"Würde gerne wieder für Frankfurt spielen"

Von Interview: Göksel Uzunoglu
Der Hoffnungsträger aus dem Unterbau: Cenk Tosun (r.) zu Frankfurter Zeiten
© getty

Er ging einst für Eintracht Frankfurt und Deutschlands Jugend-Nationalmannschaften auf Torejagd. Inzwischen ist Cenk Tosun ein Star in der türkischen Süper Lig und von Topklubs umworben. Der 22-Jährige spricht im Interview über eine mögliche Rückkehr zu Eintracht Frankfurt, Missverständnisse mit Michael Skibbe und ein Telefonat mit Guus Hiddink.

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SPOX: Herr Tosun, viele Deutsch-Türken in der Süper Lig fliegen nach Saisonende sofort in die "Heimat" Deutschland, um Urlaub zu machen. Wie war es bei Ihnen?

Cenk Tosun: Genauso. Ich bin sofort mit dem ersten Flieger zu meinen Eltern nach Frankfurt geflogen. Man vermisst einfach die Stadt und die Menschen aus dem Umfeld. In Frankfurt bin ich geboren und aufgewachsen. Das Heimweh ist immer groß.

SPOX: Nicht nur Sie waren in Deutschland. Die türkische Nationalmannschaft hielt in Bielefeld ein Trainingslager ab. Sie haben trotz einer starken Serie gefehlt. Waren Sie enttäuscht?

Tosun: Etwas schon. Ich habe nach der guten Rückrunde mit der Nominierung gerechnet. Aber das ist die Entscheidung des Nationaltrainers, die ich respektiere. Ich werde weiter an mir arbeiten und versuchen, meine Tore zu erzielen. Und ich hoffe natürlich beim nächsten Mal dabei zu sein.

SPOX: Hat Abdullah Avci seit seinem Amtsantritt schon mit Ihnen gesprochen?

Tosun: Nein.

SPOX: Sein Vorgänger Guus Hiddink hatte Sie damals persönlich von einem Verbandswechsel überzeugt.

Tosun: Ich kann mich noch genau an unser erstes Telefonat erinnern. Ich war ganz nervös, weil man ja nicht jeden Tag mit Guus Hiddink telefoniert (lacht). Für mich ist er eine Persönlichkeit, die ich sehr schätze. Es hat mich sehr gefreut, wie er mir sein Vertrauen schenkte. Der Rest nahm seinen Lauf.

SPOX: Welche Argumente hatte er? Warum haben Sie sich für die Türkei und gegen Deutschland entschieden?

Tosun: Für mich war es immer klar, dass ich mich bei einer Anfrage für die Türkei entscheiden werde. Ich liebe mein Land und bin stolz, Türke zu sein. Aber ich liebe Deutschland auch sehr, denn hier bin ich geboren, aufgewachsen und bin das, was ich im Moment bin. Für das alles bin ich Deutschland und dem DFB sehr dankbar. Am Ende war es eine Herzensangelegenheit.

SPOX: War auch der Wechsel in die türkische Süper Lig der richtige Schritt?

Tosun: Sicher. Ich habe einen super Start hingelegt. Es hat alles gepasst. Natürlich kam auch etwas Glück hinzu. Aber letztendlich war es sicher der richtige Schritt.

SPOX: Eintracht Frankfurts damaliger Trainer Michael Skibbe hatte Sie bei der Eintracht außen vor gelassen. Haben Sie das verstanden?

Tosun: Ich habe im Training immer alles gegeben, meiner Meinung nach auch eine ordentliche Leistung abgeliefert und immer meine Tore erzielt. In den deutschen Jugend-Nationalmannschaften waren meine Leistungen ebenfalls akzeptabel. Deswegen habe ich die Entscheidung von Michael Skibbe nicht verstanden. Ich hatte sicherlich auch Pech, dass wir in der damaligen Mannschaft Stürmer wie Theofanis Gekas, Halil Altintop, Ümit Korkmaz und Martin Fenin hatten.

SPOX: Gab es im Nachhinein zwischen Ihnen und Michael Skibbe eine Aussprache? Er war ja auch immer wieder in der Türkei tätig.

Tosun: Wir haben uns immer gut verstanden und haben auch in der Türkei gegeneinander gespielt. Bei jedem Aufeinandertreffen haben wir uns vor und nach dem Spiel getroffen und haben uns ganz normal unterhalten. Die Sache ist vom Tisch.

SPOX: Sie hatten damals ein Angebot von Galatasaray, haben sich aber für Gaziantepspor entschieden. Üblich ist ja eigentlich der umgekehrte Weg.

