Neue Stars, altes System - neue Konkurrenz?

Von Fatih Demireli
Galatasaray und Fenerbahce: Wird's ein Zweikampf um den Spitzenplatz?
© anadolu

Die Süper Lig geht in die neue Saison. Das verhasste Playoff-System wurde wieder abgeschafft. Der Meister wird wieder nach 34 Spieltagen ermittelt und der Kampf um die Trophäe wird wieder heiß: Galatasaray und Fenerbahce rüsteten mächtig auf. Doch bei Besiktas und Trabzonspor gibt man sich trotzig. Und inzwischen drängen sich auch ein paar Underdogs auf.

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Galatasaray

Die Top-Neuzugänge: Hamit Altintop (Real Madrid), Nordin Amrabat (Kayserispor), Burak Yilmaz (Trabzonspor), Umut Bulut (Toulouse, ausgeliehen), Felipe Melo (Juventus, ausgeliehen)

Die Ausgangslage: Die Euphorie bei Galatasaray ist am Siedepunkt angelangt. Die gewonnene Meisterschaft, die in der chaotischen Playoff-Saison geholt wurde, weckte eine lange nicht dagewesene Euphorie. Über 41.000 Dauerkarten verkaufte der Klub - so viel wie noch nie. Trainer Fatih Terim bekam jeden Wunschspieler auf seiner Liste und Präsident Ünal Aysal macht keine Anstalten, den Kaufrausch zu beenden. Denn er arbeitet gemeinsam mit Terim am ganz großen Wurf: "Wir wollen die Champions League gewinnen: Wann weiß ich nicht, aber wir wollen", sagt Boss Aysal. Terim tritt noch auf die Bremse: "Transfers und Euphorie sind super, aber damit gewinnt man noch keine Spiele. Wir müssen uns wieder beweisen." Der 3:2-Sieg im Supercup gegen Erzrivale Fenerbahce war der nötige Stimmungsmacher vor dem Saisonstart.

Der Spieler im Fokus: Selcuk Inan, Burak, Hamit, Amrabat, Melo: Galatasaray hat wieder prominent eingekauft und mit Ujfalusi, Elmander, Eboue und Muslera ohnehin gute Qualität gehabt. Der wichtigste Mann bleibt aber Mittelfeldstratege Selcuk Inan, der eine überragende Saison 2011/12 gespielt hat und nun den nächsten Schritt machen will. Mit ihm steht und fällt das Spiel Galatasarays.

Roberto Hilberts Einschätzung: "Galatasaray ist aufgrund der Tatsache, dass sie der Titelverteidiger sind und nun den Supercup gewonnen haben, wieder der klare Favorit. Galatasaray hat sich mit qualitativ hochwertigen Spielern verstärkt, aber es muss natürlich in der Gesamtheit funktionieren. Auf die Mannschaft kommt jetzt unheimlich viel Druck zu und da muss man sehen, ob die Mannschaft es in diesen Situationen so meistern kann, dass es gut ausgeht. Nichts falsch gemacht hat Galatasaray mit dem Transfer von Hamit Altintop, den ich aus der Bundesliga gut kenne. Er hat genauso wie sein Bruder Halil die deutsche Fußball-Mentalität gelernt. Er hat bei Schalke, Bayern und Real viel Erfahrung gesammelt."

Fenerbahce

Die Top-Neuzugänge: Milos Krasic (Juventus), Dirk Kuyt (FC Liverpool), Hasan Ali Kaldirim (Kayserispor), Joseph Yobo (Everton)

Die Ausgangslage: "Zurück zur Normalität", heißt die Devise bei Fenerbahce in der neuen Saison. Nach einem Jahr voller Bangen um einen möglichen Zwangsabstieg und Punktabzügen kann sich die Mannschaft Aykut Kocamans voll auf die Liga konzentrieren. Besonders wichtig für das Vereinsgemüt ist die Haftentlassung von Präsident Aziz Yildirim. "Er ist unser größter Transfer", sagt Torhüter Volkan Demirel. Die Vorfreude auf die neue Saison steigerten vor allem die namhaften Transfers von Krasic und Kuyt. Nicht besetzt wurde allerdings die Nachfolge von Emre Belözoglu, der mit seiner Dynamik und Aggressivität ein elementar wichtiger Spieler war.

