Joao Felix bei Bayern-Gegner Atletico Madrid in Topform: Den Rucksack abgelegt

Von Daniel Nutz
Felix zeigt in seinem zweiten Jahr für Atletico bessere Leistungen.
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Nach dem Rekordtransfer 2019 überzeugte Joao Felix in seiner Debütsaison bei Atletico kaum. Im zweiten Jahr scheint sich das zu ändern.

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In den Katakomben eines Fußballstadions ist man schon längst nicht mehr unbeobachtet. Karim Benzema kann davon ein Lied singen. Vor wenigen Wochen zog er in der Halbzeit des Champions-League-Spiels gegen Borussia Mönchengladbach (2:2) vor seinem Landsmann Ferland Mendy ungeniert über Mitspieler Vinicius Junior her. TV-Kameras hielten sein Geschimpfe über den Kollegen fest, die Schlagzeilen waren Benzema tagelang sicher.

Ähnliches ereignete sich Ende Oktober, als Kameras in der Pause der Partie zwischen Atletico Madrid und RB Salzburg ein Gespräch zwischen Saul Niguez und Jan Oblak aufzeichneten - diesmal aber ging es nicht um eine Lästerei.

"Wenn er will, kann er das ganze Spiel verändern. Er soll sich einfach den Ball schnappen und attackieren, Mann! Einfach Spaß haben", sagte Saul zu seinem Torhüter. Dieser stimmte ihm zu. "Bei meiner Mutter, er ist so gut", so der Slowene.

Gegenstand des Gesprächs war ein weiterer Atletico-Profi: Joao Felix. Der Stürmer folgte dem Rat seiner Mitspieler, hatte offensichtlich Spaß, erzielte nach dem Seitenwechsel zwei Tore und führte Madrid zum 3:2-Sieg. Und nicht nur in der Partie gegen Salzburg zeigte Felix, warum die Rojiblancos im Sommer 2019 über 127 Millionen Euro für ihn auf den Tisch legten. In neun Ligaspielen hat er bereits mehr Torbeteiligungen vorzuweisen als in seiner Premierensaison in der spanischen Hauptstadt.

Felix profitiert von der Ankunft von Suarez - und umgekehrt.
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Felix profitiert von der Ankunft von Suarez - und umgekehrt.

Joao Felix: "Aktuell der beste Spieler in LaLiga"

"Es ist gut möglich, dass er aktuell der beste Spieler in LaLiga ist", beschreibt Goals Atletico-Experte Paco Rico die aktuelle Form Felix'. "Er gehört durch seine offensive Spielweise mit all seinen Tricks auf jeden Fall zu den Attraktionen der Liga. Er scheint angekommen zu sein."

Felix hat einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht - und das liegt auch an der Ankunft von Luis Suarez, den man beim FC Barcelona nicht mehr wollte. Die beiden Angreifer harmonieren prächtig. "Luis braucht Spieler um sich herum, um richtig gefährlich werden zu können", weiß Trainer Diego Simeone, der mit einem offensiveren Ansatz sowohl dem Uruguayer als auch Felix hilft.

"Im Schatten von Suarez hat Joao mehr Freiheiten", erklärt Mittelfeldmotor Koke und Simeone führte aus: "Freiheit heißt nicht, dort zu spielen, wo man will, sondern dort aktiv zu sein, wo man am wichtigsten für die Mannschaft sein kann."

Felix hat nach zehn Scorerpunkten in 13 Pflichtspielen ordentlich Selbstvertrauen getankt, in LaLiga ist Atletico Madrid in der laufenden Saison noch ungeschlagen. 25 Ligaspiele ist man saisonübergreifend mittlerweile ohne Niederlage und wird eines der zwei noch ausstehenden Nachholspiele gewonnen, übernimmt der Klub auch die Tabellenspitze.

Der Favorit auf die Meisterschaft in Spanien heißt derzeit Atletico, nicht etwa Real Madrid oder FC Barcelona. Letztgenannten schlug die Simeone-Truppe zuletzt mit 1:0. Vor dem Spiel kam es medial natürlich zum Vergleich von Felix mit Barca-Superstar Lionel Messi.

"Wir brauchen ihn nicht mit anderen Spieler vergleichen", antwortete Simeone daraufhin den Journalisten. "Er ist Joao Felix und das wird er immer bleiben. Er entwickelt sich jeden Tag weiter, wir freuen uns auf das, was noch kommt."

Felix bei Atletico: "Trage keinen Rucksack mit mir herum"

Seit Felix regelmäßig in der Zentrale zum Einsatz kommt und Atletico generell mehr darum bemüht ist, selbst die Spielgestaltung zu übernehmen und nicht nur aus einer kompakten Defensive auf Konter zu lauern, kann der 21-Jährige sein Potenzial endlich ausschöpfen. Das beweist auch ein Blick auf die Zahlen.

Nur Celta Vigos Iago Aspas hat mit fast 400 Minuten mehr Einsatzzeit laut Opta-Daten in Spaniens Oberhaus in der aktuellen Spielzeit mehr Großchancen kreiert als Felix (5), der in dieser Kategorie auf einer Stufe mit Messi und sogar vor Spielern wie Benzema oder Mikel Oyarzabal (beide 3) steht. Sieht man sich erfolgreiche Pässe in der gegnerischen Hälfte an, befindet sich der 1,80-Meter-Mann hinter Messi auf Platz zwei. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei abgeschlossenen Dribblings ab, auch dort gehört er zur Spitzengruppe. Außerdem gelang ihm vor einigen Wochen das erste Mal in seiner Karriere je ein Doppelpack in zwei aufeinanderfolgenden Spielen.

Befreit wirkt er auf dem Platz. Diesen Eindruck bestätigt er zuletzt selbst. "Ich trage keinen Rucksack mit mir herum. Ich liebe es, Fußball zu spielen. Wenn ich Spaß daran habe, bin ich glücklich", erklärte Felix seinen Aufschwung, ehe er nachschob: "Und wenn ich glücklich bin, sieht man das an meinem Spiel!"

Doch aufgrund seiner Nationalität gab es nicht nur Vergleiche mit Messi, sondern auch mit seinem Landsmann Cristiano Ronaldo, in dessen Fußstapfen er bei der Nationalmannschaft treten soll, sobald der Juventus-Superstar seinen Rücktritt erklärt.

"Ich habe bereits mehrfach gesagt, dass Joao Ronaldos Nachfolger wird", sprach Liverpools Diogo Jota die Hoffnung einer Nation aus. In näherer Zukunft kann er jedoch noch an der Seite Ronaldos wirbeln - ein Duo, vor dem sich bei der Europameisterschaft im kommenden Sommer auch Vorrundengegner Deutschland in Acht nehmen sollte.

Die Nationalspieler des FC Bayern bekommen bereits am Dienstag (ab 21 Uhr im Liveticker) eine erneute Kostprobe von dem Mann, der ein "ganzes Spiel verändern kann". Dann empfangen Felix und die Rojiblancos den FCB - und in den Katakomben werden die Ohren gespitzt