"Vom kleinen Blonden nicht viel übrig"

Von Interview: Tim Noller
Ivan Rakitic soll angeblich von Manchester United und dem FC Arsenal umworben sein
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SPOX: Ähnlich stellt sich die Situation in der Bundesliga dar, dort zieht der FC Bayern an der Spitze einsam seine Kreise. Glauben Sie, dass andere Klubs wieder näher an den Rekordmeister heranrücken können?

Rakitic: Ich hoffe es. Gegen Manchester City zum Beispiel haben sie ja auch verloren, obwohl schon alle davon ausgingen, dass das Team unschlagbar sei. Derzeit hat man allerdings schon das Gefühl, dass die einsam Bayern vorneweg spazieren. Trotzdem: Auch Details können Spiele entscheiden und ich hoffe, dass es alles wieder mehr zusammenrückt.

SPOX: Die Bundesliga interessiert Sie schon immer noch, oder?

Rakitic: Klar, ich schaue mir die Spiele gerne an. Schließlich habe ich mit meinen Nationalmannschaftskollegen wie Ivica Olic oder Mario Mandzukic sehr viel Kontakt. Auch mit Manuel Neuer tausche ich mich regelmäßig aus.

SPOX: Warum regiert auf Schalke so häufig das Chaos?

Rakitic: Weil die Leute den Klub leben und lieben. Das ist übrigens mit dem FC Sevilla zu vergleichen. Es ist für Außenstehende teilweise schwer nachzuvollziehen, aber alle wollen immer nur das Beste für den Verein. Ich hoffe, dass jetzt Ruhe einkehrt und sie ihre Ziele erreichen werden. Wenn man dazu fähig ist, Kevin-Prince Boateng in den Verein zu holen, zeigt das auf jeden Fall die Stärke und Macht des ganzen Vereins.

SPOX: Marko Marin und Piotr Trochowski spielen inzwischen mit Ihnen in Sevilla. Wie eng ist Ihr Draht zu den ehemaligen deutschen Nationalspielern?

Rakitic: Die beiden kenne ich ja noch aus der Bundesliga. Vor allem mit Marko bin ich gut befreundet. Wir sind oft gemeinsam unterwegs und ich versuche ihm das Leben in Sevilla einfacher zu machen.

SPOX: In Sevilla scheint er wieder zu alter Stärke zurückfinden zu können.

Rakitic: Marko ist ein Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Leider ist er derzeit verletzt, aber er arbeitet hart und gut. Wir hoffen, dass wir ihn bald wieder auf dem Platz sehen, denn die Mannschaft braucht ihn.

SPOX: Zum Beispiel für die Europa League. Dort geht es Ende Februar gegen NK Maribor. Hält sich angesichts eines solchen Gegners die Vorfreude in Grenzen?

Rakitic: In Europa zu spielen und sich auf internationalem Niveau zu beweisen, ist für einen Spieler immer das Schönste. Trotzdem muss ich zugeben, dass wir in allen sechs Gruppenspielen nie die Top-Elf auf dem Platz hatten. Ich denke, das ist auch ganz normal. Dennoch möchte man sich auch in diesen Spielen beweisen und läuft motiviert auf.

SPOX: Duelle im Camp Nou oder im Estadio Bernabeu stellt man sich zumindest interessanter vor. In der Hinrunde haben Sie in beiden Fußballtempeln getroffen.

Rakitic: Das waren Tore wie alle anderen auch. Ob wir gegen Real, Barca oder Rayo Vallecano spielen, macht für mich keinen Unterschied. Die Mannschaft steht immer im Vordergrund. Ich werde weiterhin dafür arbeiten, mit dem einen oder anderen Tor und Assist zum Erfolg beizutragen.

SPOX: Den krönenden Abschluss der Saison stellt die WM in Brasilien dar. Am 12. Juni treffen mit Kroatien im Eröffnungsspiel auf Gastgeber Brasilien.

Rakitic: Einen schöneren Anfang gibt es überhaupt nicht, auch wenn natürlich Druck mit dabei ist. Wir werden uns richtig vorbereiten, haben große Ziele und möchten erst einmal die Gruppenphase überstehen. Gegen den Gastgeber wollen wir natürlich gleich unsere Stärke demonstrieren. In Kroatien wird viel über das Eröffnungsspiel gesprochen, weil es für unser Land etwas sehr Besonderes ist, auf einer solch großen Bühne zu spielen. Die Stimmung wird außergewöhnlich sein. Darauf müssen wir uns einstellen.

SPOX: Um ein Haar hätten Sie sich gar nicht für die Endrunde qualifiziert. Im Playoff-Hinspiel spielten Sie gegen Island nur remis.

Rakitic: Die Erleichterung nach dem 2:0 im Rückspiel war riesengroß. Die Ziele und WM-Träume, alles spielte eine Rolle, auch ein bisschen Angst. Aber wir waren bereit und haben am Ende auch verdient gewonnen.

SPOX: Wie muss man sich die Vorbereitung auf ein solch wichtiges Spiel vorstellen?

Rakitic: Man muss alles ausblenden und darf sich nicht zu viele Gedanken machen. Es ist extrem wichtig, sich voll auf das Spiel zu konzentrieren. Wir wussten, dass wir die bessere Mannschaft sind und haben das zum Glück auch auf dem Platz gezeigt.

SPOX: Nach dem Schlusspfiff löste Josip Simunic große Empörung aus. Ihm wird vorgeworfen, nationalistische Parolen skandiert zu haben. Die FIFA sperrte ihn für zehn Spiele. Können Sie uns den kroatischen Nationalstolz bitte etwas näherbringen?

Rakitic: Das hat überhaupt nichts mit Leuten außerhalb Kroatiens zu tun, sondern nur mit der Liebe zu Kroatien. Er weiß, dass er es nicht hätte tun sollen. Aber aus der Emotion heraus wollte er die Liebe zu seinem Heimatland ausdrücken. Er wollte einfach zeigen, dass er glücklich ist.

SPOX: Sie verstehen seine Äußerungen also nicht nationalistisch?

Rakitic: Nein, mit Nationalismus hat das nichts zu tun. Es ging nur darum, seinen Stolz zu zeigen, mit dem Team die WM-Teilnahme geschafft zu haben. Deshalb hat mich die Entscheidung geschockt. Vor allem weil man ihn nicht einmal zu einer Anhörung eingeladen hatte. Ich hoffe, dass die FIFA ihre Entscheidung noch einmal überdenkt und Josip doch noch an der WM teilnehmen darf.

SPOX: Während der WM werden Sie mit Kroatien in der gleichen Stadt wie das DFB-Team untergebracht sein. Haben Sie von den Diskussionen rund um das "Campo Bahia" etwas mitbekommen?

Rakitic: (lacht) Das habe ich gelesen, ja. Der DFB hat natürlich mehr Möglichkeiten als der kroatische Verband. Es ist doch super, wenn man sich den besten Standort auswählen kann. Zumal die Reisen zu den Stadien sehr lang sind.

Ivan Rakitic im Steckbrief

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