Der Spieler im Fokus: Alex. Von der Hand zu weisen ist es nicht, dass der Brasilianer nicht der Lieblingsschüler von Trainer Aykut Kocaman ist. Auch in seiner dritten Saison probt der Coach eine Fener-Mannschaft ohne Alex, aber auch in dieser Saison wird Kocaman kaum an Alex vorbeikommen. 136 Tore erzielte der Brasilianer in seiner bisherigen Süper-Lig-Karriere, alleine 14 schon wieder in der vergangenen Saison. Mit ihm steht und fällt das Fener-Spiel - ob es Kocaman gefällt oder nicht.

Roberto Hilberts Einschätzung: "Fenerbahces großer Vorteil ist, dass sie sich in dieser Saison voll auf das Sportliche konzentrieren können. Jetzt ist wieder mehr Ruhe im Klub. Fenerbahce hat sich gut verstärkt: Gerade Dirk Kuyt hat viele Jahre beim FC Liverpool und für Holland auf hohem Niveau gespielt. Er ist jetzt schon ein Sympathieträger bei Fenerbahce. Auch Krasic hat bewiesen, was er kann. Aber auch für Fener gilt: Das Gesamte muss passen. Wir hatten in den letzten Jahren die besten Spieler der Liga, aber es hat nicht immer alles funktioniert. Die Kunst ist, eine gute Mannschaft zu bilden."

Trabzonspor

Die Top-Neuzugänge: Sol Bamba (Leicester city), Soner Aydogdu (Genclerbirligi), Yasin Öztekin (Genclerbirligi)

Die Ausgangslage: Eigentlich hatte es sich schon längst angedeutet, nur daran glauben wollte bei Trabzonspor keiner so richtig. Burak Yilmaz machte von seiner Fünf-Millionen-Euro-Klausel Gebrauch und wechselte zu Galatasaray. Hätte der Mann, der in der vergangenen Saison 33 Liga-Tore erzielte, den Gang zu Lazio oder zu Lok Moskau angetreten, wäre der Schmerz wohl gar nicht so groß gewesen. Aber er ging zu Galatasaray, dem Konkurrenten aus Istanbul. Präsident Sadri Sener brach sogar mit Gala: "Unsere Freundschaft ist zu Ende." Allerdings geriet auch Sener selbst in die Kritik, denn bis heute wurde kein adäquater Nachfolger präsentiert. Zur Posse wurde der Transfer von Kopenhagens Dame N'Doye, der schon als perfekt vermeldet wurde und dennoch nach Moskau ging. Trabzon steht vor einer schweren Saison.

Der Spieler im Fokus: Halil Altintop. Der Ex-Bundesliga-Angreifer ist in der Stürmer-Hierarchie eine Stufe aufgestiegen, nachdem Burak den Klub verlassen hat. Sollte Trabzon keinen Stürmer holen, wird Altintop die neue zentrale Figur im Angriff. Der Ex-Schalker nimmt die Rolle an, ist in der Mannschaft anerkannt. Nun muss er Tore liefern, sonst wird das ungeduldige Publikum in Trabzon nicht lange zusehen.

Roberto Hilberts Einschätzung: "Es ist natürlich schwierig, einen Stürmer zu ersetzen, der in der letzten Saison über 30 Tore gemacht hat. Burak war in jedem Spiel für ein, zwei Tore gut, aber Trabzon hat eine gute Mannschaft und ohne Burak werden sie künftig noch schwerer auszurechnen sein, weil das Spiel nicht mehr auf einen Mann zugeschnitten ist. Zudem haben sie sich gut verstärkt: Insbesondere mit Genclerbirligis Yasin Öztekin, der früher in Dortmund gespielt hat."

