Fledermäuse mit frischem Blut

Von Michael Berndt
Dank Investoren-Geld bleiben die Lichter im Mestalla an
© getty

Der FC Valencia stand kurz vor dem Bankrott. Der Stadionbau stockte, Topspieler verließen wie Ratten das sinkende Schiff. Nur eine Finanzspritze eines asiatischen Investors und dessen Geschäfte mit einem bekannten Spielerberater konnte die Mustafi-Truppe wiederbeleben. Bevor der Klub in die Champions League zurückkehrt, muss jedoch ein Pflichtsieg bei Sporting Gijon her (Sa., 18.15 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE).

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Rauschende Champions-League-Nächte waren im altehrwürdigen Mestalla in den letzten drei Jahren spärlich gesät. Nachdem Unai Emery FC Valencia im Juli 2012 Richtung Moskau verlassen hatte, um in den Folgejahren die Europa-League-Trophäe zweimal mit dem FC Sevilla nach Andalusien zu bringen, ging es mit dem Verein stetig bergab.

Das Problem kam mit dem Erfolg: Nach den fetten Jahren zwischen 2000 und 2005 unter Rafa Benitez mit zwei Meistertiteln und dem Gewinn des UEFA-Cups investierte Valencia Unsummen in eine neue moderne Spielstätte. Der Stadionbau begann im August 2007 und sollte drei Jahre betragen. 2009 kam es zum Baustopp weil der Geldfluss stockte. Bankia, Millionen-Gläubiger des Klubs, geriet 2012 im Zuge der Bankenkrise selbst in die Misere und entzog den Kredit für das Nou Mestalla.

Ausverkauf der Talente

Der Traum vom Nou Mestalla platzte schließlich wie die spanische Immobilienblase und Valencia musste konsequent Topstars wie David Silva, Roberto Soldado und Mata an zahlungskräftige Klubs veräußern. Sportlich konnte der Klub den personellen Aderlass dennoch verkraften; Valencia hielt sich lange Zeit stabil in den Top Fünf in Spanien.

Eigene Transfers fanden nur noch in Größenordnungen unter zehn Millionen Euro statt. Der Klub hielt sich 2012 mit Akteuren der Marke Joan Canales und Fernando Gago über Wasser - beides Auslaufmodelle von Real Madrid. Im Gegenzug ging Supertalent Jordi Alba preiswert zum FC Barcelona.

2013 verfestigte sich die Szenerie: Valencia musste ob der großen Finanzobligationen Knipser Roberto Soldado für 30 Millionen Richtung Tottenham ziehen lassen, als Reaktion kamen Spieler wie Dorlan Pabon, die nicht lange verweilten.

Investor als letzte Rettung

Valencia verspielte in der Folge den Status als spanische Nummer drei hinter Barcelona und Real. Atletico Madrid, Villareal und der FC Malaga zogen vorbei. Auf Ernesto Valverdes Saison 2013/2014 folgte Rang fünf, dessen Nachfolger Miroslav Dukic sowie Juan Antonio Pizzi mussten schnell das Feld räumen.

Präsident Salvo stand unter Finanzdruck, die Arena lag komplett brach. Die Verhandlungen mit den Gläubigern gestalteten sich kompliziert, einen Refinanzierungsplan für 350 Millionen Schulden gab es nicht.

Um den Fledermäusen wieder frisches Blut einzuimpfen, war die Einbindung eines wohlhabenden Investors unausweichlich geworden. Im Mai 2014 fiel die Wahl schließlich auf Peter Lim, der dem Klub einen Kredit im Wert von 100 Millionen Euro gewährte.

Mendes dominiert den Kader

Lim gilt als skrupelloser und medienscheuer Geschäftsmann. Er verlässt sich im sportlichen Bereich gerne auf die Expertise des portugiesischen Spielervermittlers Jorge Mendes. Mendes wiederum ist bekannt für knallharte Verhandlungen und ein außergewöhnliches Geschick, dabei möglichst viel Geld zu machen. Superstars wie Cristiano Ronaldo und James Rodriguez vertrauen ihm blind.

Lim und Mendes sind nicht nur Geschäftspartner, sondern auch Freunde. Zusammen kauften sie sich ein ganzes Portfolio an Transferrechten internationaler Profis - eine Praxis, die die FIFA zur neuen Saison verboten hat.

Auch die Trainerwahl fiel nicht zufällig auf Nuno Santo. Mendes manövrierte seinen Klienten und Landsmann geradewegs aus der portugiesischen Provinz in die spanische Großstadt. Juan Antonio Pizzi musste sofort seinen Hut nehmen.