Tosun: Ich hatte bei Gaziantepspor einen Trainer wie Tolunay Kafkas, der in der Regel oft auf junge Spieler setzt. Das war der ausschlaggebende Grund, weshalb ich mich für Gaziantepspor entschieden habe.

SPOX: Nach Ihrem Wechsel gab es Gerüchte, Sie hätten gesagt, Galatasaray könne Ihr Gehalt sowieso nicht zahlen und dass Sie deshalb nicht nach Istanbul gewechselt sind. Stimmt das?

Tosun: Das ist reiner Quatsch! Das hat jemand erfunden und in den Medien verbreitet. Wieso sollte ein großer und renommierter Klub wie Galatasaray mein Gehalt nicht zahlen können? Ich hätte bei Galatasaray mehr verdienen können, aber mir war das ehrlich gesagt egal. Ich wollte immer zu einem Verein wechseln, bei dem ich auf Anhieb spielen und mich dadurch weiterentwickeln kann. Zu dem Zeitpunkt war Gaziantepspor die optimale Wahl.

SPOX: Die Istanbuler Topklubs zeigen inzwischen großes Interesse an einer Verpflichtung. Sind Sie reif für einen Wechsel?

Tosun: Ich denke schon, dass ich reif für einen Wechsel bin. Ich habe jetzt zweieinhalb Jahre bei Gaziantepspor ordentlich gespielt und nun ist die Zeit, den nächsten Schritt zu wagen.

SPOX: Sie wollen aber weiterhin in der Süper Lig spielen?

Tosun: Natürlich habe ich in Zukunft vor, ins Ausland zu wechseln. Aber im Moment fühle ich mich in der Türkei sehr glücklich. Mein großes Ziel ist es, Stammspieler in der türkischen Nationalmannschaft zu werden. Um im Fokus des Nationaltrainers zu bleiben, wäre die Süper Lig eine gute Wahl.

SPOX: Eintracht Frankfurt hatte in der abgelaufenen Saison Probleme im Sturm. Könnten Sie da helfen?

Tosun: Es wäre falsch, wenn ich mich zu Spekulationen äußere, aber in Zukunft würde ich schon gerne wieder für die Eintracht spielen. Dort habe ich meine Fußballerkarriere begonnen und lange gespielt. Aber wie gesagt: Ich habe noch Vertrag bei Gaziantepspor.

SPOX: Frankfurt hat nach der Bundesliga-Rückkehr die Qualifikation für die Europa-League geschafft. Sind Sie überrascht von der Leistung der alten Kollegen?

Tosun: Nein, überrascht bin ich eigentlich nicht. Eher müsste die erreichte Leistung jedes Jahr das Niveau der Eintracht sein. Denn sie haben eine wirklich gute und junge Mannschaft, die das Potenzial hat, immer oben mitzuspielen.

SPOX: Zurück zum Thema Nationalmannschaft: Sie spielen für die Türkei, Mesut Özil und Ilkay Gündogan für Deutschland, Emre Can, den gerne auch die Türkei haben würde, spielt für die deutsche U 21. Wo geht die Entwicklung hin?

Tosun: Es werden immer türkischstämmige Spieler für Deutschland auflaufen. Die deutsche Jugendarbeit ist eine der besten der Welt und man hat verstanden, deutsche Tugenden und ausländische Wurzeln zu kombinieren. Natürlich wird es aber auch weiter Spieler geben, die meinen Weg einschlagen werden - und das wünsche ich mir auch. Ich möchte keine Namen hervorheben, aber es gibt viele gute türkischstämmige Spieler, die der Türkei nur gut zu Gesicht stehen würden.

SPOX: Die Türkei wird aller Voraussicht nach nicht an der WM 2014 teilnehmen und wieder ein Turnier verpassen. Haben Sie den Verbandswechsel schon bereut?

Tosun: Um es kurz und knapp zu beantworten: Niemals (lacht).

SPOX: Warum kommt die türkische Nationalmannschaft nicht in Tritt?

Tosun: Ich denke, wir haben richtig gute Einzelspieler, aber wir bekommen es leider nicht hin, als eine Mannschaft aufzutreten. Wir haben wirklich eine talentierte und junge Generation. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in der nahen Zukunft mit den etablierten Nationalmannschaften mitmischen können. Natürlich braucht ein Umbruch, der gerade stattfindet, seine Zeit.

Gaziantepspor: Der Tosun-Klub in der Übersicht