Besiktas

Die Top-Neuzugänge: Allan McGregor (Rangers), Oguzhan Özyakup (FC Arsenal), Julien Escude (FC Sevilla), Olcay Sahan (1. FC Kaiserslautern)

Die Ausgangslage: Wenn Umbruch, dann richtig. Dachte man sich zumindest bei Besiktas, als man zum Ende der Saison zunächst den Vorstand, zu Saisonbeginn den Trainer und nun fast die gesamte Mannschaft austauschte. Die glorreichen Zeichen, als man mit Bernd Schuster, Guti, Quaresma, Simao und Co. Europas Spitze erklimmen wollte, sind vorbei. Die Königstransfers des Sommers heißen Olcay Sahan von Bundesliga-Absteiger Kaiserslautern und Batuhan Karadeniz, der Prototyp des "enfant terrible", der einst weggejagt und nun aus Eskisehir wieder ausgeliehen wurde. Teils aus finanziellen, teils aus sportlichen Gründen haben dagegen zahlreiche Stars den Klub verlassen, darunter auch der Deutsche Fabian Ernst. Keine Rolle mehr spielen auch Quaresma und Simao, die verkauft werden sollen und längst nicht mehr zum Kader gehören. Trainer Samet Aybaba bleibt aber trotzig: "Lasst alle reden, wir werden um den Titel kämpfen."

Der Spieler im Fokus: Manuel Fernandes. Er ist der letzte Millionen-Transfer, der den Umbruchwahn bei Besiktas "überlebt" hat. Der Portugiese war in der vergangenen Spielzeit Dreh- und Angelpunkt des Besiktas-Spiels. Jetzt ist er auch das Aushängeschild des Klubs. Zweistellige Millionen-Angebote lehnte man trotz finanzieller Sorgen ab. "Wir werden ihn nie im Leben verkaufen", wiederholt Klub-Boss Fikret Orman gebetsmühlenartig. An ihm soll sich die junge Mannschaft aufrichten.

Roberto Hilberts Einschätzung: "Der Verein hat die richtigen Leute geholt. Ich denke, die Spieler wurden auch bewusst so ausgesucht. Das sind alles gute Fußballer, die uns helfen werden. Unser Vorteil kann sein, dass wir uns voll auf die Liga konzentrieren können. Galatasaray hat gezeigt, wie man mit diesem Vorteil umgeht. Wir ärgern uns dennoch sehr darüber, dass wir am Europapokal nicht teilnehmen dürfen. Wo wir nach 34 Spieltagen stehen, kann ich nicht sagen. Wir wollen mit gemeinsamer Stärke jedem beweisen, dass wir das Zeug dazu haben, oben mitspielen zu können, obwohl wir wissen, dass es in diesem Jahr sehr schwer für uns wird. Nicht nur im Team hat sich einiges verändert, sondern auch drum herum."

Diese Klubs machen Konkurrenz

Bursaspor: Der Meister 2010 erlebte eine seiner ruhigsten Transferperioden. Mit Ausnahme von Turgay Bahadir wurde kein Stammspieler abgegeben, geholt wurden dagegen Perspektivspieler wie Petteri Forsell aus Finnland. Trainer Ertugrul Saglam hat eine eingespielte Truppe und will oben wieder angreifen.

Kasimpasa: Der Aufsteiger aus Istanbul ist das spannendste Projekt der Süper Lig: Dank eines wohlhabenden Geldgebers rüstete Kasimpasa ordentlich auf: Neben Schwedens EM-Torwart Andreas Isaksson kamen auch Kalu Uche (Espanyol), Fabian Ernst (Besiktas), Tabare Viudez (America) sowie Ex-Galatasaray-Spieler Volkan Yaman. Trainer Metin Diyadin backt aber kleine Brötchen: "Wir wollen dauerhaft Erstligist bleiben." Der Vorstand fordert freilich etwas mehr.

Kayserispor: Die jüngste Mannschaft der Süper Lig will von sich reden machen. Die Liste interessanter Jungspieler ist lang: ob Okay Yokuslu, Ömer Bayram, Engin Bekdemir, Diego Biseswar oder Ertugrul Taskiran - sie alle könnten in dieser Saison zu den Super-Rookies aufsteigen. Verstärkt wurde die Mannschaft zudem mit erfahrenen Leuten wie Malik Fathi (Mainz) oder Bobo, der früher bei Besiktas spielte. Trainer Schota Arveladse peilt den Europapokal an.

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