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Luis Enrique wird den FC Barcelona nach Saisonende verlassen
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Wie fällt die Bewertung Enriques aus?

Die Zeit von Enrique in Barcelona hat einmal mehr unter Beweis gestellt, wie vielfältig die Aufgaben des Übungsleiters bei den Katalanen ist. Als Ex-Spieler brachte Enrique durchaus Renomee mit, dennoch wurde jeder Schritt genau beäugt, beurteilt und diskutiert.

In einem Land, in dem die TV-Sender Lippenleser beschäftigen, ist der Trainerjob der Job, der am kritischsten beobachtet wird. Enrique gefiel dabei in seiner Rolle oft als Puffer. Er verteilte die Aufmerksamkeit geschickt, ließ Journalisten und deren provozierende Fragen mit Humor ins Leere laufen und arbeitete hinter dieser Fassade ruhig mit der Mannschaft.

Intern gab sich Enrique als strenger Anführer. Seine Strafenkataloge fanden in jeder Saison den Weg an die Öffentlichkeit und verdeutlichten, auf welche minutengenaue Disziplin der Trainer setzt. Dennoch gewährte er den Spieler stets ihre Freiräume abseits des Platzes.

Die Dosierung dessen war mitentscheidend für den Erfolg. Enrique verschanzte das Team derart, dass in öffentlichen Trainingseinheiten fast ausschließlich Rondos gezeigt wurden, um die Angriffsfläche so klein wie möglich zu halten. Er schuf eine Wir-Gegen-den-Rest-Mentalität, die in den regelmäßigen Äußerungen der Spieler deutlich wurde.

Schwerer zu beurteilen fällt die sportliche Weiterentwicklung der Mannschaft. Enrique übernahm das vorhandene Grundgerüst und holte im Grunde mit einer angepassten Mannschaft nochmals das Beste aus der goldenen Generation heraus. Das beinhaltete Anpassungen aber keine Weiterentwicklung.

Dies muss man dem 46-Jährigen durchaus anlasten. Weder schaffte er es, Talente aus La Masia einzubauen, noch konnte er das Team taktisch auf ein anderes Niveau heben. Barcelona konnte - oder kann derzeit - vieles gut, aber nichts in Perfektion, wie es etwa unter Pep Guardiola geschah.

Das Aufbauspiel sah sich zuletzt von Atletico Madrid zerpresst, das Ballbesitzspiel im letzten Drittel von Leganes auf die Probe gestellt. Zu oft war Enrique abhängig von der individuellen Qualität seiner Offensive. Verbesserungen erreichte er besonders im Defensivverhalten und ganz besonders bei offensiven wie defensiven Standards.

Letztlich muss jedoch festgehalten werden, dass Enrique Titel gewann und damit seine Methoden rechtfertigte. Diese mögen nicht jedem gefallen haben und nicht immer auf die Idealvorstellung der Barca-Fans gepasst haben, letztlich hat er seine Aufgabe jedoch erfüllt.