ein paar Jahren einen gut dotierten Vertrag mit dem Fernsehsender "FOX", der die Spiele nicht nur in Australien und Neuseeland, sondern auch in den USA, Hong Kong (je ein Spiel pro Woche), Kanada (Zusammenfassung) und Großbritannien (Playoffs live) überträgt.

Dazu gab es 2008 und 2009 auf "FOX8" eine Show namens "Football Superstar", eine Casting-Show, die mit einem Vertrag bei einem A-League-Klub warb. Der letzte Gewinner, Luke Pilkington, spielt nun im U-23-Team von Melbourne Victory. "Die Australier sind sehr begeisterungsfähig, wenn man gut spielt und ein gutes Produkt anbietet", sagt Littbarski. "Aber es musste auch immer ein bisschen Unterhaltung und Show dabei sein." Und wer würde mehr Show bieten als ein kickender Gott?

Wer spielt wo? Der aktuelle Kader der Socceroos