Sein Co-Trainer ist Phil Neville. Der englischen Ex-Verteidiger ist mit Lim bestens bekannt. Der Investor pumpt seit 2014 seine Geld in Salford City, einem Fußball-Projekt ehemaliger United-Legenden wie Ryan Giggs, Nicky Butt und Phils Bruder Gary.

Mit Lims Geldbeutel startete 2014/2015 eine neue Zeitrechnung. Der Spielerzufluss kam unübersehbar aus Mendes' Kartei. Mit Rodrigo, Andre Gomes, Joao Cancelo waren es alleine drei Spieler. Für die Innenverteidigung sicherten sich die Ches die Dienste von Weltmeister Shkodran Mustafi und Nicolas Otamendi. Eine Investition, die sich ein Jahr später sportlich wie finanziell bezahlt machen sollte.

Fledermäuse zurück auf der großen Bühne

In LaLiga begeisterte der Klub mit einer guten Balance zwischen Abwehr und Offensive. Das Scoring verteile sich auf mehrere Köpfe. Nicolas Otamendi hatte die Abwehr stabilisiert, markierte zudem sechs Treffer, Topscorer Dani Parejo zog die Fäden im Mittelfeld.

Spaniens Sturmhoffnung Paco Alcacer war mit elf Toren bester Torschütze. Am Ende blieb ein guter vierter Rang hinter Barca, Real und Atletico, auch Weltmeister Mustafi hatte als Stammspieler seinen Anteil.

Ergebnisse statt Spektakel heißt das neue Motto, so gesehen auch in der Qualifikation für die Champions League. Nach einem souveränen 3:1-Heimerfolg gegen den AS Monaco folgte eine kalkulierte 1:2-Niederlage im Fürstentum. Der Lohn war das Erreichen der Gruppenphasen der Königsklasse gegen Zenit Sankt Petersburg, Olympique Lyon und KAA Gent.

Lim zahlt - Mendes kassiert

Valencia ist dank der Lim-Millionen wieder zum Einkäufer geworden. Die Leihen Rodrigo, Gomes, Cancelo wurden für insgesamt 60 Millionen vor allem dank Mendes fixiert.

Dazu kam mit Santi Mina eines der größten spanischen Talente an die Ostküste, Alvaro Negredo wurde ebenfalls für knapp 30 Millionen fest gebunden. Insgesamt gingen 142 Millionen Euro bei den Taronges vom Konto ab.

Im Gegenzug trat nur Otamendi die Flucht aus Valencia an. Der im Vorjahr für zwölf Millionen gekommene Innenverteidiger ging für knappe 45 Millionen Euro zu Manchester City. Ein lohnendes Geschäft, es blieb genug Geld, um mit Aymen Abdennour und Aderlan Santos zwei neue Spieler für Mustafis Abwehrmitte zu finden. Kostenpunkt: 35 Millionen!

Mäßiger Start gegen Underdogs

Trotz der großen Investitionen ist der Saisonstart nicht optimal gelungen. Gegen Rayo Vallecano und Deportivo La Coruna reichte es jeweils nur zu einem Remis.

Am Samstag muss Valencia bei Sporting de Gijon antreten. Der Gegner knöpfte Real Madrid am ersten Spieltag ein 0:0 ab und hat in zwei Spielen noch kein Gegentor kassiert.

Die Arena zum Jubiläum?

Dennoch scheint trotz kleiner Startschwierigkeiten zwischen Lim, Mendes und Espirito Santo alles im Lot. Auch am neuen Stadion, fünf Kilometer von nordwestlich der aktuellen Wirkungsstätte entfernt, wird fleißig weitergebaut. 2019 soll die Arena stehen. Dann feiert der FC Valencia sein hundertjähriges Bestehen.

Lim sprach sich jüngst für eine "Eco-Variante" aus. Dabei werden die Zuschauerränge von 73.200 auf 62.000 eingestampft, zudem gibt es weniger Gewerbeflächen, auch die aufwendige Außenfassade des Ursprungsentwurfs wird der Konsolidierung zum Opfer fallen. Die Kosten sanken laut Klubbericht von 345 Millionen auf geschätzte 200 Millionen Euro.

Den Fans sehnen sich indes nach rauschenden europäischen Fußballfesten im Kreise der Besten. Die Chancen für einen anhaltenden Aufwärtstrend stehen nicht schlecht: Zuletzt hat Supertalent Jose Luis Gaya seinen Vertrag vorzeitig bis 2020 verlängert, auch Alcacer und die Mendes-Connection verfügen über langfristige Arbeitspapiere.

Es darf in Valencia wieder von besseren Zeiten geträumt werden - diesmal dauerhaft.

Der FC Valencia im Überblick

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